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FC Bayern München: Es reicht einfach nicht

13. März 2019

Im erklärtermaßen wichtigsten Spiel des Jahres scheitert der FC Bayern München an einem stärkeren Gegner aus Liverpool, aber auch den eigenen Unzulänglichkeiten. Der große Umbruch beim FCB naht.

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Bild: Reuters/A. Gebert

Leere Gesichter, starre Blicke und Spieler, die still auf dem Rasen sitzen. Es ist vorbei. Und das sieht man. Der FC Bayern ist im Achtelfinale aus der Champions League ausgeschieden. Ja, das widerfuhr zuvor auch Real Madrid und Paris Saint-Germain, aber das macht es kein bisschen weniger schmerzvoll für die Bayern, denen die Enttäuschung anzusehen ist.

Das große Duell mit dem FC Liverpool ist mit 1:3 (1:1) verloren und in den Momenten kurz nach dem Schlusspfiff dieses Achtelfinal-Rückspiels in der Münchener Arena scheinen viele der Protagonisten noch nicht richtig begriffen zu haben, was hier passiert ist.

"Waren fußballerisch nicht sauber"

Im Hintergrund läuft Jürgen Klopp strahlend über den Rasen und macht seine berühmte Jubel-Säge vor dem Gästefanblock. Drumherum ist es bereits kurz nach dem Abpfiff ziemlich leer geworden. Viele Bayern-Anhänger haben das Stadion bereits verlassen, als sich ihre Mannschaft langsam in Richtung Südkurve bewegt, wo die treuesten ihrer Anhänger trotzig singen.

Der Applaus der Bayern-Spieler wirkt routiniert, die Körpersprache resignierend. Als erster findet Abwehrchef Mats Hummels Worte. "Wir waren fußballerisch nicht sauber", kritisiert Hummels im Sky-Interview sich und seine Mitspieler, man habe "ohne die allerletzte Überzeugung" agiert. "Das 2:1 hat bei uns ein bisschen den Glauben herausgenommen. Danach war Liverpool dann das bessere Team." Man will hinzufügen: Vorher eigentlich auch schon.

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Bayern-Dompteur: Liverpool-Trainer Jürgen KloppBild: Reuters/A. Boyers

Zweikampfstärke und Tempohärte die Pluspunkte des FC Liverpool

Rückblick: Gestartet waren die Bayern mit viel Motivation und Selbstbewusstsein. Die 6:0-Gala gegen den VfL Wolfsburg - vielleicht auch eine trotzige Reaktion auf Joachim Löws Beendigungsmitteilung in Richtung Mats Hummels, Jérôme Boateng und Thomas Müller - wirkte offensichtlich noch positiv nach. Thiago, Robert Lewandowski, Serge Gnabry - sie alle beschäftigten Liverpools Defensive in den ersten Minuten ordentlich. Doch es blieb das Feuer einer motiviert losmarschierenden Heimmannschaft. Denn kurz darauf übernahm der FC Liverpool.

Nach etwa einer Viertelstunde kamen die Gäste aus England immer besser ins Spiel und nutzten dabei vor allem ihre Physis: Zweikampfstärke und auch Tempohärte des FC Liverpool waren eine Offenbarung, im positiven Sinne. Dabei war der Mannschaft von Trainer Jürgen Klopp nicht einmal der Ausfall von Kapitän und Vorkämpfer Jordan Henderson anzumerken, der schon nach 13 Minuten verletzt raus musste und durch Fabinho nahezu ebenbürtig ersetzt wurde.

Neuers verhängnisvoller Ausflug

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Mané hat das, was den Bayern fehlt: LeichtigkeitBild: Reuters/M. Dalder

Die logische Konsequenz des kämpferischen und zunehmend auch spielerischen Übergewichts der Liverpooler: Nach einem langen Pass von Virgil van Dijk, stürmte Sadio Mané in den Strafraum, wurde von Rafinha nicht richtig gestört und Manuel Neuer kam raus aus dem Kasten, was sich als verhängnisvoller Fehler erwies. Denn Mané konnte dadurch mit einem Chip ins leere Tor die Führung für Liverpool erzielen (26.).

Der FC Bayern war daraufhin auf Stabilisierung seines Spiels bedacht und verschaffte sich vor allem durch die schnellen Serge Gnabry Entlastung. Der deutsche Rekordmeister war plötzlich im Aufwind. Dass kurz darauf tatsächlich der Ausgleich fiel, zählt zu den vielen Wendungen dieses Fußballspiels: Wieder war es Gnabry, der auf der rechten Seite durchmarschierte, in Bedrängnis den Ball flach vor das Tor des LFC spielen kann, wo Lewandowski verpasst, aber Joel Matip per Eigentor den Ausgleich herstellt (1:1).  

"Wir waren nicht gut genug"

Auch in der zweiten Halbzeit sorgte Serge Gnabry für Gefahr vor dem Tor von Liverpool: Mit einem sehenswerten Lauf auf der rechten Außenbahn zog er die Verteidiger der Briten auf sich und bediente in der Mitte Lewandowski, der mit einer Grätsche knapp die Führung verpasste (60.). Es blieb aber eine der wenigen zwingenden Aktionen der Bayern. Mit zunehmender Spieldauer setzten sich Physis und Konzentration der Briten durch. In der 69. Minute setzte sich Virgil Van Dijk, der mit einer Ablösesumme von 78,8 Millionen Euro teuerste Abwehrspieler der Welt, im Luftkampf gegen Hummels durch und schaffte damit die Vorentscheidung in diesem Spiel.

"Der Gegner hat es wirklich gut gemacht und wir waren nicht gut genug", analysierte nüchtern FCB-Coach Niko Kovac. "Wir haben heute unsere Grenzen aufgezeigt bekommen." Denn statt eines großen Aufbäumens der Bayern folgten danach mehr Chancen für Liverpool.

Ein Neuanfang ist unvermeidbar

So hatte die FCB-Abwehr massive Probleme, als Salah in der 75. Minute zum Tanz bat und dabei die komplette Bayern-Defensive alt aussehen ließ. Das 3:1 durch Sadio Mané (83.) war dann nur noch der logische Schlusspunkt dieses am Ende einseitigen Spiels.

Während Klopp seine Freude kaum verbergen konnte ("So ein Ausrufezeichen zu setzen, das ist schon brutal gut"), dürften bei den Bayern bereits in den Stunden nach der Pleite die Aufräumarbeiten beginnen: Was kann weg, was darf bleiben? Der FC Bayern steht nach diesem ebenso klaren, wie niederschmetternden Ergebnis vor einer Zäsur. Viele ältere Spieler dürften von der Klubführung hinterfragt werden. So wird es nicht nur für Arjen Robben kein weiteres Champions League-Spiel im Dress des FC Bayern München geben.

Möglicherweise werden auch Köpfe rollen. Ein Neuanfang beginnt eben fast immer beim Personal. Denn eines dürfte dieser Fußballabend von München gezeigt haben: Es reicht einfach nicht, was der FC Bayern derzeit zu bieten hat.

Joscha Weber Bonn 9577
Joscha Weber Was ist echt? Und was nicht? Darauf sucht Faktenchecker Joscha Weber täglich Antworten.@joschaweber