1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

FairTrade

28. April 2010

Beim fairen Handel werden Bauern in Entwicklungsländern besser bezahlt als sonst. Erfüllen sie auch Umwelt- und Sozialstandards, erhalten Produkte das Fairtrade-Siegel. In Deutschland ein kleiner, aber wachsender Markt.

https://p.dw.com/p/N8PC
Ein kleines Symbol kennzeichnet fair gehandelte Waren
Ein Symbol kennzeichnet fair gehandelte WarenBild: picture alliance/dpa

Fast 270 Millionen Euro gaben Verbraucher in Deutschland im letzten Jahr für fair gehandelte Produkte aus. Das ist, inmitten der Wirtschaftskrise, ein Anstieg von 26 Prozent. Dieter Overath, Geschäftsführer von Transfair, dem deutschen Ableger des Fairtrade-Systems, sieht das als Beleg für ein sich änderndes Bewußtsein. "Wir haben sehr klar nachgewiesen, dass man über den Konsum eine bessere Welt herbeiführen kann. Nun gibt es ein besseres Angebot in mehr Läden, und die Verbraucher greifen zu".

Trotzdem sind fair gehandelte Produkte noch immer ein Nischenmarkt. Bei Süßwaren beträgt der Anteil am Gesamtmarkt weniger als ein Prozent, bei Kaffee eineinhalb Prozent. Auch verglichen mit anderen europäischen Ländern ist noch Luft für Entwicklung. In Deutschland gibt jeder Verbraucher pro Jahr nur 3,20 Euro für fair gehandelte Waren aus. In Großbritannien sind es 12 Euro pro Kopf, in der Schweiz sogar 23 Euro.

Teure Küchen, billiges Essen

Dieter Overath, Geschäftsführer von TransFair e.V
Dieter Overath, Geschäftsführer von TransFair e.VBild: picture-alliance/ ZB

Das liegt vor allem an der Art, wie die Deutschen einkaufen: möglichst billig beim Discounter. Im internationalen Vergleich seien die Preise für Lebensmittel in Deutschland am billigsten, hier geben die Menschen weltweit den geringsten Anteil ihres verfügbaren Einkommens für Lebensmittel aus, sagt Transfair-Geschäftsführer Overath. "Wir sind ein Land der teuren Küchen, in denen mit billigen Lebensmitteln gekocht wird".

Transfair versucht nun, große Supermarktketten und Discounter dazu zu bewegen, fair gehandelte Waren in ihre Regale aufzunehmen. Das funktioniert etwa mit Blumen aus Kenia und Tansania, die in den Läden großer Handelsketten verkauft werden. Blumen sind nach Kaffee inzwischen die zweitgrößte Produktkategorie von Fairtrade.

Weniger gut funktioniert es mit Bananen. Während in der Schweiz fast die Hälfte aller Bananen fair gehandelt sind, schaffen es Fairtrade-Bananen in Deutschland kaum in die Regale, weil hier ein harter Preiskampf herrscht.

Vom Eine-Welt-Laden zum Supermarkt

Grafik zur Preisentwicklung bei Kaffee 1992-2009
Mindestpreise und kleine Aufschläge bringen Kaffeebauern mehr Einkommen.

"Wir kommen natürlich aus der alternativen Handelsbewegung, also Eine-Welt-Läden und so weiter", sagt Rob Cameron, Chef der Dachorganisation Fairtrade Labelling Organisation (FLO). "Diese Läden sind sehr wichtig, denn dort sind unsere Wurzeln". Aber es sei nun mal eine Tatsache, dass der größte Teil des Handels über multinationale Konzerne läuft. "In dem wir mit ihnen zusammenarbeiten, sorgen wir für mehr Veränderung und für bessere Lebensbedingungen von noch mehr Menschen", so Cameron. In Deutschland werden fair gehandelte Waren zu je einem Drittel in Eine-Welt-Läden, Supermärkten und Discountern verkauft.

In England verarbeiten bereits große Firmen wie Nestlé und Cadbury fair gehandelte Schokolade, in Deutschland hofft man noch auf das Engagement eines bekannten Markenherstellers. Andere große Namen sind bereits mit im Boot: Die Kaffeehaus-Kette Starbucks bietet in Europa Espresso aus fair gehandelten Bohnen an, und der Eishersteller Ben&Jerry's plant, bis 2012 nur noch fair gehandelte Produkte zu verarbeiten.

Weniger Wasser, mehr Ertrag

Kritik am Kurs von Entwicklungsminister Dirk Niebel
Kritik am Kurs von Entwicklungsminister Dirk NiebelBild: picture alliance/ dpa

Die Landwirte in den Entwicklungsländern entscheiden selbst darüber, was sie mit dem von Fairtrade gezahlten Aufschlag machen. In Indien etwa kauften sich Reisbauern ein Laser-Messgerät, das ihre Arbeit grundlegend verändert hat, schildert Rob Cameron. Damit können sie ihre Reisfelder absolut eben anlegen, bevor diese geflutet wurden. So verteilt sich das Wasser gleichmäßig im Feld. "Die Bauern konnten ihren Wasserverbrauch um 20 bis 30 Prozent verringern, und der Ertrag ihrer Felder stieg in ähnlicher Größenordnung", sagt Cameron. Es sei ein Beispiel für Entwicklungsarbeit, die das Leben der Landbevölkerung langfristig verbessere.

Fairtrade sei eben ein entwicklungspolitisches Projekt, sagt auch Heinz Fuchs, der Vorstandsvorsitzende von Transfair. Und er spart nicht mit Kritik am Kurs der Bundesregierung, Entwicklungspolitik zunehmend mit Sicherheits- und Militärfragen zu verknüpfen. "Entwicklungszusammenarbeit muss immer auf der Seite der Armen stehen, sie muss deren soziale Sicherheit im Blick haben", so Fuchs.

Schlafmittel als Vorbild

Für das Geschäft im laufenden Jahr gibt sich Transfair optimistisch, zweistellige Wachstumsraten seien möglich, sagt Geschäftsführer Overath. Im Jahr 2012 feiert Transfair sein 20jähriges Bestehen. Overaths Traum ist es, bis dann die Umsatzmarke von 500 Millionen Euro zu erreichen. Soviel, sagt Overath, geben die Deutschen pro Jahr für Schlafmittel aus.

Autor: Andreas Becker

Redaktion: Monika Lohmüller