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Menschen fliehen

23. Februar 2011

EU-Länder schicken Militär- und Zivilflugzeuge, um Ausländer aus Libyen zu evakuieren. Vor allem Asiaten bleiben zurück. Am Flughafen herrscht Chaos. Viele Staaten holen ihre Bürger mit Fähren ab.

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Ein Portugiese wird nach seiner Rückkehr aus Tripolis umarmt (Foto: AP/dapd)
Erleichterung nach der AusreiseBild: AP

Nachdem bereits am Dienstag zahlreiche Militär- und Zivilflugzeuge aus EU-Ländern Menschen aus Tripolis abgeholt hatten, nahmen die internationalen Evakuierungsbemühungen am Mittwoch weiter zu. Reisende berichteten von chaotischen Zuständen im Lande und am Flughafen von Tripolis, der mit Reisenden überfüllt sei.

Ein Ägypter ist auf dem Landweg geflohen (Foto: AP)
Ägypter und Tunesier fliehen oft nur mit ihren HabseligkeitenBild: AP

Während die meisten EU-Länder bereits bis Dienstag (22.02.2011) Bürger aus Libyen evakuieren konnten, stehen vor allem die asiatischen Staaten noch vor einer Mammutaufgabe. Laut EU-Kommission befinden sich noch rund 10.000 EU-Bürger in Libyen. Die Kommission bereite sich darauf vor, sie außer Landes zu bringen, sagte ein Sprecher.

Asiatische Staaten trafen Vorbereitungen, um insgesamt 100.000 Arbeiter in ihre Heimatländer zurückzuholen. Etwa 60.000 Arbeiter in Libyen stammen aus Bangladesch, 33.000 aus China, 30.000 von den Philippinen, 23.000 aus Thailand und 18.000 aus Indien. Die meisten von ihnen sind schlecht qualifizierte und niedrig bezahlte Arbeitskräfte im Bausektor, in der Autoproduktion oder im Gesundheitsbereich. Diese können daher in der Regel keine hohen Reisekosten zahlen.

Tunesien steht mit etwa 100.000 Bürgern, die in Libyen arbeiten, zwar auch vor einer schwierigen Aufgabe, jedoch fällt es dem Maghreb-Staat aufgrund der Nähe zu Libyen leichter, seine Bürger auf dem Landweg zu evakuieren. Die Sprecherin des Flüchtlingshilfswerks UNHCR, Sybella Wilkes erklärte, dass seit Montag tausende von Flüchtlingen die libysch-tunesische Grenze überschritten hätten. Die meisten hätten nichts außer ihren Kleidern bei sich und exakte Zahlen lägen nicht vor. Das Gros dieser Flüchtlinge seien Tunesier.

Hunderte türkischer Arbeiter warten auf das Schiff (Foto: AP/dapd)
Warten auf die EvakuierungBild: dapd

Asiatische Staaten auf Hilfe angewiesen

Alle asiatischen Regierungen haben erklärt, sie würden die Lage in Libyen beobachten oder bereits an Plänen für die Evakuierung ihrer Bürger arbeiten. Der indische Außenminister Nirupama Rao erklärte, ein Fährschiff stünde im Roten Meer bereit, um Flüchtlinge aufzunehmen.

China hat ein Zivilflugzeug nach Tripolis geschickt und weitere Flüge angekündigt. Zudem sollen verschiedene Handels- und Fischereischiffe libysche Häfen anlaufen, um eigene Staatsbürger abzuholen. Zudem hat China vier griechische Fähren gechartert, um jeweils 1500 Menschen aus Bengasi abzuholen. Auch Evakuierungen per Bus nach Ägypten sind bereits im Gange. Die ersten 83 Chinesen waren auf dem Landweg dort am Dienstag angekommen. Zahlreiche Chinesen wurden bei den Unruhen verletzt. Mindestens fünfzehn werden im Krankenhaus behandelt. Die meisten Chinesen arbeiten auf Baustellen der Eisenbahn, der Telekom und in der Ölförderung.

