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Feldman lobt afghanische Regierung

Michael Knigge3. Dezember 2014

Vor der Afghanistan-Konferenz in London lobt US-Sonderbotschafter Daniel Feldman die neue Regierung in Kabul und betont, dass Washington den Kampf gegen Korruption mit Argusaugen beobachten wird.

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Soldaten vor einem zerbombtem Auto (Foto: Reuters)
Bild: Reuters/Parwiz

DW: Die Afghanistan-Geber-Konferenz (04.12.2014) ist die 12. Internationale Konferenz seit dem ersten Treffen in Bonn im Jahr 2001 - und die Nachrichten, die gerade aus Afghanistan kommen, sind nicht gerade vielversprechend: Der neue Präsident Ashraf Ghani hat nicht nur sein selbstgesetztes Ziel innerhalb von 45 Tagen eine Regierung zu bilden verfehlt. Auch die Sicherheitslage in Kabul ist prekär, wie der jüngste Terroranschlag auf NATO-Soldaten verdeutlichte. Weshalb glauben Sie, dass die Konferenz eine positivere und nachhaltigere Auswirkung auf das Land haben wird als die bisherigen Versuche?

Daniel Feldman: Die anstehende Konferenz ist eigentlich keine Geber-Konferenz. Und dies ist wichtig, genau aus dem Grund, den Sie ansprechen. Die Konferenz findet zu einem sehr wichtigen Zeitpunkt statt: Die Regierung der nationalen Einheit hat bereits wichtige Schritte zur Förderung von Rechtsstaatlichkeit und zur Verbesserung der Beziehungen zu den Nachbarländern eingeleitet. Deswegen stimme ich der Einschätzung, dass es keinen vielversprechenden Start gegeben hat, ausdrücklich nicht zu. Ich glaube, wir haben in den vergangenen zwei Monaten von der Regierung positive Initiativen gesehen, beispielsweise die Unterzeichnung und Ratifizierung des NATO-Truppenstatuts und des Sicherheitsabkommens mit den USA. Die Regierung hat auch Schritte im Kampf gegen die Korruption eingeleitet, beispielsweise durch die Wiedereröffnung der Kabul Bank. Und auch bei der Gestaltung der Beziehungen zu anderen Ländern der Region gibt es Fortschritte durch Besuche in China, Zentral-und Ostasien, der Golf-Region und am wichtigsten natürlich in Pakistan.

Im Hinblick auf die Regierungsbildung war das wichtigste, dass es eine breite Übereinstimmung zwischen Präsident Ghani und dem Regierungschef Abdullah Abdullah bezüglich aller wichtigen Themen gibt, sei es nun die Haushaltslücke, Anti-Korruptionsmaßnahmen oder die Sicherheitsproblematik und der Einsatz für einen Versöhnungsprozess. Zudem steht die Ernennung von wichtigen Ministern bald bevor.

Erfolgreiches internationales Engagement

Meiner Ansicht nach sind die bedeutenden Erfolge, die in Afghanistan innerhalb des vergangenen Jahrzehnts erreicht wurden, maßgeblich auf das nachhaltige internationale Engagment zurückzuführen. Dazu zählen der erstaunliche Fortschritt im Bildungsbereich, die Tatsache, dass ein Drittel der Schüler jetzt Mädchen sind, aber auch dass die Lebenserwartung für Frauen um 20 Jahre gestiegen ist sowie eine sehr stabile Medienlandschaft und die Verbesserung der Rolle der Frau in der Gesellschaft insgesamt. Die Londoner Konferenz ist die aktuellste Gelegenheit für die internationale Gemeinschaft zu zeigen, dass wir weiterhin engagierte Partner Afghanistans bleiben - gerade in diesem wichtigen Moment der afghanischen Geschichte. Die Konferenz gibt aber auch Ghani und Abdullah die Gelegenheit, ihre Vision der sozialen, politischen und wirtschaftlichen Zukunft des Landes vorzustellen.

Afghanische Mädchen sitzen in einem Klassenzimmer (Foto: DW/Hoshang Hashimi)
Immer mehr Mädchen gehen in Afghanistan zur SchuleBild: DW/H. Hashimi

Die Londoner Konferenz heißt nicht offiziell Geberkonferenz, aber natürlich erwartet und benötigt Afghanistan weitere Milliarden, um die Regierung finanziell zu unterstützen. Die wahrscheinlich drei wichtigsten Themen, die die neue Regierung angehen muss, sind der Kampf gegen die weiter grassierende Korruption, Menschenrechtsprobleme, besonders die Rechte der Frauen, sowie die prekäre Sicherheitslage. Wollen Sie konkrete und nachprüfbare Schritte bei diesen Themen sehen?

