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"Europa ist sexy"

1. Februar 2010

Er hat nebenbei geschafft, was manche Politiker sich hart erkämpfen müssen: Seit fast zwei Jahren sitzt der Hamburger Student Manuel Sarrazin im Deutschen Bundestag. Dort engagiert sich der grüne Abgeordnete für Europa.

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Manuel Sarrazin (Foto: S. Kaminski/Bündnis 90/Die Grünen Bundestagsfraktion)
Manuel SarrazinBild: S. Kaminski/Bündnis 90/Die Grünen Bundestagsfraktion

In der Hamburger Innenstadt regnet es wie so oft. Im langen schwarzen Mantel eilt Manuel Sarrazin die Straße entlang zur Hamburger Zentrale der Partei Bündnis 90/Die Grünen. Ganz in der Nähe liegt auch der Info-Point Europa, eine Art Bürgerbüro der Europäischen Kommission. Im Bundestag ist keine Sitzungswoche, und Sarrazin besucht seinen Wahlkreis. Die Leiterin des Info-Points, Bettina Thöring, begrüßt ihn wie einen alten Bekannten.

Kein Wunder, denn Sarrazin kommt als stellvertretender Landesvorsitzender der Europa-Union häufig vorbei. Hier versucht er, die Hamburger Bürger für Europa zu begeistern: "Wenn 27 Staaten mit fast 500 Millionen Menschen sagen, wir haben gemeinsame Werte und wollen eine gemeinsame Solidarität entwickeln, finde ich das ziemlich sexy," betont Sarrazin. Der junge Abgeordnete ist überzeugt davon, einer neuen Generation von Europapolitikern anzugehören. Besser vernetzt seien sie, und anders als ihre Vorgänger hätten sie mit dem Vertrag von Lissabon auch mehr Aufgaben, meint er.

"Nicht von persönlichen Erfahrungen leiten lassen"

Manuel Sarrazin auf der Bundesdelegiertenkonferenz der Grünen im Januar 2009 (Foto: Manuel Sarrazin)
Manuel Sarrazin engagiert sich für Europa.Bild: Manuel Sarrazin

Sarrazin studiert an der Universität Hamburg. Im Bundestag ist er bereits seit 2008. Er konnte damals für einen Abgeordneten nachrücken, der ausgeschieden ist. Davor war er bereits Abgeordneter in der Hamburger Bürgerschaft, dem Landesparlament. "Ich habe zwei Jahre lang lernen müssen, Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden", erzählt er. "Ein politischer Termin mit irgendwelchen Staatsbesuchen ist manchmal nicht so wichtig wie ein langweiliges Seminar, für das man einen Schein bekommt."

Im September 2009 ist Sarrazin wiedergewählt worden. Der 27-Jährige sitzt für seine Partei im Europaausschuss. Die meisten Seminare hat er hinter sich, nur die Abschlussarbeit muss er noch schreiben. Und während seine Kommilitonen in den Unis für eine Reform des Bologna-Systems und die Abschaffung von Studiengebühren auf die Straße gingen, verfolgte er nervös den tschechischen Streit über den Lissabon-Vertrag, der das politische System Europas neu ordnet.

Politische Erfahrung im Seminar

Außenansicht des Hauptgebäudes der Universität Hamburg (Foto: dpa)
An der Uni Hamburg studiert der Abgeordnete Geschichte, Jura und Osteuropastudien.Bild: picture-alliance / dpa

Hochschulpolitik war nie sein Interessengebiet. "An der Uni gehe ich meinen persönlichen Weg, da möchte ich nicht auf Hochschulpolitik angesprochen oder dafür verantwortlich gemacht werden", sagt er. "Und ich möchte mich auch in der Politik nicht immer von meinen individuellen Erfahrungen leiten lassen."

Mit 16 Jahren hat Manuel Sarrazin angefangen, sich für Politik zu interessieren und ist dann ziemlich schnell bei der Europa-Politik gelandet. Im Studium hat er neben Jura auch Geschichte und Osteuropawissenschaften belegt. Manchmal kann er seine politische Erfahrung einbringen. Einmal zum Beispiel musste er ein Referat halten über das Wahlsystem in Russland. "Ich habe im Bundestag mit russischen Parlamentariern zusammengearbeitet, die durch das Wahlrecht aus den Parlamenten rausgekickt wurden ", berichtet er. "Da konnte ich im Seminar die juristischen und realen Aspekte so kombinieren, dass man ein anderes Bild bekommt."

Inzwischen hat er fast alle Scheine zusammen und muss noch die Abschlussarbeit schreiben. Und falls ihm die praktische Erfahrung dabei nicht weiterhilft, kann er zumindest die Bibliothek des Bundestags benutzen.

Autor: Mathias Bölinger
Redaktion: Sabine Damaschke