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Europas Banken leiden unter faulen Krediten

18. Januar 2018

Kredite, die nicht mehr bedient werden: Davon haben Europas Banken nach wie vor reichlich. Sie sind ein Überbleibsel der Weltfinanzkrise - und verschwinden nur langsam. Vor allem Italiens Banken sind betroffen.

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Symbolbild Finanzkrise in Ungarn
Bild: picture alliance/chromorange

Der seit der Finanzkrise angehäufte Berg fauler Kredite bei den europäischen Banken wird nur langsam kleiner. Der entsprechende Anteil an allen Darlehen in den Bilanzen der Geldhäuser sei im zweiten Quartal 2017 um einen Punkt auf 4,6 Prozent gefallen, teilte die EU-Kommission am Donnerstag auf Basis ihrer aktuellsten Daten mit. Trotz dieses unter dem Strich positiven Trends summierten sich die Wackeldarlehen in der gesamten EU auf 950 Milliarden Euro. In den 19 Euro-Länder machten sie 5,4 Prozent des Kreditvolumens aus.

Die in der Finanzbranche als "non performing loans" (NPLs) bezeichneten Kredite sind in vielen Fällen ein Resultat der Finanz- und Weltwirtschaftskrise von 2008/09 und der lang anhaltenden Flaute in vielen vor allem südeuropäischen Staaten. Firmen und Haushalte hatten damals und haben teilweise bis heute massive Probleme, das geliehene Geld zurückzuzahlen. "Wir müssen voranschreiten, um das Niveau der NPLs weiter abzusenken," sagte Vize-Kommissionschef Valdis Dombrovskis in Brüssel. Dazu ist eine Reihe von Maßnahmen geplant, die den Banken helfen soll.

Nach Aussage des CSU-Europaabgeordneten Markus Ferber kommt die Brüsseler Behörde mit ihren Anstrengungen kaum voran. "Die Quote an ausfallgefährdeten Krediten in der EU sinkt zwar, das hat aber nichts mit der Arbeit der Kommission zu tun, sondern allein mit der positiven wirtschaftlichen Entwicklung in der EU." Gleichzeitig will die Kommission eine Wiederholung der Situation vermeiden. Deshalb plant sie Regeln, damit Banken ausreichend Vorsorge betreiben. Das soll aber nur für neuere Kredite gelten, die später als notleidend eingestuft wurden. Umstritten ist allerdings der Stichtag, ab dem Darlehen als neu eingestuft werden. Zudem liegen die EU-Länder über Kreuz, wie schnell faule Darlehen abgebaut werden sollen.

Italien bleibt im Fadenkreuz

Italien - dort sitzen die Banken auf einem im Vergleich mit anderen Ländern riesigen Berg an faulen Krediten - pocht etwa auf ein langsameres Tempo, Deutschland will hingegen schnelle Fortschritte. Auch die Europäische Zentralbank (EZB), die seit 2014 die größten Banken in der Euro-Zone direkt beaufsichtigt, drängt die Banken zu mehr Aktivität. Daniele Nouy, die oberste EZB-Bankenaufsehern, traf sich deshalb am Mittwoch in Mailand mit Vertretern des italienischen Bankgewerbes. Wie es von zwei mit den Gesprächen vertrauen Personen am Donnerstag hieß, habe sich Nouy "unflexibel" gezeigt.

Spanische Ein-Euro-Münze unter dem EU-Rettungsschirm
Braucht auch Italien - wie vorher Spanien und andere - womöglich einen Rettungsschirm? Bild: picture alliance/Bildagentur-online/Ohde

Die EZB steht in Italien seit Monaten wegen ihrer Haltung in der Kritik. Die Notenbank hatte ursprünglich Anfang des Jahres neue Regeln für den Umgang mit faulen Krediten in Kraft setzen wollen. Geplant war, dass Banken ab Januar alle Darlehen, die neu als ausfallgefährdet eingestuft werden, dann schrittweise vollständig über Rückstellungen abdecken müssen. Insbesondere in Italien hatte das lautstarke Kritik ausgelöst, weil befürchtet wird, dass heimische Geldhäuser zu stark belastet werden und dann weniger neue Darlehen ausreichen könnten - mit negativen Folgen für die Konjunktur.

Mitte Dezember hatte die EZB dann erklärt, die Einführung der geplanten Regeln werde sich um einige Monate verzögern. In Italien war die Reaktion auf den Vorstoß der Aufseher so heftig, weil Banken und Politik befürchtet hatten, dass die neuen Vorgaben auch auf alte Kredite angewendet werden sollen, was zu enormen Zusatzbelastungen der Geldhäuser führen würde.

hb/tko (rtr,dpa)