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Europa: Proteste gegen Impfzwang

27. Juli 2021

Die Impfbereitschaft lässt nach, die Inzidenzen steigen. Verschiedene europäische Länder haben Maßnahmen ergriffen, um mehr Menschen dazu zu veranlassen, sich impfen zu lassen. Die Proteste folgten prompt. Ein Überblick.

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Frankreich I Anti-Corona Proteste in Paris
Protest in Paris am 24. Juli - unter anderem gegen verschärfte Corona-Regeln und die Impfpflicht für Gesundheitspersonal Bild: Benoit Tessier/REUTERS

"Flatten the curve", "die Kurve abflachen" ist eines der Schlagworte aus der Corona-Pandemie. Gemeint ist damit die Kurve der täglichen Neuinfektionen. Nun aber flacht eine andere Kurve ab: die der Neu-Impfungen. Nachdem zu Jahresbeginn in der EU vor allem die Knappheit der Impfstoffe die Impfkampagnen bremste, fehlt es nun zunehmend an Menschen, denen sie verabreicht werden können.

Vielen verantwortlichen Politikern gefällt das nicht - zumal angesichts steigender Inzidenzwerte und der Ausbreitung der Delta-Variante. In mehreren Ländern ist deshalb erneut eine Debatte darüber entbrannt, ob es unterschiedliche Einschränkungen für Geimpfte und Nicht-Geimpfte geben soll. Oder ob die angestrebte Herdenimmunität gar über eine Impfpflicht erreicht werden soll.

Während Deutschland noch diskutiert, haben Regierungen in anderen Länder bereits Konsequenzen gezogen. Vor allem die Impfpflicht für bestimmte Berufe ist nicht überall gut angekommen. In mehreren Ländern gab es Proteste.

Frankreich: Impfzwang zur Berufsausübung ab September

In Frankreich haben am vergangenen Wochenende nach Behördenangaben landesweit mehr als 160.000 Menschen gegen Regierungspläne für strenge Corona-Maßnahmen demonstriert. Insbesondere die geplante Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen ist ihnen ein Dorn im Auge. Ab Mitte September müssen Gesundheits- und Pflegepersonal sowie Sicherheits- und Rettungskräfte eine Impfung nachweisen, um ihrem Beruf nachzugehen. Wer das nicht kann, muss mit einer Suspendierung ohne Lohnfortzahlung rechnen. Gegner der Maßnahmen sehen darin einen unzulässigen Eingriff in die Selbstbestimmung der Menschen.

Die Proteste richteten sich aber auch dagegen, dass das digitale Corona-Zertifikat der EU zur Bedingung für den Zugang zu öffentlich zugänglichen Orten - wie Museen und Einkaufszentren, Restaurants und Bars sowie Fernzüge - werden soll. Der sogenannte "Grüne Pass" gibt an, ob eine Person geimpft, genesen oder aktuell negativ getestet ist. Die überwiegend friedlichen Proteste wurden von einzelnen Zusammenstößen mit der Polizei überschattet.

Auch aus der Opposition gab es Widerstand gegen die geplanten Regelungen. Letztlich verabschiedete das Parlament eine überarbeitete Version des Gesetzes aber mit einer deutlichen Mehrheit. In Umfragen hat sich ebenfalls eine Mehrheit für die Ausweitung der Corona-Pass-Pflicht ausgesprochen.

Griechenland: Impfpflicht in der Pflege ab sofort

Auch in Griechenland hat es in der vergangenen Woche erneut Proteste gegen die Corona-Maßnahmen der Regierung gegeben. Hier hat die Regierung bereits Mitte Juli eine Impfpflicht für Pflegeberufe durchgesetzt. Die Beschäftigten haben noch bis Mitte August Zeit, mit der Impfung zu beginnen, andernfalls droht ihnen eine Suspendierung ohne Gehalt. Ein neues Gesetz soll es den Trägern zudem erleichtern, Ersatzpersonal befristet einzustellen.

Ab September dann soll die Impfpflicht in Griechenland für den gesamten Gesundheitssektor gelten. Arbeitgebern, die ungeimpftes Personal beschäftigen, drohen Strafen von bis zu 200.000 Euro.

Auch der Besuch von Gastronomie- und Kulturbetrieben ist in Griechenland Geimpften vorbehalten. Ein aktueller negativer Corona-Test genügt dafür nicht mehr.

Griechenland Athen | Protest von Impfgegnern
Impfgegner demonstrieren in Athen gegen eine Impfpflicht für den Gesundheitssektor Bild: COSTAS BALTAS/REUTERS

Am vergangenen Donnerstag, dem Tag der Parlamentsabstimmung über das Gesetz zur Impfplicht, demonstrierten landesweit rund 5000 Menschen dagegen. In der Hauptstadt Athen gingen laut Polizeiangaben rund 3000 Menschen auf die Straße Demnach setzten die Beamten Wasserwerfer und Tränengas ein, um die Demonstranten vom Parlament fernzuhalten.

Italien: Proteste gegen Grünen Pass

Eine Impfpflicht für das Gesundheitspersonal besteht in Italien bereits seit Ende März. Die Proteste am vergangenen Wochenende richteten sich gegen die Verschärfung anderer Maßnahmen. In mehreren Großstädten demonstrierten Tausende gegen den Beschluss der Regierung, demzufolge ab dem 6. August viele öffentlich zugängliche Räume in Italien Inhabern eines Grünen Passes vorbehalten sind.

Wer beispielsweise ins Fitnessstudio oder Schwimmbad, ins Museum oder Restaurant gehen will, muss nachweisen, dass er geimpft, genesen oder kürzlich negativ getestet ist. In den Außenbereichen dürfen Gastronomen selbst entscheiden, ob sie auch Gäste ohne Corona-Pass bewirten.

Jan Walter Autorenfoto
Jan D. Walter Jan ist Redakteur und Reporter der deutschen Redaktion für internationale Politik und Gesellschaft.