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Fest im Sattel

Frederike Müller5. September 2012

Fahrradtouristen kommen rum und sind gleichzeitig ganz nah dran an der Landschaft. Es gibt kaum eine bessere Möglichkeit, Deutschland abseits der großen Straßen zu entdecken. Wir geben Tipps für gelungene Radferien.

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Der Main-Radweg bei Schloss Mainberg.
Main-RadwegBild: picture-alliance/dpa

Es ist fünf Uhr nachmittags. Im Grohnder Fährhaus, einer beliebten Gaststätte am Weser-Radweg, machen viele Radler Pause. Heute empfiehlt der Chef Erdbeerkuchen mit Schlagsahne. Unter den Gästen werden Handy-Fotos herumgereicht: "Habt ihr schon das Schloss in Hehlen gesehen? Wunderschön", schwärmt eine rüstige Mittfünfzigerin. Auch das sportliche Paar am Nachbartisch ist begeistert vom Rad fahren inmitten der Flusslandschaft der Weser. Eifrig werden Tipps zu Sehenswürdigkeiten und Einkehrmöglichkeiten auf der Strecke ausgetauscht, wie dem schicken Café in Hehlen oder der besten Eisdiele in Hameln.

Urlaub mit dem Fahrrad macht Spaß, ist gesund und umweltverträglich. Wer will, kann Deutschland auf mehr als 76.000 Kilometern erradeln – so groß ist das touristische Radwegenetz laut einer Studie des europäischen Radfahrprojekts Eurovelo. Damit nimmt Deutschland im europäischen Vergleich eine Spitzenposition ein. Bettina Cibulski vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club ADFC meint, dass Radurlauber nicht nur wegen der vielen Radwege hierzulande gut aufgehoben sind: "In Deutschland ist es viel selbstverständlicher, eine Fahrradreise zu unternehmen als zum Beispiel in Italien oder Frankreich. Für Autofahrer sind Radtouristen normal und viele Gasthäuser haben sich auf Fahrradurlauber eingestellt." Das lockt auch ausländische Touristen wie Helen und Rupert Thorne aus Australien nach Deutschland. Die beiden sind vorletztes Frühjahr von Hamburg über Lübeck nach Schwerin geradelt. Ihr Fazit: "Ein wunderbares Abenteuer, schöne Landschaft, bezaubernde Dörfer, exzellente Unterkünfte."

Zwei Radfahrer fahren auf dem Elbe-Radweg bei Lenzen an der Elbe. Im Hintergrund sieht man einen ehemaligen DDR-Grenzwachturm, den man heute besichtigen kann.
Der Elbe-RadwegBild: Frederike Müller

Ausgezeichnete Routen

Der Anteil an ausländischen Fahrern liegt laut dem ADFC bei etwa 8 Prozent. Wie aber bereite ich vom Ausland aus einen Radurlaub in Deutschland am besten vor? Bei der Urlaubsplanung helfen folgende Überlegungen: Welche Region Deutschlands interessiert mich? Wie geübt bin ich als Radfahrer? Erste Schmökerhilfe: Der ADFC hat auf seiner Webseite 63 Routen unter dem Motto "Deutschland per Rad entdecken" zusammengestellt. Hier werden Flussradwanderwege, Rundkurse wie der Südschwarzwald-Radweg oder originelle Themenradwege, etwa die Deutsche Fußball Route im Ruhrgebiet, jeweils mit Höhenprofilen und Schwierigkeitsgrad vorgestellt.

Infografik: Die 10 beliebtesten Radfernwege

Wer komfortabel und sicher radeln will, kann sich an den 23 Radfernwegen orientieren, die als "Qualitätsradrouten" ausgezeichnet und mit Sternen prämiert sind. Sie alle wurden Kilometer für Kilometer durch ADFC-Scouts getestet. Eine von ihnen ist die grenzüberschreitende 3-Sterne-Route von Berlin nach Kopenhagen. "Sie verbindet zwei moderne, angesagte Hauptstädte auf einer Route, die durch eine schöne ruhige Landschaft führt", sagt Bettina Cibulski vom AFDC. "Als Besonderes bietet sie noch eine Überfahrt auf dem Meer." Die höchste Auszeichnung mit 5 Sternen erhielt der Main-Radweg. Er bietet entlang des Flussufers des Mains Weinbau, viel Fachwerkarchitektur, Schlösser und geschichtsträchtige Städte wie Würzburg mit UNESCO-Weltkulturerbe.

Ob allein oder in der Gruppe

Die prämierten Radwege sind überwiegend gut ausgebaut, autoverkehrsarm und erhielten Höchstnoten bezüglich Ausschilderung, Anbindung an Bus und Bahn und touristischer Infrastruktur. Dazu zählen auch die vielen Hotels und Pensionen, die man als fahrradfreundliche Betriebe an den Bett+Bike-Schildern erkennt. Hier gibt es Unterstellplätze für Fahrräder und oft auch Werkzeug für kleine Reparaturen. Einziger Nachteil: Die Routen sind längst keine Geheimtipps mehr. "Die Wege sind auch schon mal sehr voll, es sind einfach viele Radtouristen", berichtet Chloé Mispelon von der European Cyclists' Federation von ihrer Radtour an Main und Donau. "Es gibt viele ältere Menschen auf E-Bikes, aber auch junge Typen, die einen auf ihren schnellen Rädern überholen." Aber bei insgesamt 225 Radfernwegen in Deutschland lassen sich genügend finden, die zwar weniger gut ausgebaut sind, dafür aber auch viel weniger genutzt werden.

Bett + Bike Logo

Stellt sich noch die Frage, wen man mitnimmt. Reise ich allein, mit Freunden oder mit der Familie? Wer will, findet Mitfahrer auch im Internet bei verschiedenen Mitradelzentralen. Aber aufgepasst: Nicht nur das Reiseziel, auch die Fitness sollte übereinstimmen! Keine Hektik wollte Annette Croonen: Sie radelte eine Woche mit drei anderen Frauen auf dem Altmühltal-Radweg in Süddeutschland. "Ich fand es landschaftlich sehr schön. Wir radelten die meiste Zeit am Wasser und im Vorbeifahren konnten wir viele Kirchen und Schlösser sehen." Als Toureinstieg empfiehlt sie den Altmühlsee. Auch für Familien sei die Strecke gut geeignet. Egal wie man sich entscheidet, eines gilt auf einer Radreise durch Deutschland immer: Der Weg ist das eigentliche Ziel.

Altmühlsee mit Brücke mit Brückenturm und Burg Randeck
AltmühltalBild: picture alliance/Bildagentur Huber