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Die Marken-Bürokraten

17. Februar 2019

Beim EU-Amt für geistiges Eigentum im spanischen Alicante können Unternehmer aus aller Welt ihre Marken und Designs für die gesamte EU schützen lassen. Deutsche machen das oft, Franzosen weniger. Chinesen legen stark zu.

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EUIPO
Der Blick vom EUIPO-Gebäude aufs MeerBild: Jan Goller

Traumhafter kann arbeiten nicht sein. Im "European Union Intellectual Property Office", kurz EUIPO, gehören Meeresblick und blauer Himmel zum Büroalltag. Während woanders nicht selten Ellbogen an Ellbogen gearbeitet wird, ist hier alles groβzügig gestaltet.

Stil und Ästhetik spielen in den Büroräumen aus Berufsgründen eine besondere Rolle, weil hier vor allem EU-Marken und Designs, im Behördenjargon Geschmacksmuster, geschützt werden. Um Technologie geht es weniger, denn europäische Patente werden nicht beim EUIPO angemeldet, sondern das Europäischen Patentamt in München.

EUIPO Gebäude von aussen
Schlichter Zweckbau: Das EUIPO-Gebäude in AlicanteBild: Jan Goller

Im Moment sieht es beim EUIPO so aus, als würde der große Durchbruch erst noch kommen. Drinnen und draussen gibt es viel Platz für die rund 1000 Spezialisten aus aller Welt. Die meisten sind Juristen, rund ein Viertel IT-Experten. Hinzu kommen rund 600 externe Berater.

Fern von Touristen und Einheimischen thront die seit 1994 existierende Behörde, die bis 2016 noch "Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle)" hieß, majestätisch über dem Meer. Drinnen ist alles verglast.

Dieser erste Eindruck der Transparenz verfliegt allerdings schnell. Beim EUIPO läuft kommunikationstechnisch nichts ohne mehrfache Kontrolle auf allen Ebenen. Dabei ist das Amt auf den ersten Blick weniger politisiert als andere der EU und das hat eine ganz praktische Bedeutung.

Online können hier Marken und Designs europaweit geschützt werden. Rechtsanwälte sind dafür nicht notwendig. Das EUIPO berät per Chat und hilft beim Ausfüllen der Formulare.

EUIPO Büros
Innen viel Glas, viel Licht. Auch viel Transparenz?Bild: Jan Goller

Das Geschäft mit Marken und Designs boomt

Bei einer Marke kostet die Registrierung über die Webseite pro Kategorie einmalig 900 Euro. Weil Wettbewerbern drei Monate Zeit gegeben wird, gegen eine Gebühr von 350 Euro eine Beschwerde gegen die Veröffentlichung einzureichen, zieht sich die Zulassung oft bis zu sechs Monaten hin.

Vorteil einer Registrierung beim EIUPO ist, dass sich Firmen die Registrierung in den einzelnen EU-Staaten und damit viel Aufwand sparen können.

Die Nachfrage nach Schutzrechten für die noch 28 EU-Staaten ist mit der Globalisierung exponentiell gestiegen. Für April wird beim EUIPO die zweimillionste Marken-Registrierung erwartet. Beim Design kommt das Amt bereits auf 1.300.000 Anmeldungen.

Spitzenreiter sind die Deutschen mit rund 320.000 EU-Marken und fast 300.000 registrierten Designs, danach kommen US-Amerikaner und Briten. Die Franzosen hingegen wurden in den vergangenen Jahren ziemlich abgehängt.

Behörde mit Überschuss

Das EUIPO ist es eines der wenigen Ämter der EU, die den Steuerzahler nichts kosten. "Wir finanzieren uns selber und erwirtschaften sogar einen Überschuss", erzählt Luis Berenguer, der wie die meisten hier Jurist ist. Laut Finanzbericht lag der Überschuss im Jahr 2017 bei 4,5 Millionen Euro.

Der Gewinn werde wieder in neue Datenbanken, Studien und Aufklärungskampagnen gegen Produktfälschungen und andere Dienstleistungen für die Nutzer des Amtes investiert, so Berenguer.

