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EU hilft auch Industrie

16. Oktober 2008

Die Investitionen der Unternehmen in Europa sinken angesichts der drohenden Rezession. Daher will die EU-Kommission jetzt neben den Banken auch dem produzierenden Gewerbe unter die Arme greifen.

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EU-Flagge im Wind (Quelle: AP)
Stürmische Zeiten in BrüsselBild: AP

Die Europäische Kommission solle bis zum Jahresende Vorschläge zur Unterstützung der Industrie unterbreiten, lautet die Aufforderung im Entwurf der Abschlusserklärung des am Donnerstag (16.10.2008) in Brüssel zu Ende gegangenen EU-Gipfels. Man müsse "auf die Verlangsamung der Nachfrage und den Rückgang der Investitionen" reagieren, heißt es in dem Dokument weiter.

Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker vor Journalisten (Foto: AP)
Jean-Claude Juncker: "Die Krise ist noch da"Bild: AP

Dem Vernehmen nach sprachen die Gipfelteilnehmer auch über die Möglichkeit eines Konjunkturprogramms, das Österreich wegen der drohenden Rezession in Europa gefordert hatte. Allerdings gab es dagegen wohl erhebliche Vorbehalte. Die meisten EU-Lenker zweifeln daran, dass ein solches Programm ein geeignetes Instrument wäre, der aktuellen Krise Herr zu werden. Es gehe nun vorrangig darum, wieder Vertrauen aufzubauen, hieß es.

Nach Einschätzung des Chefs der Eurogruppe, Luxemburgs Regierungschef Jean-Claude Juncker, sind die Probleme auf den Finanzmärkten weiterhin akut. "Es sieht nicht so aus, als sei die Krise vorüber", sagte Juncker. Die aktuelle Entwicklung der weltweiten Börsenkurse unterstreicht seine Aussage.

Banken-Kontrolle wird verschärft

Nach der Ausweitung des am Sonntag von der Eurogruppe beschlossenen Rettungsschirms für Banken auf die EU sind sich die Mitgliedsstaaten offenbar auch einig, dass die Überwachung von Finanzinstituten verschärft werden soll. Um die Kontrollen europaweit zu koordinieren, wollen sich die Vertreter der nationalen Banken- und Finanzaufsichten der 27 EU-Staaten fortan einmal im Monat treffen. Die Gespräche sollen sich dabei auf die 44 größten Banken konzentrieren.

Eine zentrale europäische Aufsichtsbehörde für Banken und Versicherungen, wie sie die Bundesregierung befürwortet, ist aber weiter nicht in Sicht. Kleinere Länder fürchten, der Kontrolle über die heimischen Institute beraubt zu werden.

Auf deutschen Druck zurechtgestutzt wurden die französischen Pläne für einen "Finanzkrisenstab" für eine bessere Abstimmung unter den Mitgliedstaaten. Sie tauchen in der Abschlusserklärung nur noch als "informeller Mechanismus für Alarmierung, Informationsaustausch und -bewertung" auf.

Mehr Flexibilität im Klimastreit

Kanzlerin Angela Merkel wird auf dem EU-Gipfel von Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy begrüßt (Foto: AP)
Frankreichs Präsident Sarkozy (r.) begrüßt die KanzlerinBild: AP

Im Klimastreit hielt die französische EU-Ratspräsidentschaft daran fest, bis Dezember eine Übereinkunft für die Umsetzung der europäischen Umweltziele zu erreichen. Nach Vetodrohungen Italiens und Polens wegen der hohen Kosten für ihre Industrie und Energieversorger lenkte der EU-Vorsitz aber ein: Es soll nun mit Blick auf nationale Besonderheiten der Industrie darauf geachtet werden, dass das "Kosten-Nutzen-Verhältnis strikt eingehalten wird". Davon könnte auch die deutsche Autoindustrie profitieren, die auf Erleichterungen pocht.

Luxemburgs Regierungschef Jean-Claude Juncker sagte, die EU-Länder seien sich "im Kern" einig, das Klimapaket bis Dezember zu verabschieden. Es brauche aber noch "eine zusätzliche Dosis von Flexibilität", um einzelne Länder zu überzeugen. Die EU hat es sich zum Ziel gesetzt, bis 2020 ihren CO2-Ausstoß um 20 Prozent zu senken. Bis Jahresende soll festgelegt werden, wie dies erfolgen soll.

Umverteilung von Asylbewerbern möglich

Die 27 EU-Staaten peilen zudem erstmals eine "Umverteilung" von Asylbewerbern von einem Mitgliedsland ins andere an. Auf einer "freiwilligen und koordinierten Basis" sollten schutzbedürftige Flüchtlinge zwischen den Mitgliedstaaten weitergereicht werden können, heißt es in der jüngsten Version des EU-Pakts zu Einwanderung und Asyl.

Vor allem Malta und andere Staaten im Süden Europas haben wiederholt mehr Solidarität der EU beim Umgang mit Ankömmlingen aus Drittstaaten gefordert. Jedes Jahr wagen tausende Menschen den gefährlichen Weg über Mittelmeer und Atlantik nach Europa, Hunderte finden dabei den Tod.

Der EU-Pakt zu Einwanderung und Asyl soll vor allem die Grundsätze der europäischen Migrationspolitik sichtbarer machen. Er stellt unter anderem fest, die Einwanderung könne "entscheidend zum wirtschaftlichen Wachstum der Europäischen Union und derjenigen Mitgliedstaaten beitragen, die aufgrund ihrer Arbeitsmarktlage oder ihrer demografischen Situation Migranten brauchen".

Russland-Abkommen vertagt

Angesichts der Lage im Kaukasus verschiebt die EU die Entscheidung, ob sie mit Russland eine vertiefte Partnerschaft eingeht. Zunächst wolle Europa die Analyse der beiderseitigen Beziehungen abschließen, sagte der EU-Außenbeauftragte Javier Solana. Er hoffe, dass dies vor dem EU-Russland-Gipfel am 14. November der Fall sein werde.

Die EU hatte die Verhandlungen über die vertiefte Partnerschaft beim Sondergipfel zur Kaukasus-Krise Anfang September ausgesetzt, nachdem Russland die Unabhängigkeit der abtrünnigen georgischen Regionen Südossetien und Abchasien anerkannt hatte. (gri)