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Systemwechsel?

7. August 2008

In Russland vollziehe sich der Umbau von einem Präsidialsystem in eine parlamentarische Republik. Das meint eine Expertin an der Akademie der Wissenschaften in Moskau.

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Bild: picture-alliance/dpa

Die formale Umverteilung der Machtbefugnisse in Russland seit der Präsidentenwahl im Frühjahr habe die Struktur der politischen Elite des Landes nicht verändert. In Russland herrsche nach wie vor die politische Elite, die Wladimir Putin geschaffen habe und noch immer steuere. Das sagt die Leiterin des Zentrums für Elite-Studien des Instituts für Soziologie der Russischen Akademie der Wissenschaften, Olga Kryschtanowskaja.

Änderung der Regierungsform

Sie rechnet damit, die Regierungsform in Russland werde sich ändern und vom heutigen präsidialen zu einem parlamentarischen System übergehen. Der Expertin zufolge sind Vermutungen, wonach sich zwischen Premierminister Putin und dem Präsidenten Dmitrij Medwedjew Interessenskonflikte aufbauten, völlig unbegründet. Medwedjew bleibe Putin untergeordnet, auch wenn er jetzt Präsident sei. "Medwedjew verfügt bislang über kein eigenes starkes Team", so Kryschtanowskaja. Ihr zufolge ist Medwedjew dafür in Putins Team eingebunden. Ohne eine eigene Basis, Stütze, ohne eigene Leute könne er keine ernsthaften Reformen gegen den Willen seines Freundes und Beraters Putin anpacken.

Putins Wechsel vom Präsidentenamt zum Posten des Premiers bedeute nicht, dass er sich zurückziehe, erläutert Kryschtanowskaja. Im Kreml arbeite man an einem fließenden Übergang zu einem anderen politischen System. Um die präsidiale Republik in eine parlamentarische zu verwandeln, brauche man nicht einmal die Verfassung zu ändern, so die Expertin. Schließlich sei Putin der Vorsitzende der Regierungspartei. Außerdem müsse nur das Amt des Premierministers gestärkt werden, um zu einer parlamentarischen Republik zu kommen. Real habe schon heute Premier Putin die Macht über das Außen- und Verteidigungsministerium, betont Kryschtanowskaja.

Kleine Gesetzesänderungen genügen

Um endgültig zu einer parlamentarischen Republik überzugehen, müsse nicht mehr viel getan werden. Geändert werden müsste nur das Gesetz über die Regierung, so dass der Premier nicht mehr vom Präsidenten, sondern von der Regierungspartei selbst bestimmt werden kann, so Kryschtanowskaja. "So viel mir bekannt ist, werden derzeit entsprechende Änderungen vorbereitet, die eine Absetzung des Regierungschefs erschweren würden", behauptet die Expertin.

Jegor Winogradow