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Auf gute Nachbarschaft

23. September 2010

Die Europäische Union bemüht sich um ein gutes Verhältnis zu all ihren Nachbarländern, vor allem auch zu Russland und den ehemaligen Sowjetstaaten. Das ist nicht immer ganz einfach.

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Grenzübergang zwischen Ukraine und der Slowakei (Foto: dpa)
Nähe trotz Grenzen: die EU und ihr Nachbar UkraineBild: dpa

Es gibt EU-Beitrittskandidaten und es gibt Länder, die unter die EU-Nachbarschaftspolitik fallen. Das Ziel dieser Politik ist nicht unbedingt ein späterer Beitritt zur Europäischen Union, auch wenn der EU-Erweiterungskommissar Stefan Füle für sie zuständig ist. "Die Nachbarschaftspolitik ist unser einziges wirkliches Werkzeug, um Stabilität und Wohlstand um uns herum zu stärken. Und sie ist deutlich billiger und wirkungsvoller, als mit den Folgen von Zusammenbruch oder dauerhafter Instabilität in den Ländern um die EU herum fertigzuwerden."

Eine Karte von Europa, in der alle Länder gekennzeichnet sind, mit denen Nachbarschaftspolitik betrieben wird (Grafik: DW)
Die EU bemüht sich um gute Beziehungen zu ihren Nachbarländern im Osten und Süden

Offene Türen

Die EU-Nachbarschaftspolitik besteht aus einer Reihe von Kooperationsangeboten der Union mit dem Ziel, in den Nachbarländern politische und wirtschaftliche Reformen anzustoßen und zu unterstützen. Im Gegenzug bietet die Union Finanzhilfen, Reisefreiheit und am Ende eine Einbindung in den EU-Binnenmarkt - falls der innere Zustand eines Landes weitgehend dem der EU entspricht.

Davon sind fast alle betroffenen Staaten weit entfernt, doch die Unterschiede von Land zu Land sind enorm. Während zum Beispiel Moldawien und die Ukraine - auch nach der Wahl des russlandfreundlichen Präsidenten Viktor Janokuwitsch - die Möglichkeiten der Nachbarschaftspolitik intensiv nutzen, steht etwa Weißrussland weiterhin abseits. Doch was der schwedische Außenminister Carl Bildt über Weißrussland sagt, gilt auch für alle anderen Länder der Nachbarschaftsprogramme. "Unsere Tür steht offen. Das war immer so. Das Ausmaß der Zusammenarbeit im Rahmen der Nachbarschaftspolitik hängt von ihren innenpolitischen Verhältnissen ab."

Länder zwischen Russland und der EU

EU-Erweiterungskommissar Stefan Füle (Foto: AP)
EU-Erweiterungskommissar Stefan FüleBild: AP

Schon seit Beginn der Nachbarschaftspolitik 2004 gibt es Befürchtungen, die EU werde in Konflikt mit Russland geraten, das die früheren Sowjetrepubliken weiter als natürliches Einflussgebiet betrachtet. Doch Kommissar Füle bestreitet, irgendein Land müsse sich zwischen der EU und Russland entscheiden. "Wir wollen keinen Wettbewerb zwischen Russland und der Europäischen Union in dieser Region. Wir wollen Zusammenarbeit." Russland sehe das ähnlich, sagt Außenminister Sergej Lawrow. "Wenn wir alle sicherstellen, dass die Länder, die zufällig Nachbarn sowohl der Europäischen Union als auch der Russischen Föderation sind, stabil, wohlhabend und selbstverständlich friedlich sind, dann können wir mit der EU über alles diskutieren, was dieses Ergebnis bringt", sagt er. Es sei nur wichtig, dass sich die Kooperationsvereinbarungen auf beiden Seiten nicht widersprechen, sondern sich miteinander vereinbaren lassen und sich ergänzen.

Trotzdem gibt es immer wieder offene Konflikte. Am dramatischsten war wohl der kurze Krieg zwischen Georgien und Russland 2008. Wiederholte Auseinandersetzungen um Gas zwischen Russland und der Ukraine bekam die EU durch Lieferausfälle direkt zu spüren. Als sich im Juni dieses Jahres Russland und Weißrussland ebenfalls um Gas stritten und das EU-Mitglied Litauen kaum noch Gas erhielt, reagierte EU-Energiekommissar Günther Oettinger ungewöhnlich scharf. "Das ist nicht nur ein Problem für einen Mitgliedsstaat (Litauen). Das ist ein Problem, ein Angriff auf die ganze Europäische Union."

Doch diese Auseinandersetzungen hatten entweder gar nichts oder nur sehr indirekt mit der EU-Nachbarschaftspolitik zu tun. Auch in Moskau scheint Konsens zu sein, dass Stabilität und Wohlstand dieser Länder im russischen Interesse liegt. Das könnte sich ändern, sollte es irgendwann doch einmal um eine konkrete EU-Beitrittsperspektive gehen. Die Nachbarschaftspolitik schließt sie nicht ausdrücklich und für immer aus, auf absehbare Zeit kommt sie aber nicht infrage.

Autor: Christoph Hasselbach
Redaktion: Julia Kuckelkorn