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Vertrag unterzeichnet

Bernd Riegert, zurzeit Lissabon14. Dezember 2007

Im Kreuzgang des spätgotischen Hieronimus-Klosters in Lissabon haben die Staats- und Regierungschefs der EU sowie deren Außenminister den neuen Grundlagen-Vertrag unterzeichnet. Nur einer kam etwas spät.

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EPA/INACIO ROSA +++(c) dpa - Report+++
27 Unterschriften - davon eine unter Ausschluss der ÖffentlichkeitBild: picture-alliance/ dpa

Die Erleichterung war Bundeskanzlerin Merkel und ihrem Außenminister Frank Walter Steinmeier anzumerken, als sie ihre Unterschrift geleistet hatten. Beide hatten während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft die wesentlichen Grundzüge der Reformverträge gegen großen Widerstand aus Polen, Großbritannien und den Niederlanden in zähen Verhandlungen durchgesetzt. Insgesamt hat die EU sechs Jahre um ihre neue Grundlage gerungen.

"Ich glaube", sagte Angela Merkel, kurz bevor sie ihrer Unterschrift unter die dickleibigen, in Leder gebundenen Verträge setzte, "dies wird ein wichtiger Tag für Europa sein und die Voraussetzung schaffen, dass er jetzt überall ratifiziert werden kann. Deshalb glaube ich, dass Europa mit diesem Vertrag, wenn er in Kraft tritt, in eine neue Etappe hineingeht."

Britische Symbolik

portugiesische Flagge EPA/INACIO ROSA +++(c) dpa - Report+++
Die portugiesische Flagge prägte die SzeneBild: picture-alliance/ dpa

Zur Feierstunde versammelten sich nur 26 Staats- und Regierungschefs. Der 27., Premierminister Gordon Brown aus dem eher europa-skeptischen Großbritannien, kam erst zum gemeinsamen Mittagessen und unterschrieb die EU-Verträge unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Davon ließ sich die stolze portugiesische Präsidentschaft die Feierlaune nicht vermiesen. Die Reformverträge ersetzen die an Referenden in Frankreich und den Niederlanden gescheiterte EU-Verfassung. Deren wesentliche Bestimmungen konnten aber gerettet werden.

"Dieser Vertrag", sagte Jose Sokrates, der portugiesische Regierungschef, "ist ein neuer Moment im europäischen Abenteuer und ein neuer Moment für den Aufbau der Zukunft Europas."

Barroso: Geeint in Vielfalt

Mit dem neuen Vertrag von Lissabon macht sich die EU bereit für die Aufnahme weiterer Mitgliedsstaaten auf dem Balkan. Entscheidungen sollen künftig in mehr Politikbereichen als bisher durch Mehrheitsabstimmungen fallen. EU-Kommissionspräsident Jose Barroso sagte, der neue Vertrag überwinde endgültig die Teilung Europas nach dem zweiten Weltkrieg. "Zum ersten Mal sind die Länder, die durch den Eisernen Vorhang getrennt waren, durch einen Vertrag vereint, den sie selbst ausgehandelt haben." Diese erweiterte Union gebe der EU eine neue politische, wirtschaftliche und strategische Dimension. "Sie macht die Mitgliedsstaaten stärker. Diese Dimension erlaubt es Europa, geeint in Vielfalt seine Werte wirkungsvoller in der Welt zu vertreten."

Eingeführt wird von 2014 an die doppelte Mehrheit aus Zahl der Staaten und Bevölkerungsanteil. Große Staaten wie Deutschland erhalten mehr Gewicht. Dagegen hatte sich Polen lange gewehrt und spezielle Blockade-Klauseln in den Vertrag aufnehmen lassen. Merkel ist mit dem Reformvertrag trotz zahlreicher Ausnahmeregelungen zufrieden, wie sie sagte: "Europa wird sich in der Welt auch einheitlicher darstellen können, durch einen hohen Beauftragten der für Außenpolitik zuständig ist, durch einen Präsidenten des Rates. Und die nationalen Parlamente, und damit die Bürger, können auch stärker Einfluss auf das nehmen, was in Europa entschieden wird."

Mehr Rechte fürs Parlament

Auch das Europäische Parlament, das direkt von den 500 Millionen Bürgerinnen und Bürgern gewählt wird, erhält künftig mehr Rechte. Der Parlamentspräsident Hans Gert Pöttering war sehr erleichtert, weil Europa trotz aller Unkenrufe handlungsfähig sei: "Noch Anfang des Jahres sprach man von einer unüberwindlichen Krise in der Europäischen Union. Heute aber, wie schon oft in den vergangenen Zyklen von Krisen und Selbstzweifeln, die unsere Union durchlaufen hat, geht die EU gestärkt aus dieser Krise hervor."

Ohne Volksabstimmungen

Jetzt muss der Vertrag in allen 27 Mitgliedsstaaten ratifiziert werden. Die allermeisten werden dies von ihren Parlamenten erledigen lassen. Nur in Irland ist eine Volksabstimmung zwingend vorgeschrieben. In Großbritannien drängt die Opposition auf ein Referendum, in der Hoffnung, den Vertrag noch zu Fall bringen zu können. Wenn alles glatt läuft, soll der Vertrag von Lissabon vor den nächsten Wahlen zum Europäischen Parlament 2009 in Kraft treten.

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