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Ex-Regierungschef Tschernomyrdin gestorben

3. November 2010

Er war einer der einflussreichsten Politiker im postsowjetischen Russland. Sechs Jahre führte er die Regierungsgeschäfte unter Präsident Jelzin. Am Mittwoch im Alter von 72 Jahren ist Viktor Tschernomyrdin gestorben.

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Viktor Tschernomyrdin (Foto: AP)
Viktor TschernomyrdinBild: AP

Viktor Tschernomyrdin gehörte zu den führenden Politikern Russlands, bekleidete mehrere hochrangige Posten und wurde vor allem durch seine barschen Sprüche bekannt.

Steile Karriere


Er wurde 1938 im Dorf Tschornyi Ostrog in der Region Orenburg an der Grenze zu Kasachstan geboren. Nachdem er die Schule abgeschlossen hatte, arbeitete er als Schlosser in einem Erdölverarbeitungswerk. 1972 absolvierte er ein Studium der Ingenieur- und Wirtschaftswissenschaften. Schon zu Sowjetzeiten wurde er zum Minister für die Gasindustrie ernannt. Später, Ende der 80er-Jahre, wurde er zum ersten Vorstandsvorsitzenden des staatlichen Energiekonzerns Gazprom gewählt. Diesen Posten führte er bis zu seiner Ernennung zum Regierungschef 1992 aus.

Ein Pragmatiker


Viktor Tschernomyrdin als russischer Botschafter in der Ukraine (Foto: RIA Novosti)
Tschernomyrdin als russischer Botschafter in der UkraineBild: RIA Novosti

Im Dezember 1992 ernannte Boris Jelzin, der damalige Präsident, Tschernomyrdin zum Nachfolger des Radikalreformers Jegor Gaidar. Damals durchlief Russland eine turbulente Zeit, in der die Superinflation die Gesellschaft lähmte. Zuerst mehrten sich kritische Stimmen gegen die Ernennung Tschernomyrdins. Sie befürchteten, dass Russland vom liberalen Kurs abweichen und durch den neuen Regierungschef zum Stillstand kommen würde. Die Kritiker hatten sich umsonst Sorgen gemacht: Denn der Neue erkannte schnell die Zeichen der Zeit und widersprach der Jelzin-Richtung nicht. Dafür wurde er in der Bevölkerung für seine blumigen Sprüche bekannt: "Wir wollten es besser machen, aber letztlich kam immer das Gleiche heraus", kommentierte er 1993 seine Wirtschaftsreformen.

1998 warf ihm Jelzin Fehlentscheidungen vor und entließ ihn aus dem Amt. Doch an einem vollständigen Rückzug aus der Politik dachte Tschernomyrdin lange nicht. Er wurde unter anderem Sonderbeauftragter für den Balkan, 1999 sogar kurzzeitig erneut Chef von Gazprom, zwischen 2001 und 2009 war er Botschafter in der Ukraine. Vor seinem Tod war er noch in der Regierung Medwedews als Berater für die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit den GUS-Staaten tätig.

Viele Würdigungen

Viktor Tschernomyrdin und Wladimir Putin anlässlich des 70. Geburtstags Tschernomyrdins (Foto: dpa)
Tschernomyrdin und Wladimir Putin anlässlich des 70. Geburtstags TschernomyrdinsBild: picture-alliance/dpa

Er sei ein "außergewöhnlicher Mann aus bescheidenen Verhältnissen" gewesen, der "in einem sehr schweren Moment für Russland einen Schlüsselposten" erhalten habe, sagte der frühere Wirtschaftsminister Jewgeni Jasin dem Radiosender Moskauer Echo. Auch der Chef von Gazprom, Alexej Miller, würdigte auf der Internetseite des Unternehmens die Verdienste Tschernomyrdins. Ihm sei zu verdanken, dass der Konzern eines der führenden Energieunternehmen weltweit und Lokomotiv der russischen Wirtschaft sei.

Viktor Tschernomyrdin wird am Freitag auf dem Friedhof Nowodewitschi (Neu-Jungfrauen-Friedhof) beigesetzt. Dort ist auch seine Ehefrau begraben, die erst Anfang dieses Jahres verstarb.

Autor: Rayna Breuer (afpd, dpa, ifax)
Redaktion: Martin Schrader