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Neue Lady-Power für Europa?

Kay-Alexander Scholz9. Oktober 2014

Beim Antrittsbesuch der polnischen Ministerpräsidentin in Berlin ging es gleich zur Sache. Da bilateral alles in bester Ordnung ist, wendeten sich Angela Merkel und Ewa Kopacz beherzt den europäischen Fragen zu.

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Merkel schubst Kopacz freundschaftlich vor dem Kanzleramt in Berlin (Foto: dpa)
Neben der Klärung politischer Fragen blieb auch noch Zeit für SpäßchenBild: picture-alliance/dpa/B. von Jutrczenka

Die neuen Nachbarinnen vermittelten den Eindruck, dass ihr erstes offizielles Arbeitstreffen ein sehr gelungenes war. "Die Chemie stimmt, davon können sie ausgehen", sagte Kanzlerin Angela Merkel bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit der polnischen Ministerpräsidentin Ewa Kopacz in Berlin. "Sie sehen uns hier sehr entspannt." Und tatsächlich vermittelte sich den Anwesenden der Eindruck, dass sich die beiden, als Pragmatikerinnen bekannten Politikerinnen gut verstehen. Passend dazu beschrieb Kopacz das Gespräch als "kurz aber sehr inhaltsbezogen".

Beide bezeichneten die bilateralen Beziehungen als "sehr gut". Merkel und Kopacz sagten, baldmöglichst die gemeinsamen Regierungskonsultationen nachholen zu wollen. Diese waren aufgrund der Regierungsumbildung in Warschau verschoben worden. Der bisherige polnischer Ministerpräsident Donald Tusk soll im Dezember Präsident des Europäischen Rates werden. Kopacz ist quasi für ihn nachgerückt und so erst seit kurzer Zeit im Amt. Ihr Besuch bei Merkel war Teil ihrer ersten Auslandsreise nach Brüssel, Berlin und Paris.

Kopacz stellt Ukraine EU-Beitritt in Aussicht

Die 57-jährige, sehr resolut auftretende Regierungschefin nutzte ihren Auftritt in Berlin, um ein klares Signal ins polnische Nachbarland Ukraine zu senden, in dem noch im Herbst Parlamentswahlen stattfinden sollen. Polen werde sich dafür einsetzen, dass die Ukraine "volles Mitglied der EU wird". Eine anwesende ukrainische Journalistin fragte später nach, ob sie dies richtig gehört habe. Eine polnische Kollegin bestätigte die deutliche Ansage.

Merkel und Kopacz schreiten die Ehrengarde ab (Foto: AFP/Getty Images)
Die Chemie zwischen Merkel und Kopacz scheint zu stimmenBild: Odd Andersen/AFP/Getty Images

Kopacz versprach aber auch Hilfe bei wirtschaftlichen Reformen und beim Aufbau einer lokalen Verwaltung, also bei einem Prozess, den Polen selbst nach dem Fall des Eisernen Vorhangs zu bewältigen hatte.

Merkel dagegen blickte weniger in die Zukunft, sondern äußerte sich besorgt über die Gegenwart. Der Waffenstillstand in dem Krisenland sei "nach wie vor brüchig". Doch von einer Waffenruhe sei eine deutsche Beteiligung an einer OSZE-Überwachungsmission im Osten des Landes abhängig - neue Sanktionen gegenüber Russland erwähnte Merkel nicht.

Oberste Priorität in der Ukraine-Krise habe für sie, dass die EU einstimmig agiere, betonte Kopacz, und richtete den Blick auf den Europa-Rat in der übernächsten Woche.

Knackpunkt Klimaschutz soll gelöst werden

Die EU-Staats- und Regierungschefs wollen bei ihrem Treffen in Brüssel auch die gemeinsamen Klimaschutzziele bis 2030 beschließen. Kopacz hatte mit einem polnischen Veto gedroht, sollten sich dadurch höhere Strompreise für die Verbraucher in Polen ergeben. Eine Lösung dieses Streits werde es erst nach dem Gipfel geben, sagte Kopacz. Merkel zeigte Verständnis für die Sorge um einen konstanten Strompreis. Sie verwies aber gleichzeitig auf die stark gesunkenen CO2-Zertifikatpreise, also den gesunkenen Großhandelspreis für Strom. Man wolle nun "gemeinsam gucken, wie man eine Lösung finden kann", bot Merkel an.

"Verhalten optimistisch" sei sie bei der Frage der Sicherstellung mit russischem Gas für diesen Winter, so Merkel. Der deutsche Noch-EU-Energiekommissar Günther Oettinger arbeite intensiv an einer Lösung.

Neue polnische Premierministerin Ewa Kopacz beim Amtseid 22.09.2014 Foto: Reuters/Slawomir (Kaminski/Agencja Gazeta".)
Ewa Kopacz bei ihrem Amtseid vor zwei WochenBild: Reuters/Slawomir Kaminski/Agencja Gazeta

Hürden für Euro-Einführung

Zum möglichen Beitritt Polens in die Euro-Zone, den "wir natürlich möchten", nannte Kopacz zwei realpolitisch geprägte Bedingungen. Die polnische Wirtschaft müsse in einem guten Zustand sein, um "ein zusätzlicher Wert für die Eurozone" sein zu können. Darum werde sie sich kümmern, so Kopacz. Zweitens müsse aber auch die Eurozone "sicher und in guter Lage" sein, "damit die Polen sagen, das ist eine gute Entscheidung".

Merkel wertete die Aussage als unterschiedslos zur vorangegangenen Politik. "Ich sehe eine Kontinuität in der polnischen Politik." Wann immer ein Land die Bedingungen erfülle und den Wunsch äußere, in die Eurozone zu kommen, sei Deutschland dafür offen, so Merkel weiter.