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Buhlen um Indien

Priya Esselborn26. Januar 2008

Mit Gordon Brown und Nicolas Sarkozy haben in einer Woche zwei europäische Staatschefs Indien besucht. Indien vergibt Milliardenaufträge für die Modernisierung seiner Armee. Hierum buhlen auch andere Staaten.

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Indiens Premierminister empfängt seien britischen Amtskollegen Gordon Brown, Quelle: Ap
Indiens Premierminister empfängt seinen britischen Amtskollegen Gordon BrownBild: AP

Mit dem britischen Premier Gordon Brown (20.- 21.1.) und dem französische Präsidenten Nicolas Sarkozy (25.-27.1.) machten kurz hintereinander zwei EU-Staatschefs Indien ihre Aufwartung. Bundeskanzlerin Angela Merkel war im Oktober 2007 im Land. Indien will sein Militär modernisieren und vergibt deshalb Aufträge, um die sich die Europäer bemühen. Doch nicht nur das macht Indien für die Gäste aus dem Westen interessant.

Indien erscheint vielen als wirtschaftliches Wunderland. Mit seiner rasant wachsenden Mittelschicht und einer großen jugendlichen Bevölkerung ist das Land in fast allen Segmenten für Firmen attaraktiv - ob es nun Autobauer wie Audi oder BMW sind, Supermarktketten und Großhändler wie Walmart, Tesco und Metro oder Telekommunikationsriesen wie Vodafone. Sie alle versuchen, in Indien Fuß zu fassen. Es ist vor allem Indiens beeindruckende Wirtschaftsbilanz, die die Welt hat aufhorchen lassen. Die Erkenntnis: In Indien mit seinen Heerscharen von hervorragend qualifizierten, gut Englisch sprechenden Arbeitskräften lässt es sich gut Geschäfte machen.

Reif für eine internationale Führungsrolle

Roter Teppich für Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy, Quelle: Ap
Schon kommt der Nächste: Roter Teppich für Frankreichs Präsident Nicolas SarkozyBild: AP

Doch auch politisch hat Indien einiges zu bieten. Das Land, das vielen als unregierbar erscheint, hat seit 60 Jahren eine stabile Demokratie - und das in einer Region, die durch Konflikte in Pakistan, Myanmar, Nepal, Sri Lanka und Bangladesch fast täglich in den Schlagzeilen ist. Indien ist reif für eine Führungsrolle in der internationalen Gemeinschaft, sagt Indien-Experte Christian Wagner von der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin. Schließlich habe das Land seine Zuverlässigkeit oft bewiesen. "Man darf nicht vergessen, dass Indien seit vielen Jahren mit die größten Verbände für Truppen für Blauhelmeinsätze der Vereinten Nationen stellt und auch kein Land so viele Soldaten in internationalen Einsätzen verloren hat."

Seit Premier Manmohan Singh und US-Präsident Bush 2005 ein Nuklearabkommen geschlossen haben, ist Indien de facto als Nuklearmacht anerkannt – ohne jemals den Atomwaffensperrvertrag unterzeichnet zu haben. Allerdings, so betont Wagner, habe Neu Delhi bisher keine Nukleartechnik weitergegeben. "Es wurde keine Form der Proliferation betrieben. Das ist von den Großmächten wohlwollend registriert worden. Man versucht daher, Indien immer mehr in internationale Ordnungsregime einzubinden."

Pragmatische Außenpolitik führt zu Irritationen

Dennoch führt Indiens pragmatische Außenpolitik oft zu Irritationen. Um seinen stetig steigenden Energiebedarf zu sichern, hat Indien mit afrikanischen Staaten wie dem Sudan Ölverträge geschlossen. Auch die Militärjunta in Myanmar wurde nie öffentlich unter Druck gesetzt. Und mit dem Iran verhandelt Indien über eine Gaspipeline. Ein Problem bleibt, dass Rivale China seine Märkte mehrere Jahre vor Indien geöffnet hat, und daher seine Beziehungen zu Europa und den USA früher vertiefen konnte, wie Wagner erklärt. "Allerdings beginnt man von Seiten der europäischen Großmächte, Indien eine größere Rolle zuzugestehen. Von daher sind diese Besuche eine Anerkennung des Wirtschaftswachstums der vergangenen Jahre."

Premier Singh mit US-Präsident Bush, quelle: Ap
Auch bei den Größten ist Indien gefragt: Premier Singh mit US-Präsident BushBild: AP

Große Teile der gesellschaftlichen Elite Indiens nehmen die Europäer allerdings nicht unbedingt als bedeutende strategische Partner wahr. Zum einen ist da die koloniale Vergangenheit, zum anderen scheint die Europäische Union vielen aufgrund ihrer wirtschaftlichen Probleme und ihrer fehlenden Geschlossenheit in politischen Fragen geschwächt. Auch die Regierung richtet ihren Blick nicht ausschließlich auf die Europäer.

Seitdem Premier Narasimha Rao in den 90er Jahren seine "Look East Policy" vorstellte, werden die ASEAN-Staaten und China immer interessanter. Seit jeher pflegte Indien zur ehemaligen Sowjetunion und nun zu Russland gute Beziehungen. Und auch die Beziehungen zu den USA sind enger geworden. Indien kann sich inzwischen seine Partner aussuchen und will sich nicht festlegen. Die Europäer müssen sich also anstrengen.

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