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Fünf-Jahres-Tief

Thomas Kirschning19. September 2002

Die Talfahrt an den deutschen Aktienmärkten hält angesichts schwacher Konjunkturaussichten und trüber Unternehmensprognosen weiter an. Der Dax testete am Mittwoch (18.9.02) den tiefsten Stand seit mehr als fünf Jahren.

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Bild: AP

Ein Vergleich mit den Werten des Börsenboom-Jahres 2000 zeigt: Seit dem 18. September 2000 hat sich der DAX-Stand mehr als halbiert.

"Das Umfeld ist derzeit nicht gut", sagten Aktienhändler. Es bleibe die politische Unsicherheit in der Irak-Frage und die Sorge vor einem Abgleiten der Konjunktur: Der wirtschaftliche Aufschwung lasse weiter auf sich warten. "Die Konjunktur in Deutschland hat sich noch nicht durchgreifend erholt", heißt es etwa in einer am Mittwoch verbreiteten Analyse des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW). In diesem Jahr sei lediglich mit einem Wirtschaftswachstum von 0,4 Prozent zu rechnen.

Wiederaufkeimende Ängste vor einem erneuten Abgleiten auch der US-Wirtschaft in eine Rezession und schlechte Nachrichten aus dem Unternehmenssektor haben nach Händlerangaben am Mittwoch die Aktienkurse weltweit einbrechen lassen. Gleichzeitig zog der Ölpreis wieder an, nachdem die US-Regierung ihre Forderung nach einer
Ablösung des irakischen Regierungschefs Saddam Hussein bekräftigt hatte.

Das Chartbild des Dax sehe mittlerweile sehr kritisch aus, hieß es, es gebe keine sinnvollen Unterstützungslinien mehr und die Abwärtsdynamik sei beachtlich. Vor dem Hintergrund des dreifachen Verfalls an der Terminbörse Eurex am Freitag sei eventuell auch die Marke von 3000 Punkten nicht mehr zu halten.

Der Dax schloss über fünf Prozent oder 166 Punkte niedriger mit 3124. Damit hat Deutschlands wichtigstes Kursbarometer den tiefsten Stand seit Februar 1997 unterschritten. Allein seit Mitte März dieses Jahres hat der Dax deutlich über 40 Prozent verloren. Dabei haben die Dax-Unternehmen zusammen fast 320 Milliarden Euro ihrer Marktkapitalisierung eingebüßt, was in etwa dem Bruttoinlandsprodukt Polens entspricht.

Am Neuen Markt gab der Blue-Chip-Index Nemax 50 3,3 Prozent oder 14 Punkte auf ein Rekordtief von 405 nach. Unter Abgabedruck standen am Frankfurter Aktienmarkt erneut die Aktien der Banken. Händler verwiesen auf eine schwache Prognose der Investmentbank J.P. Morgan Chase, die für das dritte Quartal ein schwächeres Ergebnis als im Vorquartal erwartet.

Wenig besser erging es den Versicherungsaktien. Die Papiere der Münchener Rück verloren fast neuneinhalb Prozent. Auch Allianz-Titel setzten mit minus 4,9 Prozent ihre Talfahrt fort.

Deutlich im Minus lagen auch die Technologiewerte. Siemens-Aktien verloren sieben Prozent. Epcos-Titel stürzten sogar 9,2 Prozent ab. Der Softwarehersteller SAP büßte zwei Prozent ein. In den USA hatte der Softwarehersteller Oracle am Vorabend nach Börsenschluss mitgeteilt, im abgelaufenen Quartal einen deutlichen Gewinn- und Umsatzrückgang verbucht zu haben. Wenig Besserung sieht Oracle für
das laufende Quartal. Die Oracle-Prognose sei ein weiteres
Mosaiksteinchen in der Annahme, dass SAP wahrscheinlich nicht die Umsatzziele für das Gesamtjahr erreichen werde, sagten Fondsmanager.

Die Technologiefirmen hätten zwar wichtige Restrukturierungen vorgenommen, die Nachfrage sei aber weiterhin sehr schwach.

Das Vertrauen der Aktionäre in die Fähigkeiten deutscher
Spitzenmanager ist nach einer Umfrage im Auftrag des "Manager Magazins" deutlich gesunken. Fast die komplette Führungsriege der deutschen Unternehmer habe bei der Einschätzung von Privatanlegern, ob sie den Aktienkurs ihres Konzerns nachhaltig steigern können, Einbußen verbucht, beschrieb das Wirtschaftsmagazin am Mittwoch das Ergebnis der Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Emnid.

Allianz-Chef Hennig Schulte-Noelle verbuchte dabei nach der Fusion seines Konzerns mit der defizitären Dresdner Bank den größten Vertrauensverlust. Nur noch 43 Prozent der befragten Privataktionäre trauen dem Manager demnach eine nachhaltige Steigerung des Aktienkurses zu. Vor drei Monaten waren es noch 58 Prozent gewesen.

Als einziger Spitzenmanager habe sich Jürgen Schrempp,
Vorstandsvorsitzender des Autobauers DaimlerChrysler, gegen den Trend behauptet und fünf Prozentpunkte zugelegt, hieß es weiter. Für den fähigsten Manager halten die Aktionäre weiter BMW-Chef Helmut Panke, vor Porsche-Vorstandschef Wendelin Wiedeking, Schrempp und
VW-Chef Bernd Pischetsrieder. In den hinteren Reihen rangieren Infineon-Chef Ulrich Schumacher und der neue Vorstandsvorsitzende der Deutschen Telekom, Helmut Sihler.

Die Durchschnittsrendite gab neun Basistellen auf 4,12 Prozent ab.

Die Schlusskurse im Dax wie immer ohne Gewähr:

adidas-Salomon 69,10 (- 0,75)
Allianz 89,90 (- 4,60)
BASF 38,67 (- 1,32)
Bayer 20,60 (- 1,46)
HypoVereinsbank 17,20 (- 1,70)
BMW 34,03 (- 1,43)
Commerzbank 8,98 (- 0,37)
DaimlerChrysler 38,31 (- 2,49)
Degussa 27,71 (- 0,10)
Deutsche Bank 56,13 (- 3,01)
Deutsche Post 9,70 (- 0,26)
Deutsche Telekom 9,97 (- 0,21)
E.ON AG 47,75 (- 2,57)
EPCOS 9,92 (- 1,01)
Fresenius Med. Care 21,65 (- 1,40)
Henkel 64,10 (- 4,20)
Infineon Techno 7,90 (- 0,52)
Linde 38,56 (- 1,54)
Lufthansa 10,84 (- 0,44)
MAN 16,27 (- 2,06)
Metro 20,55 (- 1,38)
MLP 10,91 (- 0,61)
Münchener Rück 136,80 (- 14,20)
TUI AG 18,05 (- 0,61)
RWE 32,01 (- 1,37)
SAP 56,79 (- 1,21)
Schering 52,91 (- 0,75)
Siemens 38,47 (- 2,90)
ThyssenKrupp 12,12 (- 0,43)
VW 41,40 (- 1,69)

Auswählte Devisennotierungen aufgrund der Referenzkurse der Europäischen Zentralbank - danach kostete eine Euro

US-Dollar 0,9725
Brit. Pfund 0,6316
Schw. Franken 1,4690
Japan. Yen 118,50