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EU verwarnt Polen im Rechtsstaatsstreit

1. Juni 2016

Der Streit zwischen Polen und der EU-Kommission über die Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien schwelt seit langem. Nun erhöht die Kommission den Druck: Sie verschärft ihr Verfahren zum Schutz der Rechtsstaatlichkeit.

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Der Vizepräsident der EU-Kommission, Frans Timmermans (Foto: AFP)
Der Vizepräsident der EU-Kommission, Frans Timmermans, hat eine klare Botschaft für PolenBild: Getty Images/AFP/J. Thys

Die EU-Kommission kündigte in Brüssel an, eine offizielle Verwarnung an Warschau zu verschicken. Nach dieser formalen Stellungnahme der Kommission hat die polnische Regierung zwei Wochen Zeit für eine Reaktion. Nächste Stufe wäre dann eine Empfehlung Brüssels, die kritisierten Mängel abzustellen. Erfolgt auch das nicht, könnte die EU Sanktionen gegen Polen verhängen. Im schlimmsten Fall droht ein Stimmrechtsentzug für Polen in der Europäischen Union. Der Vize-Präsident der EU-Kommission, Frans Timmermans, sagte aber, Ziel sei es weiter, eine Lösung zu finden.

Die EU-Kommission hatte im Falle Polens Mitte Januar erstmals in ihrer Geschichte eine Überprüfung der Rechtsstaatlichkeit in einem Mitgliedstaat eingeleitet. Brüssel wirft Warschau vor, rechtswidrig die Ernennung mehrerer Verfassungsrichter rückgängig gemacht und Beschlüsse des Gerichts missachtet zu haben. Die Kommission kritisiert zudem die Änderung des Medienrechts, wodurch die Chefs der öffentlich-rechtlichen Sender künftig direkt von der Regierung ernannt oder abberufen werden können.

Der dreistufige Rechtsstaatsmechanismus war Anfang 2014 von der EU-Kommission eingeführt worden und wurde bisher noch nie angewendet. Die Behörde alleine kann jedoch keine Sanktionen wie den Stimmrechtsentzug verhängen. Dazu müssten die anderen Mitgliedstaaten einstimmig feststellen, dass es in Polen einen "schwerwiegenden und anhaltenden Verstoß" gegen EU-Grundwerte gibt. Die Regierung des Nachbarlands Ungarn hat bereits klar gemacht, dass sie Sanktionen gegen Warschau nicht unterstützen würde.

Ärger in Warschau

Regierungsvertreter in Polen zeigten sich verärgert. Justizminister Zbigniew Ziobro sagte, das Vorgehen Brüssels bestätige leider die Sicht all jener, die sagten, dass die EU-Kommission "die Angelegenheiten eines souveränen Staates eingreift, die Opposition unterstützt und gegen eine Regierung auftritt, die für die Kommission unbequem ist". Zugleich warf er der Opposition, aber auch dem Verfassungsgericht vor, einen Kompromiss verweigert zu haben.

Der Konflikt dreht sich vor allem um Änderungen bei den Regeln zur Arbeit des polnischen Verfassungsgerichts, die die EU-Kommission für nicht vereinbar mit den europäischen Grundwerten hält. Die neuen Vorgaben für das Gericht behindern nach Auffassung von Kritikern dessen Arbeit massiv. Der Gerichtshof selbst erklärte die neuen Regeln im März für verfassungswidrig. Die Regierung erkennt das Urteil der Verfassungshüter jedoch nicht an.

Deutsche EU-Politiker zeigten sich erfreut über das Vorgehen der Kommission. "Polens Ministerpräsidentin Beata Szydlo sollte die Warnung der EU-Kommission sehr ernst nehmen und die Entwicklung hin zu zwei parallelen Rechtssystemen und die damit verbundene Rechtsunsicherheit im Land endlich beenden", erklärte die SPD-Europaabgeordnete Sylvia-Yvonne Kaufmann. Der europäische Grünen-Chef Reinhard Bütikofer lobte: "Genau so muss es sein." Die EU müsse in aller Nüchternheit und Entschiedenheit der polnischen Regierung klar machen, "dass die Prinzipien des Rechtsstaates nicht verzichtbarer Zierrat an der Wirtschaftsunion sind, sondern Stützpfeiler des europäischen Zusammenhalts."

kle/sti (afp, dpa, rtre)