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DW-Fasten-Blog

Klaus Krämer20. März 2014

Das gab es noch nie bei der DW: Drei Journalisten verzichten freiwillig auf liebgewordene Dinge. Im eigens eingerichteten Fasten-Blog ohne! schildern sie ihre Erfahrungen und lassen sich dabei in die Seele schauen.

https://p.dw.com/p/1BSC1
Symbolbild Keyboard Tastatur Tippen
Bild: strixcode/Fotolia

Respekt, Respekt! Etliche Millionen Menschen in unserem Land, Christen wie Nichtchristen, fasten in diesen Wochen - üben bis Ostern ganz bewusst Verzicht. Da ist zumeist das Weglassen von vermeintlich entbehrlichen Dingen der klassischen Bereiche Konsum, Komfort oder Kalorien. Doch Fasten ist bei weitem nicht nur das freiwillige Streichen von exzessivem Internet-Gebrauch, unnötigem Autofahren oder massenhaftem Verzehr von Süßigkeiten. Für manche gehört dazu auch das "Fasten im Kopf". Durch das Einschalten des Verstands altbekannte Denkmuster und ungeprüfte Gemeinplätze beiseite zu lassen, um neue Denkräume zu erschließen und auf diese Weise zu neuen Erkenntnissen und Urteilen zu kommen. Flankiert von theologischen Hinweisen können sich neue Spielräume für Worte und Taten erschließen, sind "Kopf-Faster" überzeugt. Die meisten Fastenden haben sich vermutlich aber auch diesmal wieder bei den Klassikern Entbehrungen auferlegt.

DW-Trio beim klassisches Fasten

Gehörigen Respekt muss auch den drei DW-Journalisten-Kollegen gezollt werden. Sie stecken seit Aschermittwoch im Projekt ohne!. Durch ihr Fasten in den gut sieben Wochen bis Ostern sind sie gerade dabei, sich selber aus dem Trott des alltäglichen Einerlei zu bringen, um gespannt zu schauen, was sich aus ihrem individuellen Verzicht für Körper, Geist und Seele ergibt.

Fastenzeit Gesundheit Flash-Galerie
Bild: picture alliance/zb

Astrid Prange de Oliveira verzichtet auf das Glas Wein am Abend und lässt auch alle anderen alkoholischen Getränke in ihren Flaschen. Klaus Dahmann will keinen Tropfen Kaffee über seine Lippen kommen lassen – auch jegliche Fleischerzeugnisse und sogar Zucker sind für ihn derzeit tabu. Das schwerste Los hat sich vermutlich Stefan Dege auferlegt. Der blaue Dunst seiner letzten Zigarette hat sich bereits am Veilchendienstag verzogen – neuen möchte er möglichst nicht mehr produzieren. Im DW-Blog des Trios geht es aber nicht nur darum, die Auswirkungen dieses Verzichts zu beschreiben, sondern auch die weitreichenden Konsequenzen.

Und hier kommt – gewissermaßen als lenkender (theologischer) Geist - beim Tun und Lassen dieses Trios Wolfgang Thielmann ins Spiel. Der Theologe und Journalist bei Christ & Welt begleitet dessen Zeit der Enthaltsamkeit und versucht mit praktischen Tipps und geistlichen Impulsen das Erlebte einzuordnen und den Blick darüber hinaus zu weiten. Wie sehr ihm das am Herzen liegt, belegt sein überraschender Entschluss im Blog: "Zu Ihrer Unterstützung habe ich mir etwas einfallen lassen. Ich kann Sie schlecht auf einem Weg begleiten, den ich nicht mitgehe. Deshalb faste ich jetzt auch: Kein Alkohol, kein Zucker, kein Fleisch."

Schlaglichter des Verzichts

Ohne Frage: Keinen Zucker zu schlecken ist kein Zuckerschlecken. Oder anders gesagt: Verzicht kann hart sein. Das wird deutlich, wenn das Fasten-Trio von dem erzählt, was plötzlich an unerwarteten Empfindungen auf den Schirm kommt. Die User lässt es dabei zwangsläufig in sein Innerstes blicken:

Fasten
Fasten: Wasser statt WeinBild: picture-alliance/dpa

Stefan über den Rauchverzicht:
"Phasenweise fühlst Du Dich wie hinter einem Schleier. Die Gedanken reißen aus. Der Körper steht unter Strom, alles kribbelt, ist überempfindlich. Innerlich ballst Du die Faust, möchtest draufhauen, irgendwas zerstören: Wut, blanke Aggression!!!“ ... Ich weiß wohl, dass ich die Geduld meiner Mitmenschen im Moment auf eine harte Probe stelle."

