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Portrait: Nils Landgren

Sybille Neveling 8. Dezember 2006

In unserem Portrait stellen wir Ihnen heute ein musikalisches Chamäleon vor: den Jazzer Nils Landgren. Sybille Neveling von Radio Schweden hat ihn bei Proben mit der Big Band des Norddeutschen Rundfunks getroffen.

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Bild: AP

Nicht nur musikalischer Grenzgänger: Nils Landgren

Der schwedische Jazzer Nils Landgren macht schafft es, sowohl aus Abba-Ohrwürmern als auch aus Bach-Motiven Jazz-und Funk-Stücke zu machen. Seit 30 Jahren ist der Posaunist im Geschäft und bewegt sich mühelos über die Grenzen, und zwar nicht nur über musikalische.

Im Studio 1 des Norddeutschen Rundfunks proben rund 20 Jazzmusiker auf Hochdruck. Am Nachmittag soll es nach Berlin gehen, am Tag darauf läuft die mehrwöchige Tournee durch Großbritannien an. In seiner Heimat, der Region Värmland, hält sich Posaunist Nils Landgren nicht oft auf. Sein Hauptwohnsitz liegt in Hamburg, sein Ferienhaus im südschwedischen Skillinge und überhaupt ist er fast ständig auf Tournee. An dieses Leben als Kosmopolit hat er sich gewöhnt, scheint es: "Wenn ich hier bin, bin ich Hamburger. Wenn ich in Skillinge bin, bin ich Skillinger. Ich bin immer Värmländer, darauf bin ich stolz. Alle Värmländer sind stolz."

Fruchtbare Region

Außerdem sind die Menschen aus Värmland für ihre Redegabe und Erzählfreude bekannt. Aus dieser Region kommen auch die Literaturnobelpreisträgerin Selma Lagerlöf und der Dichter Gustaf Fröding. Die Landesregierung von Värmland hat ihrem Vorzeigeposaunisten übrigens im August das Frödingstipendium zuerkannt. Für seine Leistungen als internationaler Jazzmusiker mit tiefen Wurzeln in der varmländischen Musiktradition.

"Also ich spiele ja fast alles, was mir in die Quere kommt. Ich will Musik machen, und das nicht in irgendeinem Genre. Ich finde es toll, immer wieder neues auszuprobieren. Zum Beispiel hat mich Barockmusik immer interessiert oder auch die Verbindung zwischen Jazz und Improvisation. Dann hab ich noch meine Funk Unit, die spielt steinharten Funk. Und dann spiele ich auch gern mit Streichern, leise Sachen. Es interessiert mich eigentlich, gute Musik zu spielen und immer in verschiedenen Ecken zu suchen."

Aus dem Vollen schöpfen

Diese Vielseitigkeit ist es, die Landgren besondere Freude macht. Und sie kommt nicht von ungefähr. Zwischen 1972 und 1978 hat er klassische Musik studiert. Im Laufe der Zeit hatte er Gelegenheit, die meisten Stilarten auszuprobieren. Diese gediegene Grundlage dürfte dem 50-Jährigen jetzt zugute kommen. Seit dem Wintersemester hat er eine Teilzeitprofessur für Jazzposaune an der Musikhochschule in Hamburg. Er erteilt Studenten Einzelunterricht, unterrichtet ein Ensemble und leitet bei Bedarf auch die Bigband der Hochschule.

Nebenbei ist Mr. Redhorn, wie Nils Landgren wegen seiner roten Posaune genannt wird, auch Schirmherr für zwei Stiftungen zur Förderung junger Musiker. Wer jungen Menschen etwas beibringen will, braucht selber gute Vorbilder. "Mein erstes Vorbild ist mein Vater", sagt Landgren. "Und mein Vater hat sein ganzes Leben Musik gemacht, er spielt immer noch, er wird 90. Er ist aber kein Profi, er ist Stahlwerksarbeiter, seit langem natürlich in Rente. Danach gibt es mehrere Vorbilder. Musikalisch ist das Miles Davis. Der war aber nie ein menschliches Vorbild. Meine Vorbilder sind eher Menschen mit friedlichen Botschaften, egal, ob das Politiker sind oder Musiker. Leute, die sich um den Weltfrieden kümmern, Leute mit humanistischen Interessen."

Spielen für den Frieden

Diese Einstellung lässt sich auch als Musiker aktiv leben und vermitteln, versichert Landgren: "Also erstmal ist Musik eine friedliche Sache. Man muss bei sich selbst anfangen. Man kann natürlich versuchen zu helfen. Ich habe jetzt mit einem Projekt in Südafrika angefangen, in den Townships. Die wollen dort gerne Musik machen, haben aber keine Instrumente. Und da bin ich jetzt dabei, neue Instrumente einzukaufen, weil ich glaube: da kann man viel mit Musik machen."

Neben all diesen Tätigkeiten tourt Landgren auch noch fleißig mit seiner eigenen Band - der Funk Unit -, ist Produzent von den Alben der Musikerkollegen und steht bei der NDR Big Band in Hamburg unter Vertrag. Er hat sichtlich Mühe, seine verschiedenen Verpflichtungen miteinander zu vereinbaren. Und dabei hilft nur eins: "Alles muss prioritiert werden. Man muss nur die Zeitpunkte wählen."