Türkische Arbeiter auf dem Weg zum Hafen von Bengasi (Foto: AP/dapd)
Die Türkei hat bereits einen Großteil ihrer Bürger herausgeholtBild: dapd

Die Philippinen planen keine eigenen Flugzeuge zu entsenden, bieten aber Unterstützung beim Kauf von Flugtickets für ihre Bürger an. Thailand plant, seine Bürger auf dem Landweg und auf Passagierfähren anderer Staaten aus Libyen zu bringen. Mehrere asiatische und afrikanische Staaten und ein europäisches Land haben die Internationale Organisation für Migration (IOM) um Hilfe bei der Evakuierung gebeten. Darunter auch Sri Lanka, das noch etwa 1200 Bürger in Libyen hat. IOM-Sprecherin Jemini Pandya erklärte, die Organisation bemühe sich, diejenigen unterzubringen, die in Tunesien und Ägypten auf dem Landweg eintreffen.

Alleine Nepal bemüht sich um die Evakuierung von 3000 Menschen auf dem Landweg nach Ägypten. Südkorea hat seine 1400 Staatsangehörigen bis auf weiteres aufgerufen, sich zuhause zu verschanzen. Zuvor hatten Demonstranten Südkoreanische Baustellen gestürmt und verwüstet. Auch Indonesien hat noch 875 Bürger in Libyen und Malaysia 190.

Ein Mann wartet am Nikola Tesla Flughafen von Belgrad auf einen Flieger aus Tripolis (Foto: AP/dapd)
Auch Serbien hat drei Flugzeuge geschicktBild: dapd

Militärflüge europäischer Staaten

Bislang haben allerdings vor allem die europäischen Staaten, die Türkei und die U.S.A. Menschen evakuiert. Bereits am Dienstag hatten Österreich, Deutschland, Frankreich, Griechenland, Portugal, die Niederlande, Irland, Russland und die Ukraine Zivilflugzeuge und Militärmaschinen nach Tripolis geschickt und dort eigene Staatsbürger abgeholt.

Am Mittwoch führten die meisten Staaten weitere Flüge durch, darunter auch Spanien. Bulgarien entsandte eine Maschine und holte 200 Bürger, verschiedener südosteuropäischer Staaten, ab. Bulgariens Außenminister Nikola Mladenow, erklärte jedoch, dass die größte Herausforderung darin bestehe, Menschen aus den inneren Landesteilen zu evakuieren. Etwa 1500 Bulgaren arbeiten in Libyen, vor allem im Bausektor und in Krankenhäusern.

Die britische Fregatte HMS Cumberland ist auf dem Weg nach Libyen, um die Evakuierung zu unterstützen (Foto: Ministry of Defence, ho/AP/dapd)
Großbritannien schickt eine FregatteBild: dapd

Türkei und U.S.A. schicken Schiffe

Zahlreiche europäische Staaten sandten auch Schiffe und Schnellboote. Die U.S.A. charterten zwei maltesische Motorkatamaran-Fähren. Russland und die Türkei schickten ebenfalls Fähren nach Libyen. Russland muss über 1200 Menschen evakuieren und die Türkei holte bereits etwa 3000 Menschen auf zwei Fähren, die von einer Fregatte begleitet werden, ab. Außenministers Ahmet Davutoglu erklärte, in 72 Stunden habe die Türkei fast 5000 von insgesamt 25.000 türkischen Staatsbürgern aus Libyen herausgeholt.

Unterdessen schätzte der italienische Außenminister Franco Frattini, dass nach den Unruhen in Libyen bis zu 300.000 libysche Flüchtlinge versuchen könnten, in die EU zu gelangen, vor allem auf dem Seeweg über Italien.

Autor: Fabian Schmidt (dpa, AP, AFP, Reuter, epd)
Redaktion: Gero Rueter