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Fasziniert von den Vereinten Nationen

16. Juli 2011

Die UNO hat in Deutschland einen Fanclub: Viele junge Menschen beschäftigen sich in ihrer Freizeit intensiv mit den Vereinten Nationen. Der Berliner Student Gerrit Kurtz ist einer von ihnen.

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193 Staaten unter einem Dach: Die UN in New York (Foto: RIA Novosti)
193 Staaten unter einem Dach: Die UN in New YorkBild: RIA Novosti

Die Vereinten Nationen als Hobby? Gerrit Kurtz kennt die fragenden Blicke, die sein Lieblingsthema zuweilen auslöst. Seit dem Abitur beschäftigt sich der 25-jährige mit der Weltorganisation, kontinuierlich und mit großem Einsatz. "Am Sonntag waren es sieben Stunden", bemerkt er eher beiläufig. Für den Berliner Studenten gibt es kaum etwas Spannenderes als die große Weltpolitik, die bei den Vereinten Nationen in New York gemacht wird. "Es ist faszinierend, dass da alle Staaten zusammenkommen, egal ob sie befreundet oder verfeindet sind", sagt Kurtz. "Sie reden miteinander und tauschen sich aus, und sei es nur in einem Nebenkorridor. So eine Gelegenheit gibt es sonst nicht."

Junge Fans in ganz Deutschland

Begeistert sich für die Vereinten Nationen: Der Berliner Student Gerrit Kurtz (Foto: DW)
Begeistert sich für die Vereinten Nationen: Gerrit KurtzBild: DW

Mit seiner Begeisterung für die Vereinten Nationen steht Gerrit Kurtz nicht alleine da. Er ist Mitglied bei JUNON, dem Jungen UNO-Netzwerk Deutschland. Unter dem Dach des Vereins engagieren sich mehrere Hundert junge Menschen in verschiedenen Arbeitsgruppen. Bei Kurtz fing alles mit einem Spiel an: Er nahm an einer Konferenz teil, bei der Jugendliche Verhandlungen bei den Vereinten Nationen simulieren. Dazu schlüpfen sie in die Rolle von Diplomaten aus fernen Ländern. Dabei könne man viel lernen, sagt Kurtz, zum einen über politische Prozesse, zum anderen soziale Kompetenzen. "Dieses Hineinfühlen in andere Positionen ist natürlich eine Fähigkeit, die überall gefragt ist."

Von den Vereinten Nationen lernen

Mehrere Tage dauern diese Konferenzen, die "Model United Nations" genannt werden. Gerrit Kurtz erinnert sich gut daran, wie er in der Rolle eines indischen Diplomaten über die Einfuhr von Kleinwaffen verhandeln musste. Dieses Thema erschloss er sich ebenso wie viele andere, am Ende organisierte er die Konferenzen mit. Es freut ihn, wenn Schüler am Vorbild der UNO lernen, dass es verschiedene Sichtweisen auf jedes Problem gibt. "Das macht einfach Spaß."

Auch er selbst verdankt seinem Faible für die Weltorganisation einiges: Durch seine Mitarbeit bei JUNON habe er sich "unheimlich wichtige Schlüsselqualifikationen" angeeignet, sagt der 25-Jährige - vom Projektmanagement bis hin zur Konfliktbewältigung. Ganz zu schweigen von den privaten Kontakten. "Ein guter Teil meines Freundeskreises besteht aus Leuten, die sich auch mit den Vereinten Nationen beschäftigen."

Realitätscheck in New York

Im Zentrum der Weltpolitik: Der UN-Sicherheitsrat in New York (Foto: dapd)
Im Zentrum der Weltpolitik: Der UN-SicherheitsratBild: dapd

Nach einigen Jahren im Fanclub ist Kurtz dann selbst in die UN-Arbeit eingetaucht: Bei einem Praktikum in New York erlebte er das Stelldichein der Staats- und Regierungschefs während der jährlichen Generalversammlung. "Obama, Ahmadinedschad, Merkel, Barroso, die sind alle an mir vorbeigelaufen. Das war schon cool."

Im Sicherheitsrat war er auch - in einer öffentlichen Sitzung. "Die tragen da halt ihre Reden vor", stellt er nüchtern fest. "Viel interessanter ist doch, wer am Rande der Sitzung informell mit wem spricht." Die Schwächen der Weltorganisation sind dem UN-Fan natürlich auch nicht entgangen. Die Vereinten Nationen seien ein bürokratisches Monstrum, Generalsekretär Ban Ki Moon könnte ruhig ein paar mehr Visionen entwickeln, und der Sicherheitsrat werde in der nahen Zukunft bestimmt nicht grundlegend reformiert, vermutet Kurtz. Seine Wunsch-UNO wäre schlagkräftiger als die jetzige: "Es wäre schön, wenn alle Staaten ihre nationalen Eigenheiten ein bisschen runterschrauben könnten und die Institution mehr Macht bekäme."

Ohne die UNO geht es nicht

Ob er selbst später mal bei den Vereinten Nationen arbeiten möchte, die er schon so gut kennt? Vielleicht, sagt Gerrit Kurtz, aber dann käme eher etwas Praktisches im Feld in Frage als eine Verwaltungstätigkeit im Sekretariat in New York. Zuerst will der Student in Berlin seinen Master-Abschluss im Fach 'Internationale Beziehungen' machen und dabei natürlich weiter verfolgen, was bei der UNO passiert. Gerade jetzt, da Deutschland im Sicherheitsrat ist, zieht Kurtz sich eine frisch verabschiedete Resolution schon mal schnell als Lektüre aus dem Netz. "Die UNO ist die einzige Organisation mit universeller Mitgliedschaft, die eine solche Legitimität hat", begründet er seinen Enthusiasmus, "dazu gibt es keine Alternative."

Autorin: Nina Werkhäuser
Redaktion: Hartmut Lüning