1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Geldgeber und Griechenland einigen sich

7. April 2017

Nach Monaten des Tauziehens gibt es Fortschritte beim Hilfsprogramm für Griechenland. Die Geldgeber bekamen auf Malta beim Finanzministertreffen der EU wichtige Zusagen. Aus Valletta Bernd Riegert.

https://p.dw.com/p/2as8c
Griechenland bekommt Kredite für 3,5 Prozent Zinsen
Bild: picture alliance/dpa/B.Roessler

Die Gespräche mit Griechenland über die Umsetzung des dritten Rettungsprogramms bleiben zäh. Zwar gab es auf Malta einen Fortschritt in den Verhandlungen, den manche als "Durchbruch" bezeichneten, doch der Chef der Euro-Finanzminister, der Niederländer Jeroen Dijsselbloem wollte diese Vokabel nicht benutzen. "Es ist klar, dass wir keine vollständige politische Lösung erreichen werden. Darum geht es nicht. Das ist größer als das, was wir heute diskutieren", sagte Dijsselbloem. "Die größten Stolpersteine sind jetzt aus dem Weg geräumt." War es ein kleiner Schritt oder der große Durchbruch? "Irgendetwas dazwischen", sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble der Deutschen Welle. 

Immerhin habe man jetzt "eine prinzipielle Einigung mit Griechenland" über weitere Reformen im Steuersystem und bei den Pensionen für die Zeit nach 2018 erreicht, berichtete der EU-Währungskommissar Pierre Moscovici nach den Gesprächen. Die neuen Maßnahmen sollten 2019 und 2020 zu haushaltswirksamen Einsparungen führen, die etwa zwei Prozent der griechischen Wirtschaftsleistung betragen. Sollte sich die griechische Wirtschaft positiver entwickeln als erwartet, könnte ein Teil dieser Reformen wegfallen. In tagelangen Sitzungen vor dem informellen Treffen der Minister auf Malta hatten die Unterhändler der Kreditgeber und die griechische Regierung sich in ihren Positionen und bei der Auslegung der Zahlen soweit angenähert, dass eine "Übereinkunft auf Beamtenebene" in erreichbare Nähe gerückt ist.

Kontrolleure setzen Arbeit fort

Brüssel Treffen der EU-Finanzminister Griechischer Minister Tsakalotos und Dijsselbloem
Griechenlands Finanzminister Tsakalotos und Euro-Gruppenchef Dijsselbloem: Einigung in MaltaBild: Reuters/F. Lenoir

Das wiederum ermöglicht, dass am kommenden Montag Fachleute von Europäischer Zentralbank, Internationalem Währungsfonds und Europäischer Kommission - der so genannten "Troika" - nach Athen zurückkehren können. Dort soll dann die Überprüfung der Reformvorhaben abgeschlossen werden, die seit Oktober 2016 überfällig ist. Der Vorsitzende der Euro-Gruppe, Jeroen Dijsselbloem, mahnte mehr Tempo an. "Die Situation in Griechenland wird ja nicht besser", sagte Dijsselbloem. Die Aussichten für das Wirtschaftswachstum werden wieder schlechter. Die Unsicherheit wächst. "Dafür sind wir alle verantwortlich. Es dauert einfach alles zu lange. Wir müssen schneller arbeiten", räumte der Chef der Euro-Gruppe ein.

Wie weit tragen die Schulden?

Nach der Überprüfung des laufenden Reform- und Hilfsprogramms wollen sich die Geldgeber und Griechenland dann über den nächsten heiklen Punkt einigen: die Tragfähigkeit der griechischen Staatsschulden, die momentan bei einem Wert von fast 180 Prozent der Wirtschaftsleistung liegt. Griechenland drängt auf einen Schuldenerlass. Der Internationale Währungsfonds will zumindest ein besseres "Schuldenmanagement" erreichen. Die Euro-Staaten, die den Griechen das meiste Geld geliehen haben, lehnen einen nominellen Erlass ab, sind höchstens zu weiteren Erleichterungen bei Kreditlaufzeiten bereit. Der Internationale Währungsfonds (IWF) will sich erst an dem laufenden dritten Hilfspaket beteiligen, wenn die Schuldentragfähigkeit geklärt ist. Deutschland hat eine Beteiligung des IWF zur Voraussetzung für weitere Auszahlungen an Griechenland gemacht. Das dritte Hilfsprogramm endet im Sommer 2018 und umfasst rund 86 Milliarden Euro.

Krise trotz Aufschwung in Griechenland

Erst wenn das alles unter Dach und Fach ist, wird die Euro-Gruppe formal beschließen können, weitere Gelder aus dem Europäischen Rettungsfonds (ESM) an Athen auszuzahlen. Danach müssen noch Parlamente in Griechenland, Deutschland und anderen Euro-Staaten dem Deal zustimmen. Das soll bis spätestens Anfang Juli geschehen, weil Griechenland dann eine relativ hohe Kredittranche bei IWF und EZB in Höhe von rund sechs Milliarden Euro bedienen muss.

Schäuble zuversichtlich

Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble, der im Ringen mit der griechischen Regierung eher als Hardliner gilt, gab sich zuversichtlich:  "Der größte Teil der Wegstrecke ist zurückgelegt, die Fachleute nehmen das sehr genau, aber es kann noch ein paar Tage dauern." Schäuble wies Darstellungen aus Kreisen der EU-Kommission zurück, Deutschland habe zusammen mit dem Internationalen Währungsfonds eine schnellere Einigung mit Griechenland verhindert. "Ich habe nie auf der Bremse gestanden", sagte Schäuble der DW im Interview.

"Es gibt noch eine Menge Arbeit"

Nach Angaben aus Verhandlungskreisen auf Malta konnten sich die Unterhändler tagelang nicht darüber verständigen, wie sich das Wirtschaftswachstum und die Haushaltslage in Griechenland nach Ende des dritten Rettungspakets entwickeln wird. Die Euro-Gruppe geht von einem Haushaltsüberschuss von 3,5 Prozent pro Jahr aus. Der IWF setzt die Zahl eher bei 1,5 Prozent an. Bundesfinanzminister Schäuble sagt, der IWF tendiere immer zu einer eher pessimistischen Sicht. Ein möglichst hoher Überschuss ist nötig, damit die Gesamtschulden Griechenlands langsam abgetragen werden können. Ein niedriger Überschuss würde der griechischen Regierung mehr finanziellen Spielraum lassen, aber wahrscheinlich einen Schuldenschnitt nötig machen.

Verzögerungen sind mittlerweile die Regel bei diesen Verhandlungen. "Damit haben wir in sieben Jahren und drei Rettungsprogrammen genug Erfahrungen gemacht", seufzte ein EU-Beamter am Rande der Finanzministertagung auf Malta. Der Inselstaat im Mittelmeer hat im ersten Halbjahr 2017 die Ratspräsidentschaft der Europäischen Union inne.

Porträt eines Mannes mit blauem Sakko und roter Krawatte
Bernd Riegert Korrespondent in Brüssel mit Blick auf Menschen, Geschichten und Politik in der Europäischen Union