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Fall Gurlitt: "Sitzende Frau" ist Raubkunst

12. Juni 2014

Nun ist es offiziell: Matisse' "Sitzende Frau" aus der Gurlitt-Sammlung ist nach Einschätzung der Taskforce "Schwabinger Kunstfund" tatsächlich Raubkunst. Doch das Bild kann noch nicht an die Erben zurückgegeben werden.

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"Sitzende Frau" von Henri Matisse aus der Gurlitt-Sammlung
Bild: picture-alliance/dpa

"Auch wenn nicht mit letzter Sicherheit dokumentiert werden konnte, unter welchen Umständen Hildebrand Gurlitt in den Besitz des Werkes gekommen ist, so kommt die Taskforce zu dem Ergebnis, dass es sich bei dem Werk um NS-Raubkunst aus dem rechtmäßigen Eigentum der Sammlung von Paul Rosenberg handelt", teilte die Leiterin der Taskforce, Dr. Ingeborg Berggreen-Merkel, in einer Pressemitteilung mit.

Erfolgreiche Provenienzforschung

Mitte der 1920er Jahre malte der französische Maler Henri Matisse eine "Sitzende Frau". Die Lostart-Datenbank listet das Bild als Teil des Schwabinger Kunstfundes unter der Identifikationsnummer "Lost Art-ID 477894" auf. Das Gemälde fand seinen Weg in die Sammlung Paul Rosenbergs, eines jüdischen Kunsthändlers, der in Paris lebte. Das Bild wurde womöglich von den Nationalsozialisten geraubt und von Gustav Rochlitz erworben. Rochlitz war ebenfalls Kunsthändler in Paris – mit einer engen Verbindung zu Hermann Göring. Rochlitz besorgte Kunst für den einflussreichen Nationalsozialisten, der unter Hitler Oberbefehlshaber der deutschen Luftwaffe war. Dann fiel das Bild schließlich dem Kunsthändler Hildebrand Gurlitt in die Hände. Im November 2013 wurde das Bild in der Münchner Wohnung seines Sohnes Cornelius Gurlitt gefunden, zusammen mit etlichen weiteren Werken, die unter Raubkunstverdacht stehen. Mithilfe von Archivrecherchen in Deutschland, Frankreich und den USA, aber auch mittels historischer Quellen, die von den Anspruchstellern zur Verfügung gestellten wurden, konnte die Taskforce die Provenienz der "Sitzenden Frau" klären.

Wie geht es weiter mit der "Sitzenden Frau"?

Wann die Familie Rosenberg das Bild zurückbekommt, ist allerdings unklar. Cornelius Gurlitt und seine Anwälte hatten vor dem Tod des Kunstsammlers bereits Verhandlungen aufgenommen, die kurz vor dem Abschluss standen. Im März 2014 hatte Cornelius Gurlitt über seine Anwälte angekündigt, dass ein Kunstwerk aus seiner Sammlung an die rechtmäßigen Erben zurückgegeben werden soll. Dann allerdings meldete sich ein weiterer Anspruchsteller und die Übergabe fand nicht statt. Im Mai 2014 ist das Kunstmuseum Bern vom Rechtsanwalt des am 06.05.2014 verstorbenen Cornelius Gurlitt informiert worden, dass dieser "die privatrechtliche Stiftung Kunstmuseum Bern zu seiner unbeschränkten und unbeschwerten Alleinerbin eingesetzt" habe. Das Kunstmuseum hat noch nicht entschieden, ob es das Erbe antritt. Erst, wenn es das Erbe annimmt, wird entschieden, wie mit dem Gemälde weiter verfahren wird. "Diese endgültige Entscheidung liegt ausschließlich in der Hand des Erben/der Rechtsnachfolger von Cornelius Gurlitt, der sich zu Rückgaben auf der Grundlage der Washingtoner Erklärung noch kurz vor seinem Tode bereit erklärt hat. Diese Verpflichtung bindet auch seine Erben", sagt Berggreen-Merkel.

ag/rey (dpa / Lost Art / "Schwabing Art Trove" Task Force)