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FabLab: Zusammen tüftelt man weniger allein

Matilda Jordanova-Duda
4. August 2019

In einem FabLab darf jeder - auch ein Laie - sein Projekt mit moderner Technik realisieren. Die Hightech-Minifabriken sind meist an Hochschulen und Forschungsinstituten angesiedelt. Herstellen lässt sich fast alles.

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Deutschland FabLab Siegen
Bild: FabLab Siegen

Es ist keine Stradivari, dafür kann man sie getrost fallen lassen. Die Geige aus Kunststoff hält das aus. Spielen kann man darauf trotzdem, auch wenn am Plastik-Instrument nur die Saiten konventionell sind. Es wurde auf einem 3D-Drucker im Siegener FabLab gefertigt. Der emeritierte Professor Werner Fröhlich, Mathematiker und Musikliebhaber, holte sich für die Geige eine frei verfügbare Vorlage aus dem Internet und experimentierte mit Hilfe des FabLab-Teams monatelang, um den Klang zu verbessern. 

Mehrere Hundert Personen kommen monatlich in die Kreativ-Werkstatt der Uni Siegen, um gratis mit 3D-Druckern, CNC-Fräsen und Lasercuttern zu arbeiten, aber auch mit bodenständigem Werkzeug wie einer alten Nähmaschine. Etliche sind wie der ehemalige Professor Stammkunden.

Freitags steht die Werkstattjedem Interessierten offen, der nach vorheriger Einweisung experimentieren und produzieren will. In der übrigen Zeit kommen Studierende verschiedener Fachrichtungen und Mitarbeiter der Uni wie auch Schüler und Schülerinnen, Azubis, Gründer, Flüchtlinge oder Berufstätige für Führungen, Kurse und Workshops. Einige Veranstaltungen lassen sich auf das Studium anrechnen oder als Weiterbildung zertifizieren.

Deutschland FabLab Siegen
Im Siegener FabLab spielt Werner Fröhlich auf seiner neuen Geige.Bild: FabLab Siegen

Eng verwandt mit den Makerspaces

Die Idee der Fabrication Laboratories entstand 1998 am MIT: Internetpionier Neil Gershenfeld war überzeugt, dass man mithilfe eines Codes aus Einsen und Nullen und entsprechenden Geräten (fast) alles herstellen kann. Daraus ist ein internationales Netzwerk mit mehreren Hundert FabLabs weltweit entstanden. Das erste in Deutschland wurde 2009 an der RWTH Aachen eingerichtet.

Eng verwandt sind die Hochschul-Minifabriken aber auch mit den offenen Werkstätten, Hacker- und Makerspaces oder Innovation Hubs. Es ist eine große Bewegung des Reparierens, Upcycelns, Selbermachens und der Weitergabe von Wissen. Im deutschsprachigen Raum gibt es nach Angaben der Branchenmesse Maker-Faire insgesamt 250 solcher Orte.

Die Erstausstattung eines FabLabs kostet laut FabFoundation zwischen 30.000 und 100.000 Euro, dazu kommen monatliche Kosten. "Der Aufbau, Betrieb, die rechtliche sowie versicherungstechnische Ausgestaltung und das Finden tragfähiger Organisations-, Finanz- und Lehrmodelle ist immer noch absolutes Neuland", sagt Oliver Stickel, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für computergestützte Gruppenarbeit und soziale Medien der Uni Siegen und Leiter des dortigen FabLabs.

2013 ist es mit 70.000 Euro für Material und Maschinen sowie mit ehrenamtlichem Engagement an den Start gegangen. Zunächst wurde es nur für Forschungszwecke genutzt, um es nach und nach zu öffnen. Heute arbeitet die Werkstatt mit Schulen, Lehrstühlen und Weiterbildungsanbietern zu Themen der digitalen und verteilten Fabrikation zusammen. Es gebe zudem einen regen Wissensaustausch zwischen dem FabLab und diversen Mittelständlern aus der Region.

