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Politik

Saudis müssten Ermittlungen unterstützen

8. Oktober 2018

Das Verschwinden des saudischen Journalisten Jamal Khashoggi in Istanbul wirft viele Fragen auf. Die türkischen Behörden haben Ermittlungen eingeleitet. Doch die Erfolgschancen sind niedrig, meinen Experten.

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Saudischer Journalist in Türkei verschwunden
Bild: picture-alliance/dpa/AP/L. Pitarakis

Der Fall um den saudischen Journalisten Jamal Khashoggi erinnert an einen Politthriller: Am 2. Oktober betrat der Regimekritiker das saudische Generalkonsulat in Istanbul, um die bürokratische Angelegenheiten für seine Hochzeit mit seiner türkischen Verlobten zu regeln. Seitdem fehlt von ihm jede Spur.

Turan Kışlakçı, Vorsitzender des Vereins für Türkisch-Arabische Medien, behauptete gegenüber türkischen Medien, Khashoggi sei in der saudischen Botschaft ermordet worden. Man habe seinen Leichnam zerstückelt und aus dem Gebäude gebracht. Der saudische Thronfolger Prinz Muhammed Bin Selman weist alle Beschuldigungen in dieser Richtung zurück: "Wir haben nichts zu verbergen, sie können gerne das Konsulat durchsuchen", so Bin Selman. Die saudischen Behörden betonen, Khashoggi habe das Gebäude verlassen und sei dann verschwunden.

Jamal Khashoggi
Der saudische Journalist Dschamal ChaschukdschiBild: Getty Images/AFP/M. Al-Shaikh

Ermittlungen haben begonnen

Die türkischen Behörden überzeugt diese Darstellung nicht. Yasin Aktay, der als Berater Erdogans tätig ist, sagte: "Das Konsulat hat zwei Ausgänge, aus welcher Tür hat er das Gebäude verlassen? Wir haben alle Kameraaufzeichnungen angesehen. Es ist zu sehen, wie er das Gebäude betritt, nicht aber, wie er es verlässt."

Die Ermittlungen haben inzwischen begonnen, doch nach dem "Wiener Übereinkommen Konsularische Beziehungen", das auch die Türkei unterzeichnet hat, sagt Cavid Abdullahzade, Dozent für internationales Recht an der juristischen Fakultät der Universität Ankara, brauchen die türkischen Behörden die offizielle Zustimmung Saudi Arabiens, um Zugang zum Konsulat zu erhalten: "Das gewaltvolle Betreten des Gebäudes, um Beweise zu suchen oder die Tatstelle zu untersuchen, kann zu einer diplomatischen Krise führen", so Abdullahzade.

Da auch Mitarbeiter des Konsulats Immunität genießen, betont Abdullahzade, könne die türkische Staatsanwaltschaft auf ihre Aussagen lediglich hoffen: "Innerhalb der Ermittlungen kann sie Zeugenaussagen der Angestellten beantragen, sie kann aber niemanden dazu zwingen. Sie müssen das freiwillig machen."

Präzedenzfall in Geschichte der Diplomatie

Der Fall belastet die türkisch-saudischen Beziehungen. Cahit Armağan Dilek ist Vorsitzender des Zentrums für Nationale Politik der Türkei des 21. Jahrhunderts und Außenpolitik. Der mutmaßliche Mord könne die Türkei außenpolitisch in Bedrängnis bringen, erklärt er: "Das ist ein Präzedenzfall in der Geschichte der Diplomatie", so Dilek. Sollte sich der Verdacht bestätigen, hieße das, Saudi-Arabien hätte die ihm zugestandenen Rechte in einem Gastland missbraucht. "Wir wissen, dass Saudi-Arabien keine Demokratie ist, aber dieser Fall würde bedeuten, dass Saudi-Arabien seine eigene Praxis in der Türkei anwendet", so Dilek. "Das wäre nicht akzeptabel."

Erol Önderoglu
Erol Önderoglu, Türkei-Korrespondent von Reporter ohne Grenzen Bild: Getty Images/AFP/O. Kose

Reporter ohne Grenzen: "Wie werden den Fall beobachten"

Jamal Khashoggi kritisierte regelmäßig in seinen Artikeln in der Washington Post die saudische Führung. Als man ihm mit Inhaftierung drohte, verließ er vor einem Jahr seine Heimat und ließ sich in den USA nieder.

Erol Önderoğlu, Vertreter von Reporter ohne Grenzen in der Türkei, erklärte, man werde den Fall beobachten, bis jedes Detail aufgeklärt sei. "Es scheint, als habe man Jamal Khashoggi wegen seinen Ansichten zu der seit einigen Jahren andauernden Krise in Saudi-Arabien liquidieren wollen. Ein Regime, das meilenweit von Demokratie entfernt ist und dessen Rechtsverletzungen um des Profits Willen toleriert werden, wird damit beschuldigt, dieses Mal unverfroren eine diplomatische Krise herbeigeführt zu haben, indem es einen oppositionellen Staatsbürger in seinem eigenen Gebäude in einem fremden Land umgebracht hat." Die Mutmaßungen seien erschreckend, erklärt Önderoğlu. Die Erklärungen des saudischen Regimes sind für ihn nicht befriedigend.