1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Fünf Jahre Haft für früheren SS-Wachmann

17. Juni 2016

Im Detmolder Auschwitz-Prozess wurde das Urteil verkündet. Fünf Jahre muss der ehemalige KZ-Wachmann Reinhold Hanning ins Gefängnis. Mit diesem Urteil ging eines der letzten Verfahren gegen überlebende NS-Täter zu Ende.

https://p.dw.com/p/1J8jy
Der angeklagte Reinhold Hanning zwischen seinen Anwälten (Foto: AP)
Der angeklagte frühere SS-Wachmann zwischen seinen AnwältenBild: picture alliance/AP Photo/B. Thissen

"Sie waren knapp zweieinhalb Jahre in Auschwitz und haben damit den Massenmord befördert", sagte Richterin Anke Grudda zu Beginn der Urteilsbegründung. Das Landgericht in Detmold sprach den 94-Jährigen Reinhold Hanning der Beihilfe zum Mord in mindestens 170.000 Fällen schuldig. Hanning sei bewusst gewesen, "dass in Auschwitz tagtäglich unschuldige Menschen in Gaskammern ermordet wurden", so die Richterin.

Ursprünglich hatte die Staatsanwaltschaft eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren gefordert. Sie sah es als erwiesen an, dass der früheren Wachmann des Vernichtungslagers mit seinem Einsatz zum Funktionieren der Mordmaschinerie in Auschwitz beigetragen hat. Hanning war von 1943 bis 1944 in Auschwitz eingesetzt. Er hatte im Prozess zugegeben, Mitglied der SS-Wachmannschaft des Vernichtungslagers der Nationalsozialisten gewesen zu sein und vom Massenmord gewusst zu haben.

Keine direkte Beteiligung an Massenmord

Die Verteidigung hat Freispruch gefordert. In der Verhandlung sind nach ihrer Ansicht keine Beweise für die direkte Beteiligung Hannings an den Morden vorgelegt worden. Er habe zu keinem Zeitpunkt Menschen getötet oder dabei geholfen.

Hanning hatte den Prozess weitgehend regungslos verfolgt. Er betonte, dass er sich gegen den Einsatz als Wachmann nicht habe wehren können. Auch bestritt er eine Beteiligung an den Morden. Überlebende Auschwitz-Häftlinge hatten ihn vergeblich zu einer umfassenden Aussage aufgefordert. In einer persönlichen Erklärung hatte Hanning lediglich gesagt, er bereue zutiefst, "einer verbrecherischen Organisation angehört zu haben". Er bat die Holocaust-Überlebenden und Angehörigen der Opfer um Entschuldigung.

Wenige NS-Täter sind verhandlungsfähig

In Auschwitz waren während des Zweiten Weltkriegs mindestens 1,1 Millionen Menschen ermordet worden. Im Prozess hatten mehrere Überlebende von den Gräueltaten im Lager berichtet. Vor einem Jahr war bereits der "Buchhalter von Auschwitz", Oskar Gröning, am Landgericht Lüneburg wegen Beihilfe zu vier Jahren Haft verurteilt worden. Das Urteil gegen Gröning ist noch nicht rechtskräftig. Der Bundesgerichtshof muss noch über die Revision entscheiden.

Das Verfahren gegen den 94-jährigen Reinhold Hanning vor dem Landgericht Detmold gilt als einer der letzten großen NS-Prozesse in Deutschland. Ob es der letzte ist, ist aber fraglich. Mehrere Gerichte sind mit ähnlichen Verfahren befasst, die hochbetagten Angeklagten jedoch erkrankt.

pab/se (afp, dpa)