Klaus über seinen Entzug:
"Kopfschmerzen, die Haut kribbelt, ich gähne ständig. Liegt das jetzt an der Unterzuckerung? Oder am Koffeinentzug? Der Fleischverzicht ist wohl nicht schuld, das stecke ich ohne Probleme weg. Habe aber ständig das Bedürfnis, etwas zwischen die Zähne zu stecken. ... Entzug ist wie eine feine Säge, die sich in die Zähne fräst."

Astrid über ihre dunklen Gedanken:
"Ich habe bereits mehrfach unfreiwillig Verzicht geübt. Nulldiät aus Liebeskummer, Konsumverzicht aus Geldmangel, Sportverzicht aus Krankheitsgründen und natürlich tiefe Trauer über den Verlust von geliebten Menschen, die zu früh aus dem Leben scheiden. Warum also jetzt noch eine Extra-Dosis Verzicht? Ich dachte eigentlich, ich bin zu alt, um Heldin zu spielen."

Zuspruch und weiter Blick von Spiritus Rector Wolfgang:
"Fasten fällt schwer, aber es gibt neue Freude. Die Freude erwächst daraus, dass wir Routinen unterbrechen ... und uns auf Wesentliches konzentrieren. Oder wir genießen nachher bewusster. Denn der Verzicht auf Zeit schärft die Sinne für Kostbares."

Stefan über kleine Erfolge:
"Die Dinge mit anderen Augen sehen, zu anderen Schlüssen gelangen, das finde ich schon hilfreich. Das betrifft auch mich, den werdenden Ex-Raucher."

Klaus und sein eiserner Wille:
"Entweder ich verzichte ganz – oder gar nicht. Ich will ja meine Grenzen erfahren, will, dass das Fasten „wirkt“, dass ich mich meinen Schwächen stelle. Um sie dann hoffentlich zu überwinden."

Astrids wichtige Erkenntnis:
"Ob ich Gott näher komme, hängt nicht von meiner Fähigkeit zum Verzicht ab, davon bin ich fest überzeugt. Ich muss Gott gegenüber nichts beweisen, das hat uns schon Luther klargemacht. Der Glaube an den unsichtbaren Schöpfer, an den Geist, auf den wir vertrauen, obwohl wir nie ganz sicher sind, ob es ihn auch wirklich gibt, dieser Glaube allein ist für mich schon eine große Herausforderung."

Biblische Grundlage des Fastens

Fastenzeit Gesundheit Flash-Galerie
Bild: picture alliance/zb
Jesus in der Wüste Gemälde
Christus in der Wüste - ein Gemälde des russischen Künstlers Iwan Nikolajewitsch KramskoiBild: picture alliance/akg-images



"Beim Fasten begegnen wir uns selber", hat Begleiter Wolfgang geschrieben. Und was ist mit Gott? "Wo bleibt das göttliche Schulterklopfen?", fragt Klaus. Christen orientieren sich in ihrer Fastentradition gern am Namensgeber Ihres Glaubens. Jesus Christus verbrachte nach seiner Taufe 40 Tage und Nächte in der Wüste und fastete. Es war für ihn die entscheidende Zeit, um Erkenntnisse zu schöpfen und um sich zu prüfen, ob er den Herausforderungen der entscheidenden Phase seines Wirkens gewachsen war. Er suchte die Nähe Gottes. In diesem Sinne unterstützt das Fasten die fragende und suchende Haltung eines glaubenden Menschen. Das "Schulterklopfen" Gottes kann dabei völlig unterschiedlich ausfallen. Aber darüber wird es hier vermutlich noch etwas zu lesen geben.

Mitmachen dringend erwünscht

"Hallo ihr drei! Habe mit großem Interesse eure Einträge gelesen und finde es klasse, wie ihr das umsetzt. Die Texte sind super! Weitermachen!", schreibt Userin Silke - nur einer der Kommentare zum Blog. Vermutlich fällt dem DW-Fasten-Trio das Fasten eine Spur leichter mit jedem Kommentar, den ein Besucher auf dieser Seite oder auf Facebook verfasst. Nur Mut, denn ein eigenes Profitieren von ohne! ist keineswegs ausgeschlossen.