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Politik

Euro: Südosteuropa in der Warteschleife

Robert Schwartz
31. Mai 2017

Finanzkrise und Griechenlandkrise haben den Euro heftig ins Schleudern gebracht. Um künftig ähnliche Szenarien zu vermeiden, wird bei der geplanten Ausweitung der Eurozone jetzt genauer hingesehen.

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Symbolbild EU Kommission Defizitverfahren Portugal
Bild: picture-alliance/dpa/J. Stratenschulte

Gemäß EU-Vertrag prüfen die Kommission und die EZB alle zwei Jahre, wie weit die Staaten, die der Eurozone beitreten wollen, die festgelegten Konvergenzkriterien nachhaltig erfüllen. Gegenwärtig trifft dies auf keines der sieben Bewerberländer (Bulgarien, Tschechien, Kroatien, Ungarn, Polen, Rumänien und Schweden) zu. Die aktuelle Debatte innerhalb der Eurozone lässt aber erkennen, dass auch nicht alle Mitgliedstaaten diese Kriterien erfüllen. EU-Finanzkommissar Pierre Moscovici brachte es auf den Punkt: "Das Problem der Eurozone ist heute, dass sie nicht für Konvergenz ihrer Mitgliedstaaten sorgt", sagte er bei der Vorstellung der Reformpläne für den gemeinsamen Währungsraum.

Belgien EU-Kommission: Pierre Moscovici
EU-Kommissar Moscovici will bis 2025 möglichst alle EU-Staaten im Euroraum sehenBild: Reuters/E. Vidal

Bis 2025 sollen laut Moscovici möglichst alle EU-Länder den Euro eingeführt haben. Das klingt beruhigend für die Bewerber, die sich von den Reformplänen konkrete Beitrittshilfen erhoffen. Denn wenn der Beitritt auch nicht planmäßig erfolgt und in den Ländern selbst für heftige Kontroversen sorgt, wird am Ziel weiterhin festgehalten - auch in den drei südosteuropäischen EU-Staaten Bulgarien, Rumänien und Kroatien, obwohl dort die Zustimmung der Bevölkerung kontinuierlich sinkt.

Angleichung der Standards

"Dieses Thema ist sehr wichtig für unser Land", sagte die bulgarische Außenministerin Ekaterina Sachariewa im DW-Gespräch. Ihr Land sei eines der wenigen, das die Konvergenzkriterien bereits erfülle. Es geht um die Angleichung der Leistungsfähigkeiten der einzelnen nationalen Wirtschaften sowie der Lebenstandards in einzelnen EU-Ländern. Das Vorhaben der Regierung in Sofia sei, im Jahr 2018 ins "Wartezimmer" der Eurozone einzutreten, in den sogenannten Wechselkurs-Mechanismus II. Eine mindestens zweijährige problemfreie Teilnahme an diesem Mechanismus stellt eines der Konvergenzkriterien zur Einführung des Euro dar. Bei ihrem Besuch in Berlin sagte Sachariewa, sie hoffe auf Unterstützung aus Deutschland auch in diesem Bereich.

Rumänien hat offiziell auf den bisher angestrebten Termin 2019 für die Einführung der gemeinsamen Währung verzichtet. Regierungschef Sorin Grindeanu erklärte, neben der monetären Konvergenz müsse auch die Angleichung der Löhne gesichert sein. "Der Übergang zum Euro kann nur dann erfolgen, wenn auch die Einkünfte in Rumänien vergleichbar sind mit denen anderer EU-Staaten", sagte er bei einem Treffen mit Finanzexperten.

Besser wäre abzuwarten

Der rumänische Wirtschaftsprofessor und ehemalige Finanzminister Daniel Daianu sieht die Probleme allerdings nicht nur beim bestehenden Lohngefälle. Im DW-Gespräch betonte er, solange es noch große Unterschiede in der Entwicklung der einzelnen Länder gäbe, wäre das Gleichgewicht im Euroraum stark gefährdet: "Der Bruch zwischen dem Norden und dem Süden innerhalb der Eurozone zeigt ganz klar, dass dringende Reformen notwendig sind", sagte Daianu. Er warnte vor einem voreiligen Beitritt Rumäniens und fügte hinzu: "Politische und geopolitische Überlegungen könnten den Beitritt beschleunigen. Doch es ist unabdingbar, die wirtschaftlichen Faktoren zu beachten". Es wäre naiv zu glauben, so der rumänische Finanzexperte, dass der Euroraum automatisch wirtschaftliche und institutionelle Entwicklung garantiere.

Infografik Karte Eurozone
Wann die Eurozone ausgeweitet wird, ist zur Zeit unklar.

Geht es nach der Vorstellung des Chefs der kroatischen Nationalbank, Boris Vujcic, so soll sein Land bald Mitglied im Euroraum werden. Kroatien ist 2013 als bisher letztes Land der EU beigetreten und hatte sich gute Chancen ausgerechnet, den Euro zügig, innerhalb von vier bis fünf Jahren, einzuführen. Allerdings sprechen die Zahlen im letzten EU-Konvergenzbericht - vor allem beim Haushaltsdefizit (über 3 Prozent) und bei der Staatsverschuldung (80 Prozent, also deutlich höher als der Referenzwert von 60 Prozent) - noch gegen einen raschen Beitritt zum Euroraum.

Wann die Eurozone tatsächlich ausgeweitet wird, lässt sich schwer voraussagen. Eines scheint jedoch dank der Dauerkrise inzwischen für alle Beteiligten - EU-Kommission, EZB und die betroffenen Länder - klar geworden zu sein: Solange die ökonomischen Unterschiede zwischen den Industrienationen im Euroraum weiterhin für Unruhe sorgen, ist eine baldige Aufnahme der sogenannten Schwellenländer kontraproduktiv - sowohl für den Euroraum als auch für die Bewerberstaaten selbst.