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War es ein Terrorakt?

9. März 2007

Nach dem Mord an dem deutschen Entwicklungshelfer in Nordafghanistan hat die Polizei sechs Verdächtige festgenommen. Der Mitarbeiter der Welthungerhilfe (WHH) war gestern im Norden Afghanistans getötet worden.

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Die Welthungerhilfe baut Brunnen in Afghanistan
"Sie werden von der Polizei verhört"Bild: picture-alliance/dpa

"Sie werden jetzt von der Polizei verhört", sagte der Gouverneur der Provinz Sar-e-Pul, Sayed Mohammad Iqbal Munib, am Freitag der Nachrichtenagentur dpa. Die Männer würden verdächtigt, an dem Mord beteiligt gewesen zu sein. Mehr als 100 zusätzliche Polizisten seien zur Verstärkung in die Region geschickt worden, um die Mörder zu fassen. Gemeinsame Ermittlungen mit der NATO-geführten Internationalen Schutztruppe ISAF seien angelaufen.

Während der Gouverneur zunächst - wie auch das afghanischen
Innenministerium - "bewaffnete Diebe" verantwortlich gemacht hatte, sagte er am Freitag, es scheine sich doch um einen "Terrorakt" zu handeln. "Wenn sie sie nur hätten ausrauben wollen, warum hätten sie dann nur den Ausländer töten und dessen lokale Kollegen laufen lassen sollen?", sagte Munib. Die radikal-islamischen Taliban, die im Norden weit weniger aktiv sind als im Süden und Osten des Landes, hätten Verbündete in der Provinz.

Schwer verletzt am Boden

Der deutsche Helfer war am Donnerstag (8.3.07) im Norden Afghanistans überfallen und erschossen worden. Es ist der erste deutsche Mitarbeiter einer Hilfsorganisation, der seit dem Sturz der Taliban Ende 2001 in Afghanistan getötet wurde. Ihr Mitarbeiter sei gemeinsam mit lokalen Helfern in der Provinz Sar-e-Pul unterwegs gewesen, teilte die Welthungerhilfe weiter mit.

Die zwei Fahrzeuge seien um 12.30 Uhr deutscher Zeit von zwei bewaffneten Männern angehalten worden. Die Afghanen seien beschimpft worden, weil sie für ausländische Organisationen arbeiteten, wurden dann aber laut der WHH weggeschickt. Als die Mitarbeiter zurück zum Fahrzeug kamen, habe der deutsche Helfer schwer verletzt am Boden gelegen. Sowohl Ärzte der Bundeswehr als auch Sicherheitskräfte seien auf dem Weg, um die genauen Umstände festzustellen.

Außenminister Steinmeier verurteilt "hinterhältigen Mord"

Offizielle afghanische Stellen bestätigten den Bericht: Der Polizeichef der Provinz Sar-i-Pul, Abdul Chaled Samjam, sagte, der Deutsche sei mit drei afghanischen Kollegen in zwei Fahrzeugen im Bezirk Sajjad unterwegs gewesen. Dort seien sie gestoppt worden, ergänzte Vizeprovinzgouverneur Kamarudin Schikeb. "Sie zerrten sie aus den Autos, durchsuchten sie und raubten die Afghanen aus", sagte Schikeb. "Den Deutschen führten sie in einige Entfernung und töteten ihn mit zwei Kugeln." Die Polizei habe nach dem Überfall 50 Beamte in die Region entsandt, sagte Polizeichef Samjam.

Das Auswärtige Amt hat den Tod des deutschen Entwicklungshelfers in Afghanistan bestätigt. Der Mann sei von einem ISAF-Arzt identifiziert worden, sagte eine Sprecherin am Donnerstagabend in Berlin. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier verurteilte den "hinterhältigen Mord" und erklärte, die Bundesregierung werde alles daran setzen, "die Täter zur Rechenschaft zu ziehen". Steinmeier und Entwicklungshilfeministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul sprachen den Angehörigen des Toten ihr Mitgefühl aus.

Afghanisches Innenministerium verdächtigt Taliban

Die Bundeswehr schickte zur Aufklärung Soldaten vom Camp Masar-i-Scharif an den Tatort. Der Provinzgouverneur von Sar-i-Pul, Sajjed Mohammed Ikbal Munib, gab jedoch bereits bekannt, dass der Leichnam des Deutschen mit einem NATO-Hubschrauber nach Kabul überführt werde. Munib nannte den Überfall einen "terroristischen Akt". Das afghanische Innenministerium machte die Taliban für den Überfall verantwortlich.

Ein afghanischer Helfer vor dem Büro der Welthungerhilfe in Kabul, Quelle: AP
Die Welthungerhilfe baut BrunnenBild: picture-alliance/dpa

Der Helfer war für nur zwei Monate in der Provinz Sar-i-Pul in Nordafghanistan stationiert gewesen. Dort sollte er Brücken und Schulen beurteilen, an deren Instandsetzung die Hungerhilfe beteiligt ist. Ein Vertreter der WHH vor Ort, Ralph Dickenhof, sagte dem Sender n-tv, man sei "schwer geschockt". Der Hintergrund des schweren Zwischenfalls sei noch völlig unklar. Nach Angaben der WHH ist es das erste Mal überhaupt in der mehr als 40-jährigen Geschichte der Organisation, dass ein deutscher Mitarbeiter im Ausland getötet worden sei. (mb)