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EZB setzt Leitzinserhöhung fort

15. Dezember 2022

Die Inflation im Euroraum hält sich hartnäckig auf hohem Niveau. Die Europäische Zentralbank stemmt sich mit einer weiteren Zinserhöhung dagegen. Und die Notenbank stellt weitere Weichen.

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Frankfurt am Main | Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB), Christine Lagarde
Christine Lagarde erläutert die geldpolitischen Entscheidungen des EZB-Rates in Frankfurt auf einer PressekonferenzBild: Arne Dedert/dpa/picture alliance

Die Europäische Zentralbank (EZB) drosselt im Kampf gegen die hohe Inflation ihr Zinserhöhungstempo etwas. Die Währungshüter um EZB-Chefin Christine Lagarde beschlossen am Donnerstag, den Leitzins um einen halben Prozentpunkt zu erhöhen - auf nunmehr 2,50 Prozent. Noch im Oktober und September hatten sie die Zinsen in Jumbo-Schritten um jeweils 0,75 Prozentpunkte nach oben gesetzt. Das teilte die Notenbank am Donnerstag in Frankfurt nach einer Sitzung des EZB-Rates mit.

Außerdem will die Zentralbank ihre Anleihenbestände von März 2023 an schrittweise zurückfahren. Gelder aus auslaufenden Wertpapieren ihres billionenschweren allgemeinen Kaufprogramms APP werden ab dann somit nicht mehr in vollem Umfang in den Kauf neuer Anleihen gesteckt.  Bis zum Ende des zweiten Quartals 2023 sollen die Bestände monatlich im Durchschnitt um 15 Milliarden Euro verringert werden.

Die Währungshüter hatten angesichts der lange Zeit gefährlich niedrigen Inflation im März 2015 in großem Stil mit dem Kauf von Staatsanleihen und anderen Wertpapieren begonnen. Die EZB sorgte sich vor einer gefährlichen Spirale aus Preissenkungen auf breiter Front und damit einhergehend einer schrumpfenden Wirtschaft.

Frankfurt am Main | Die Europäische Zentralbank EZB
Haus des Geldes: Das EZB-Hauptquartier in Frankfurt am MainBild: Boris Roessler/dpa/picture alliance

Schrumpfende Wirtschaftskraft

Die Konjunktur im Euroraum ist aus Sicht der EZB auf Rezessionskurs. Im aktuellen und im nächsten Quartal könnte die Wirtschaft schrumpfen, sagte EZB-Chefin Christine Lagarde nach dem Zinsbeschluss. Ursächlich hierfür seien die Energiekrise, die große Unsicherheit, die globale Wirtschaftsflaute sowie verschärfte Finanzierungsbedingungen. Laut den jüngsten Projektionen der Experten der Europäischen Zentralbank dürfte eine Rezession jedoch relativ kurz und milde sein. Das Wachstum im kommenden Jahr dürfte sich dennoch verhalten entwickeln.

Auch EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni hat für den Winter eine Rezession im Euroraum vorhergesagt. Er geht davon aus, dass die Wirtschaft nicht vor dem Frühjahr in die Wachstumsspur zurückkehren wird. Laut Projektion der EU-Kommission dürfte das Bruttoinlandsprodukt im Währungsgebiet im nächsten Jahr nur noch um 0,3 Prozent steigen. Im Sommerquartal hatte BIP noch um 0,3 Prozent zugelegt.

Die Notenbank-Volkswirte erwarten für dieses Jahr ein Wirtschaftswachstum in der Euro-Zone von 3,4 Prozent. Im September hatten sie 3,1 Prozent vorhergesagt. Für 2023 gehen sie von einem Anstieg der Wirtschaftsleistung um 0,5 (September-Prognose: 0,9) Prozent aus und für 2024 von unverändert 1,9 Prozent. 2025 rechnen sie mit einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 1,8 Prozent.

Kampf der Inflation

Die europäischen Währungshüter folgen dem Beispiel anderer Notenbanken in Europa, die ebenfalls durch eine Zinsanhebung der zu hohen Inflation entgegenwirken wollen. Auch die britische Notenbank hebt den Leitzins um 0,5 Prozentpunkte auf 3,5 Prozent. Es ist die neunte Zinserhöhung seit Ende vergangenen Jahres, damals lag der Leitzins noch knapp über der Nulllinie.

Wie auch andere Notenbanken befindet sich die Bank of England allerdings zunehmend in einem Dilemma: Auf der einen Seite will sie mit ihrer strafferen Geldpolitik gegen die hohe Teuerung von zuletzt 10,7 Prozent angehen. Auf der anderen Seite steckt die britische

Die SNB folgt der Fed

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) stellt nach der dritten Leitzinsanhebung in Folge ebenfalls weitere Erhöhungen in Aussicht. "Die Inflation ist seit August etwas zurückgegangen", sagte SNB-Präsident Thomas Jordan am Donnerstag. "Diese Entwicklung ist zwar erfreulich; für eine Entwarnung ist es jedoch zu früh." Der zugrundeliegende Inflationsdruck habe unter anderem wegen der hohen Inflation im Ausland weiter zugenommen und es bestehe die Gefahr, dass die Teuerung in der Schweiz mittelfristig erhöht bleibt. "Es ist nicht auszuschließen, dass weitere Zinserhöhungen nötig sein werden, um die Preisstabilität zu gewährleisten", sagte Jordan.

Zuvor hatte die SNB den Leitzins um 0,5 Prozentpunkte auf 1,0 Prozent angehoben - das höchste Niveau seit der globalen Finanzkrise im Jahr 2008. Die Schweizer Währungshüter waren damit weniger forsch als zuletzt im September, als sie sich mit einem Rekord-Zinsschritt 0,75 Prozentpunkten von den Negativzinsen verabschiedet hatten. Mit ihrem Vorgehen und ihrer Einschätzung zur Inflation sind sie nicht alleine: Auch die US-Notenbank Fed hatte am Mittwoch ihr  Zinserhöhungstempo gedrosselt, sieht sich im Kampf gegen die Inflation aber noch längst nicht am Ziel.

dk/hb (dpa, rtr)