Es gibt keinen Zweifel, dass der Kampf gegen Korruption eine fundamentale Herausforderung für Afghanistan bleibt. Präsident Ghani und Abdullah geben das auch offen zu und beide hatten es auch zu einem zentralen Wahlkampfthema gemacht. Die afghanische Regierung hat bereits Schritte zum Kampf gegen Korruption und zu mehr Transparenz eingeleitet. Unsere Verpflichtungen in Tokio (Afghanistan-Konferenz in Tokio im Juli 2012, Anm. d. Red.) basieren auf gegenseitiger Rechenschaft, was sowohl von der internationalen Gemeinschaft als auch von der afghanischen Regierung bestätigt wurde. Ein größerer Anteil unserer Hilfsbudgets basiert auf einem Anreizmechanismus: Auszahlungen sind an Fortschritt gebunden, beispielsweise beim Kampf gegen Korruption. Jetzt wollen wir der Regierung der nationalen Einheit bei der Verbesserung des Regierungshandelns und dem Kampf gegen Korruption helfen. Aber wir werden weiterhin sehr wachsam sein, dass der Kampf gegen Korruption ein zentraler Bestandteil der Reformagenda bleibt.

Im Hinblick auf die Sicherheitslage führen wir weiterhin sehr intensive Gespräche mit unseren Partner und Verbündeten und mit der afghanischen Führung. Die afghanischen Sicherheitskräfte kümmern sich bereits um die Sicherheit ihrer Landsleute, kämpfen selbstständig gegen die Aufständischen und sichern Geländegewinne der ISAF. Sie haben sehr erfolgreich den Schutz der Präsidentschafts- und Provinzwahlen gewährleistet und mussten sehr schwere Verluste in diesem Jahr hinnehmen. Aber sie haben auch den Taliban sehr schwere Verluste beigebracht. Wir wollen ihre Anstrengungen weiter unterstützen, aber wir machen uns keine Illusionen hinsichtlich der Herausforderungen für die Afghanen bei diesem Thema.

Porträt von Daniel Feldman (Foto: AFP)
Der US-Sondergesandte für Afghanistan: Daniel FeldmanBild: Aamir Qureshi/AFP/Getty Images

Kampfeinsatz über 2014 hinaus?

Angesichts der Sicherheitslage im Land haben die USA kürzlich ihre Kampfmission in Afghanistan verlängert, während die NATO-Mission Ende des Jahres ausläuft. Haben die USA mit Großbritannien, Deutschland oder anderen NATO-Verbündeten darüber gesprochen, ob sie nicht ebenfalls ihre Entscheidung bezüglich des Endes der Kampfeinsätze überdenken sollten?

Zu diesem Punkt gab es einige Verwirrung. Die USA haben ihre Entscheidung, den Kampfeinsatz zum Ende des Jahres zu beenden, nicht geändert. Alles, was Präsident Obama im Mai dazu gesagt hat, bleibt gültig. Er sagte, dass wir den Kampfeinsatz Ende 2014 beenden würden und das ist auf jeden Fall weiterhin gültig. Er sagte auch, dass wir 2015 zwei begrenzte Missionen beginnen würden. Die eine ist eine Nichtkampfeinsatz-Mission zum Training, zur Beratung und zur Unterstützung der afghanischen Truppen mit der NATO. Das andere ist eine begrenzte Anti-Terror-Truppe, die Operationen gegen die Reste von Al-Kaida über 2014 hinaus durchführt. Daran hat sich nichts geändert.

Die einzige Änderung besteht darin, dass wir in den vergangenen Monaten versucht haben, zu präzisieren, wie unsere Soldaten operieren. Und wir haben gesagt, dass es unter eng begrenzten Umständen für die USA weiterhin möglich bleibt, #link:18081361:Unterstützungshilfe für die Afghanen zu leisten, um sicherzustellen, dass grundlegenden strategischen Interessen erreicht werden. Und dass wir außerdem natürlich alles tun, um das Leben unsere Soldaten und anderer zu schützen und daher auch alle Möglichkeiten zur Selbstverteidigung nutzen werden. Es gibt also keine Änderung unserer Strategie, es ist lediglich eine Klarstellung, unter welchen Bedingungen wir diese zwei begrenzten Missionen angehen.

Das Interview führte Michael Knigge.

Daniel Feldman ist der US-Sondergesandte für Afghanistan und Pakistan.