Auch die Energiebilanz kann sich sehen lassen. Das EUIPO agiert weitgehend papierlos, die Energie zum Heizen und Beleuchten wird aus dem Boden gewonnen und mit Windrädern auf dem Dach.

Infografik EU-Marken DE

Streit um den "Big Mac"

Wie kompliziert Kommunikation in einem wirtschaftlich brisanten Umfeld ist, zeigt der aktuelle Streit um die Marke "Big Mac". Die irische Fastfood-Kette Supermac's beantragte beim EUIPO die Freigabe der Marke. Die Behörde forderte daraufhin von McDonald's Beweise, dass die US-Kette die Marke "Big Mac" auch wirklich nutzt. Was offensichtlich scheint, da der Burger ganz oben auf dem Menü der Fastfood-Kette steht.

Statt die Einnahmen, die jährlich mit Big Macs gemacht werden, in Alicante auf den Tisch zu legen, reichte McDonald's unter anderem einen Link zu Wikipedia und zur eigenen Internetseite ein. Das reichte dem EUIPO nicht und so hob die Behörde den Markenschutz für "Big Mac" auf europäischer Ebene im Januar vorläufig auf. McDonald's wird das Urteil anfechten.

Die Entscheidung zog sehr viel Häme nach sich, nicht nur für McDonald's, sondern auch für das EUIPO. Die deutsche Boulevardzeitung "Bild" spekulierte, dass die EU- Beamten wohl noch nie ein McDonald‘s betreten hätten.

Medien-Ärger gab es gerade auch wegen der versuchten Registrierung der Marke "jamón ibérico" (iberischer Schinken). Sie wurde von der Züchter- und Produzentenvereinigung Asociación Interprofesional del Cerdo Ibérico (Asici) beantragt und vorläufig mit der Begründung abgewiesen, dass "ibérico" eine Schweinerasse sei und keine Marke. Auch diese Entscheidung löste Ärger, Spott und Wut aus.

Marken-Check gratis

Über solche öffentlichkeitswirksamen Fälle spricht man beim EUIPO ungern. Und bei vielen Bürgern entstand der Eindruck einer Behörde, die den Bezug zur Realität verloren hat.

Doch wer sich auf die Webseite verirrt, findet dort viele nützliche Infos und Datenbanken. So kann man gratis kontrollieren, ob es Marken oder Designs schon gibt - nicht nur in der EU, sondern in vielen anderen Ländern.

Karin Kuhl
Karin Kuhl in ihrem BüroBild: Jan Goller

Das EUIPO pflegt einen regen Datenaustausch mit ähnlichen Ämtern weltweit und schätzt, dass Hersteller in der EU wegen der wachsenden Zahl an Markenfälschungen jährlich Einnahmeausfälle von 60 Milliarden Euro erleiden.

Nur in Zusammenarbeit mit dem Zoll und den jeweiligen Schutzrecht-Partnern vor Ort kann dagegen etwas ausgerichtet werden. Diese zu koordinieren ist auch Karin Kuhls Aufgabe. Die Deutsche leitet beim EUIPO die Abteilung "Kerngeschäft", wo die Anträge geprüft werden und Beschwerden wie die von McDonald's auflaufen.

Viele Nutzer aus China

350 Menschen arbeiten in Kuhls Abteilung. "Wir arbeiten zwar eng mit dem Zoll und Europol zusammen und Firmen können über uns auch Tipps geben, woran Fälschungen der eigenen Ware erkannt werden - aber wir sind keine Polizei", sagt sie.

Zudem sitzt sie zwischen vielen Stühlen: "Auf der einen Seite müssen wir die Menschen über Fälschungen aufklären, viele von denen kommen aus Asien. Auf der anderen Seite arbeiten wir mit Korea und China bereits eng zusamen. China entwickelt sich gerade zu einem unserer größten Nutzer bei der Registrierung von geistigem Eigentum."

Ein Trost bleibt Karin Kuhl allerdings auch nach anstrengenden Arbeitstagen: Der Blick von ihrem Büro aufs Meer. Und dass es bald wieder so warm ist in Alicante, dass sie auf der Chillout-Terasse des EUIPO die Sonne genießen kann.