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Kritische Untertöne

Silke Bartlick15. Oktober 2008

150 türkische Verlage vertreten auf der Frankfurter Buchmesse das diesjährige Gastland. Auch bei der feierlichen Eröffnung drehte sich alles um die Türkei. Kritische Untertöne blieben da nicht aus.

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Bundesaussenminister Frank-Walter Steinmeier, rechts, und der tuerkische Literatur-Nobelpreistraeger Orhan Pamuk treffen sich am Dienstag, 14. Oktober 2008, am Rande der Buchmesse in Frankfurt am Main. (Quelle: AP Photo/Michael Probst)
Der türkische Literatur-Nobelpreisträger Orhan Pamuk und Außenminister Frank-Walter SteinmeierBild: AP

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier hat erneut für eine EU-Mitgliedschaft der Türkei geworben. Während der Eröffnungsfeier zur Frankfurter Buchmesse am Dienstag (14.10.2008) sagte der SPD-Politiker, dass dieser Schritt auch für die in Deutschland lebenden Türken von herausragender Bedeutung sei: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass Integrationspolitik hier in Deutschland vollständig sein kann ohne die europäische Integration der Türkei."

Das Ziel ist noch nicht erreicht

Eine der entscheidenden Voraussetzungen für diesen EU-Beitritt aber sei, dass die Türkei die Meinungsfreiheit garantiert. Das Land am Bosporus habe sich zwar auf den Weg zu einer pluralistischen Gesellschaft gemacht, am Ziel angekommen aber sei es noch nicht.

Blick auf das Logo der Buchmesse. (Quelle: AP Photo/Jens Meyer)
Messeturm und LogoBild: AP

Eine Einschätzung, die der türkische Literatur-Nobelpreisträger Orhan Pamuk nachdrücklich unterstrich, als er die Zensur von Büchern und Repressionen gegen Schriftsteller in der Türkei kritisierte. "Aufgrund des Paragrafen 310 des türkischen Strafrechts, mit dem man Schriftsteller wie mich einzuschüchtern versucht, werden Hunderte von Schriftsteller und Journalisten gerichtlich belangt und veurteilt." Außerdem werde den Menschen in der Türkei der Zugang zu YouTube und Hunderten anderer in- und ausländischer Webseiten aus politischen Gründen verwehrt.

Vielfältige Literaturszene in der Türkei

Es solle aber niemand denken, dass sich Schriftsteller und Verleger davon entmutigen ließen, sagte Pamuk. Vielmehr sei die türkische Verlagslandschaft in den letzten 15 Jahren erstaunlich gewachsen und sehr vielfältig geworden. Erst vor zwei Jahren war ein gegen Pamuk angestrengter Prozess eingestellt worden. "Beleidigung des Türkentums" lautete seinerzeit der Vorwurf, der Nobelpreisträger hatte den in seiner Heimat tabuisierten Völkermord an den Armeniern öffentlich angesprochen.

Ein Arbeiter verlegt einen roten Teppich. (Quelle: AP Photo/ Michael Probst)
Der rote Teppich ist bereitBild: AP

Es klang denn auch fast wie eine Entschuldigung, als der türkische Staatspräsident Abdullah Gül sagte: "Ich bin stolz auf Orhan Pamuk. Auch, weil er in unserer Sprache, auf Türkisch, schreibt und die Sprache so in der Welt verbreitet." Er fügte hinzu, Einschränkungen und Druck, denen Schriftsteller und Bücher ausgesetzt gewesen seien, "haben mit der Zeit abgenommen oder sind gänzlich verschwunden". Die Türkei habe dank der in den letzten Jahren beschleunigten wirtschaftlichen und politischen Reformen "die Kriterien der Europäischen Union auf den Gebieten der Meinungs- und Redefreiheit sowie der Achtung der kulturellen Vielfalt in großem Maße verwirklicht".

Zeichen für die deutsch-türkische Freundschaft

Dass sein Land nun Gastland der Buchmesse ist, wertete Gül als wichtige Stufe der deutsch-türkischen Freundschaft. Denn durch Bücher und Kunst könnten sich die Völker gegenseitig kennen lernen und noch näher kommen. Unter dem Motto "Faszinierend farbig" präsentieren sich auf der weltgrößten Bücherschau rund 250 türkische Schriftsteller und 150 Verlage. Insgesamt liegt die Buchmesse mit rund 7300 Ausstellern aus 100 Ländern leicht unter dem Vorjahresrekord, in den nächsten Tagen werden rund 280.000 Besucher erwartet, die nicht nur Neuheiten zwischen traditionellen Buchdeckeln, sondern auch jede Menge elektronischer Bücher entdecken können.