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Europa: Ein Wachstumsappell

Manuela Kasper-Claridge18. Juni 2014

Die Eurokrise ist fast vorbei - aber wie geht es weiter? Wie sieht die Zukunft Europas in einer globalisierten Welt aus? Ein Thema, das den Co-Chef der Deutschen Bank, Anshu Jain, umtreibt.

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Anshu Jain, Co-Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank
Bild: picture-alliance/dpa

Die Adresse könnte kaum feiner sein: Schlossplatz 1, unweit der Berliner Prachtstraße "Unter den Linden" und in Sichtweite des Auswärtigen Amts hat die Managementschule ESMT ihren denkmalgeschützten Sitz. Früher war es das Staatsratsgebäude der DDR, heute können hier Studenten ihren Master of Business Administration erwerben. Die Deutsche Bank gehört zu den Gründungsmitgliedern der privat finanzierten Hochschule, an der Studenten aus 34 Ländern im Herzen Berlins studieren. Den Nachwuchs hatte Anshu Jain, Co-Chef der Deutschen Bank, sicher im Blick, als er sich entschloss, eine Rede zur Zukunft Europas im Hörsaal der ESMT zu halten und sich den Fragen der zukünftigen Manager zu stellen.

Sorgen um Europa

Denn der Co-Chef der Deutschen Bank macht sich Sorgen um Europa. Eine Arbeitslosigkeit von durchschnittlich 25 Prozent bei den jungen Menschen und ein schwaches Wachstums, das seien keine guten Voraussetzungen für die Zukunft, betonte Jain. "Europa muss wachsen", ein Satz, den Jain mehrfach wiederholte. Die Rechnung sei einfach: "Die Wirtschaft Asiens wird in den nächsten fünf Jahren um geschätzte 36 Prozent wachsen, die der USA um 18 Prozent, Europas aber lediglich um neun Prozent."

Das habe Konsequenzen, betonte Jain. Er sieht die Wettbewerbsfähigkeit der Europäer schwinden. Auf die Frage, warum er selber denn seit 20 Jahren in Europa lebe, lachte der unerwartet entspannt wirkende Jain und appellierte an die Europäer, ihre Stärken zu nutzen. Dazu müsse man die Investitionen in Ausbildung, Forschung und Entwicklung ausbauen und den Arbeitsmark liberalisieren. Der Kampf um Talente habe bereits begonnen. "Einige sehen die Immigration gut ausgebildeter Menschen als Bedrohung, tatsächlich ist es eine große Chance."

Deutsch lernen macht Sinn

Sprachbarrieren wollte er nicht gelten lassen und wer beispielsweise nach Deutschland komme, solle eben auch die Sprache lernen. Er selber hätte sich gewünscht, Deutsch wäre als Fremdsprache auf seinem College angeboten worden, dann hätte er es heute leichter. "Ich bin in Indien aufgewachsen, habe das College besucht und meine berufliche Karriere in den USA begonnen, dann ist Europa meine Heimat geworden. Die Herausforderungen für Europa, und wie man mit diesen Herausforderungen umgeht, das ist mir ein persönliches Anliegen", betonte Jain.

Die jungen Leute im Auditorium der privaten Hochschule ESMT lauschten aufmerksam. Denn schließlich kommen die meisten von ihnen auch aus dem Ausland und studieren mitten in Europa. Auch, weil sie sich gerade hier eine Zukunft versprechen.

Unternehmertum fördern

An die Adresse Deutschlands gewandt, lobt Anshu Jain die Gründerstadt Berlin. Hier gebe es viele Start-ups, und bedingt durch vergleichsweise günstige Mieten einen klaren Kostenvorteil gegenüber anderen Städten. "Wir müssen Innovationen und Unternehmertum unterstützen", forderte er mit Blick auf ganz Europa.

Kritik an den Banken wollte er nicht gelten lassen. Auf die Frage, ob nicht auch die Deutsche Bank viel zu zurückhaltend bei der Kreditvergabe an Jungunternehmer sei, antworte er mit einem klaren "Nein". Es sei genug Geld im Markt und das werde auch weitergegeben. Allerdings dürften sich Unternehmen nicht nur auf die Banken verlassen. Schließlich gebe es auch andere Finanzierungsmöglichkeiten, etwa in Form von Risikokapital ("venture capital") oder Unternehmensanleihen.

Nach der Krise

Zum Schluss gab es dann noch versöhnliche Töne vom Co-Chef der Deutschen Bank. Die Eurokrise sei weitgehend ausgestanden, die Europäische Zentralbank habe hervorragende Arbeit für die Stabilität geleistet. "Sicher, wir mussten Atem holen, die Krise meistern. Jetzt, wo wir Stabilität haben, müssen wir uns wieder um das Wachstum kümmern."