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FC Bayern steckt in der Krise

22. Mai 2023

Rekordmeister FC Bayern steht kurz davor, erstmals seit über zehn Jahren keinen einzigen Titel zu gewinnen. Für die unerwartete Misere muss sich die sportliche Führung verantworten.

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Bayern-Präsident Hainer, Vorstandschef Kahn und Sportvorstand Salihamidzic sitzen mit nachdenklicher Miene auf der Tribüne des Mainzer Stadions.
Die Saison des FC Bayern hatten sich Präsident Hainer, Vorstandschef Kahn und Sportvorstand Salihamidzic deutlich anders vorgestelltBild: Revierfoto/dpa/picture alliance

Vor gut zwei Monaten, Mitte März, lag der FC Bayern München eigentlich noch voll im Soll. In allen drei großen Wettbewerben hatte der deutsche Fußball-Rekordmeister gute bis sehr gute Titelchancen: In der Champions League und im DFB-Pokal standen die Münchener im Viertelfinale, nur in der Bundesliga holperte es. Kurz vor dem Duell mit Titelfavorit Borussia Dortmund war der Zehn-Jahre-Dauermeister auf den für Bayern-Verhältnisse unerträglichen zweiten Platz gerutscht. 

Die Leistungen in der Liga genügten den Münchener Ansprüchen überhaupt nicht. Zumal Wunschtrainer Thomas Tuchel auf dem Markt war. Kurzerhand entschieden die Verantwortlichen um Vorstandsboss Oliver Kahn und Sportvorstand Hasan Salihamidzic, sich völlig überraschend von Trainer Julian Nagelsmann zu trennen und Tuchel an Bord zu holen. Der Rest ist Geschichte: Aus in der Champions League gegen Manchester City, Aus im DFB-Pokal gegen den SC Freiburg. Nur das direkte Ligaduell gegen den BVB konnte der FC Bayern immerhin damals mit 4:2 für sich entscheiden. 

Bayern ist kurz davor, den dritten Titel zu verspielen

Doch nun, vor dem letzten Spieltag der Bundesligasaison 2023/23, scheint auch dieses Duell verloren. Nach der 1:3-Niederlage der Bayern vor eigenem, entsetztem Publikum gegen RB Leipzig holte sich Dortmund mit einem Auswärtssieg in Augsburg den Matchball für den Titelgewinn. 

Thomas Tuchel schreit im Stadion seinen Ärger heraus
Fassungslos und ratlos: Bayern-Trainer Thomas TuchelBild: ActionPictures/IMAGO

Der eigentlich so erfahrene Trainer Tuchel zeigte sich ratlos. Er habe "ein bisschen das Gefühl von Ohnmacht", sagte der frustrierte Coach, benannte eine lange Fehlerliste seiner Mannschaft und kündigte an, alles auf den Kopf stellen zu wollen.

Zukunft des Vorstands-Duos Kahn/Salihamidzic ungewiss

Allein, das reicht nicht. Seit Wochen wird Vorstandschef Kahn für die aktuelle Situation verantwortlich gemacht. Nun gerät auch Salihamidzic, der ja für die sportliche Abteilung verantwortlich ist, unter Druck. "Die Probleme sitzen tief. Ich kann aber nicht sagen, was unsere Probleme sind", ließ Salihamidzic tief blicken. Die Entscheidung, mitten in der Saison den Trainer zu wechseln, habe jedoch sein müssen, beteuert er bis heute. Der Auftritt der Bayern zu diesem Zeitpunkt sei nicht das gewesen, was Bayern bedeute. 

Tatsächlich scheint es Differenzen zwischen Trainer Nagelsmann und einigen seiner Spieler gegeben zu haben. Der zuweilen zur Selbstdarstellung neigende Nagelsmann schaffte es zudem nicht, aus den Fehlern der Vorsaison zu lernen, als man immerhin noch die Meisterschaft gewinnen konnte. Er verfehlte das Ziel, die typische Bayern-Dominanz wie etwa unter Jupp Heynckes oder Pep Guardiola wiederherzustellen. Tuchel gelang das im Saison-Endspurt allerdings auch nicht mehr - auch das Image des Champions-League-Gewinners 2021 (mit dem FC Chelsea) ist angeschlagen. Auch er lässt durchblicken, dass er lieber zur neuen Saison gekommen wäre.

Hoeneß sitzt noch immer im wichtigen Kontrollgremium

Doch bis dahin ist noch viel Zeit. Welche Konsequenzen wird es nach einer möglichen titellosen Saison geben und für wen? Sicher ist, dass es rund um die Vereinszentrale an der Säbener Straße gewaltig brodelt. Ex-Präsident Uli Hoeneß und Ex-Vorstandschef Karl-Heinz Rummennigge zeigten sich auf der Tribüne entsetzt und geradezu versteinert. 

Hasan Salihamidzic, Karl-Heinz Rummenigge, Herbert Hainer, Uli Hoeneß und Oliver Kahn auf dem Stadionrasen
Uli Hoeneß (2.v.r.) hat noch immer ein großes Wörtchen mitzureden beim FC BayernBild: Frank Hörmann/Sven Simon/picture alliance

Ehrenpräsident Hoeneß, der den FC Bayern als nichts Geringeres als sein Lebenswerk bezeichnet, hat zwar keine alleinige Entscheidungsgewalt, sitzt aber weiterhin im Aufsichtsrat. Der Aufsichtsrat ist das mächtigste Kontrollgremium des Vereins und besteht aus acht Männern. Unter anderen ist auch der ehemalige bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber dabei, sowie Vertreter der Anteilseigner des Vereins, also meistens Top-Manager aus der Wirtschaft. Hoeneß' Wort hat dort gewaltiges Gewicht - sehr wahrscheinlich auch ein höheres als das des Vereinspräsidenten und Aufsichtsratschefs Herbert Hainer.

Vor diesem Gremium wird sich das Führungsduo Kahn/Salihamidzic verantworten und das Abschneiden der Saison erklären müssen. Eigentlich war das nächste Treffen des Aufsichtsrats für diesen Montag (22. Mai) angesetzt - wie immer in den vergangenen 20 Jahren zu Beginn der Woche vor dem letzten Spieltag, so Hainer, "weil danach alles in Urlaub geht." Laut Klubmitteilung wurde es dieses Mal aber verschoben - auf den Tag nach dem Saisonfinale am 30. Mai. Der Urlaub muss also erstmal warten. Und egal, wie die Saison am Ende ausgeht - es dürfte ziemlich ungemütlich werden für Kahn und Salihamidzic.