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Europa beseitigt nur langsam Unterschiede im Asylrecht

Bernd Riegert18. August 2006

Die Asyl- und Flüchtlingspolitik ist für die Innenminister der Europäischen Union ein Dauerbrenner. Nur langsam bewegt sich Europa in kleinen Schritten auf einheitliche Asylverfahren zu.

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Flüchtlinge im März auf dem Weg nach SpanienBild: AP
Wolfgang Schäuble bei der Eröffnung der Afghanistan Konferenz
Wolfgang SchäubleBild: dpa

Am Ziel, bis 2010 ein einheitliches Asylverfahren in allen EU-Mitgliedsstaaten einzuführen, hält Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble fest. Es komme aber nicht darauf an, dass die EU-Kommission ständig neue Vorlagen und Papiere präsentiere, sondern entscheidend sei die pragmatische Zusammenarbeit der Mitgliedsstaaten untereinander. "Manchmal müssen wir nicht immer neue Verfahren auf europäischer Ebene schaffen, sondern wir sollten einfach pragmatisch zusammen arbeiten und Informationen austauschen", erklärt Schäuble. "Auch bei den neuen Asylverfahren geht es ja im Wesentlichen um den Informationsaustausch. Informationsaustausch sowohl über die Herkunftsländer als auch über die Bewerber, denn wir wissen ja, dass es einen gewissen Asyl-Tourismus gibt."

Verwirrende Vielfalt

Nach wie vor gelten in den EU-Mitgliedsstaaten unterschiedliche Regeln dafür, welchem Asylbewerber aus welchem Herkunftsland Bleiberecht gewährt wird. Asylsuchende aus Tschetschenien etwa werden in der Slowakei grundsätzlich nicht anerkannt, während die Anerkennungs-Quote in Österreich fast 90 Prozent beträgt. Insgesamt begehren rund 380.000 Menschen jährlich Asyl in der EU, nur ein geringer Teil wird tatsächlich anerkannt. 160.000 Flüchtlinge werden pro Jahr in ihre Heimatländer abgeschoben.

Abgelehnte Asylbewerber können sich bei Wiedereinreise in die EU heute erneut in einem anderen Land um Aufnahme bemühen, was in etwa 15 Prozent aller Fälle passiert. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble sieht grundsätzlich eine einheitliche Linie bei seinen europäischen Kollegen. "Wir haben in den meisten Ländern eine einheitliche gemeinsame Beurteilung, ob da politische Verfolgung besteht oder nicht", sagt er. "In den meisten Fällen besteht keine, sondern es herrscht wirtschaftliche Not, die die Menschen veranlasst. Das sind ja auch Gründe, die man gut nachvollziehen kann und die viele von uns vermutlich auch veranlassen würden, es zu versuchen."

Wirtschaftliche Not als Asylgrund?

Solche Wirtschaftsmigranten fallen aber nach deutscher Auffassung nicht unter das Asylrecht für politisch Verfolgte. Der zuständige EU-Justiz-Kommissar Franco Frattini wirbt dafür, auch wirtschaftliche Not stärker als Grund für eine Flucht anzuerkennen. Die meisten Asylbewerber kommen nicht aus Afrika, sondern aus Serbien, der Türkei und dem Irak.

Die EU-Innenminister tun sich weiter schwer, eine gemeinsame Liste mit so genannten "sicheren Drittstaaten" zu verabschieden, in die Asylbewerber ohne großartige Prüfung abgeschoben werden sollen. Wolfgang Schäuble plädierte dafür, die Lebensverhältnisse der Menschen in den Herkunftsländern zu verbessern.

Die EU-Asylpolitik wird von Menschenrechtsorganisationen, aber auch vom UN-Hochkommissar für Flüchtlinge häufig als Festungsmentalität kritisiert. UN-Flüchtlings-Kommissar Antonio Guterres sagte vor dem Europa-Parlament in Brüssel, man könne nicht nur darauf setzen, die Asylsuchenden in Drittstaaten abzuschieben oder in ihren Herkunftsländern zu halten: "Das Ziel, besseren Schutz und langfristige Lösungen in den Herkunftsländern anzustreben, ist ja richtig, aber es enthebt die EU nicht ihrer Verantwortung wirklich Bedürftigen Asyl zu gewähren. Europa ist ein Kontinent des Asyls und muss es auch bleiben." Der UN-Flüchtlings-Kommissar wies daraufhin, dass die große Masse der weltweiten Flüchtlingsströme in die Entwicklungsländer und nicht nach Europa oder die entwickelte Welt ziehe. Es müsse aber eine faire internationale Lastenteilung geben.