Frauen und Technik passen gut zusammen

Die Minifabrik wirbt inzwischen Fördermittel für Forschungsprojekte ein, hat zwei Vollzeitstellen geschaffen und die Ausstattung kontinuierlich erweitert. "Wir bekommen auch Geräte und Ausstattung als Spenden oder Dauerleihgaben aus der Forschung, aus der Community oder von Firmen", sagt der Lab-Leiter. Die Räume stellt die Stadt zur Verfügung.

Dennoch ist die Existenz nicht gesichert. An der Mischfinanzierung beteiligen sich neben der Uni und der Kommune die Sparkasse und weitere Partner. "Im Moment sind wir auch in Gesprächen mit potenziellen Partnern, unter anderem aus der Wirtschaft": Stickel hofft, dass sein FabLab zu einer festen Institution in regionaler Trägerschaft wird.

Deutschland FabLab TH Ostwestfalen-Lippe
Das FabLab in Ostwestfalen-LippeBild: FabLab TH OWL/L. Woehler

Auch am FabLab der TH Ostwestfalen-Lippe (OWL) treffen sich Fachleute und Laien. Von den mehr als 550 Nutzern sind etwas mehr als die Hälfte Frauen. Wie Denise Gutsche, die am 3D-Drucker einen Ersatzteil für ihren Eierkocher fertigt und ihre Tochter mit einem ausgefallenen Computergehäuse beschenken will. "Das Beste ist, dass wir hier zusammen mehr schaffen als alleine", zitiert das Campus-Magazin "Hochdruck" die Tüftlerin: Man bringe sich gegenseitig Dinge bei.

Der Anteil der Leute, die nicht von der Hochschule kommen, wächst nach Angaben des Leiters Matthias Meier stetig. "Wir sind kaum ein Jahr alt und der Zulauf hat uns sehr überrascht." Die auswärtigen Besucher seien anfangs bass erstaunt, dass sie die ganze Technik nicht nur anschauen, sondern selber rangehen dürfen.

Deutschland FabLab TH Ostwestfalen-Lippe
Hereinspaziert! Das FabLab-Team der TH Ostwestfalen-Lippe freut sich über Kreative, die bei ihnen arbeiten wollen.Bild: FabLab TH OWL/L. Woehler

Nutzer behalten die Rechte an ihren Ideen

Das FabLab mit seinen zwei Standorten in Lemgo und Detmold ist unter dem Dach des Instituts für Wissenschaftsdialog angesiedelt. "Die Idee des Teilens ist praktisch das Elementarteilchen der FabLab-Idee", so Prof. Hans Sachs, der den Standort Detmold leitet. Er sieht laut "Hochdruck" darin einen Gegenentwurf zur modernen Arbeitswelt, in der die meisten Menschen allein vor ihren Computern hockten. Schüler entwickelten im FabLab als Beitrag für den "Jugend forscht"-Wettbewerb einen Zauberwürfel, der sich selbst sortiert. Das Racing-Team der TH hat Bauteile seines Rennwagens aus Carbon und Glasfaser konstruiert. Studierende fertigen die Prototypen für ihre Projektarbeiten wie auch Startup-Gründer für ihr künftiges Produkt.

"Die Nutzer behalten natürlich sämtliche Rechte an ihren Ideen", betont Maschinenbauingenieur Meier. "Aber wer mit Hilfe unserer Maschinen und der FabLab-Gemeinde eine Idee zu einem Geschäftserfolg macht, erinnert sich vielleicht an die Unterstützung, die er bekommen hat", hofft er. Aktuell finanziert das Präsidium der Hochschule die Werkstatt. Meier wünscht sich, dass der Zugang kostenlos bleibt, denn Nutzerbeiträge würden die Hemmschwelle erhöhen. Spenden von Unternehmen und Privatpersonen wären jedoch willkommen.