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Festnahmen in Brüssel nach Terror in Paris

14. November 2015

Europaweit suchen die Sicherheitsbehörden nach den Anschlägen von Paris nach Hintermännern, Helfern und möglichen weiteren Terroristen. Die belgische Polizei nimmt mehrere Menschen fest.

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Polizeirazzia in Brüssel (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa/O. Hoslet

Nach der Terrorserie von Paris hat die belgische Polizei eine Großrazzia gestartet und mehrere Verdächtige in Gewahrsam genommen. Das teilte ein Sprecher von Justizminister Koen Geens in Brüssel mit. In der französischen Hauptstadt sei nach den Anschlägen ein Mietwagen mit einer Verbindung in den Brüsseler Stadtteil Molenbeek entdeckt worden. Schwer bewaffnete Polizisten durchsuchten dort mehrere Wohnungen. Einer der Verdächtigen sei am Freitagabend in Paris gewesen, sagte der belgische Premierminister Charles Michel.

Festnahme in Gatwick

Die britische Polizei nahm derweil nach eigenen Angaben im Zusammenhang mit dem Fund einer möglichen Schusswaffe am Londoner Flughafen Gatwick einen Franzosen fest. Zuvor war ein Terminal des Flughafens zeitweise gesperrt worden. Näheres teilte Scotland Yard nicht mit.

DW-Infografik:Anshlagsorte in Paris

In einem offenkundig abgestimmten Vorgehen hatten mindestens sieben Männer in der Nacht zum Samstag nahezu gleichzeitig eine Konzerthalle, das Fußballstadion "Stade de France" und mehrere Restaurants sowie Bars in Paris angegriffen und willkürlich Gäste und Passanten getötet. Mindestens 129 Menschen wurden nach einer neuen Bilanz der Staatsanwaltschaft getötet.

Verletzte in Lebensgefahr

Diese Zahl sei angesichts der großen Zahl von Schwerverletzten allerdings vorläufig, sagte Staatsanwalt François Molins. Es gebe 352 Verletzte, 99 von ihnen schwebten in Lebensgefahr. Sieben Terroristen seien tot, so Molins weiter. Sie hätten Sturmgewehre des Typs Kalaschnikow benutzt. Außerdem hätten sie die absolut gleiche Art von Sprengstoffwesten getragen, sagte Molins.

In der Konzerthalle "Bataclan" hatten die Terroristen ein Massaker mit mindestens 80 Toten angerichtet. Einer der Angreifer auf das "Bataclan", in dem eine US-Rockband spielte, war französischer Staatsbürger. Er sei den Behörden für seine Beziehungen zu islamistischen Extremisten bekannt gewesen, heißt es in Ermittlerkreisen.

Offenbar Anschlag auf Länderspiel geplant

Vier Tote gab es in der Nähe des Stadions "Stade de France", wo gerade das Fußball-Länderspiel Deutschland gegen Frankreich stattfand. Nach einem Bericht der US-Zeitung "Wall Street Journal" wollten die Terroristen offenbar einen Anschlag direkt im Fußballstadion verüben. Mindestens ein Attentäter habe ein Ticket für das Länderspiel gehabt.

Er sei von einem Ordner beim Sicherheitscheck aufgehalten worden, heißt es in der Onlineausgabe der Zeitung. Bei dem Attentäter sei etwa eine Viertelstunde nach Spielbeginn am Stadioneingang eine Sprengstoff-Weste entdeckt worden. Beim Versuch zu entkommen, habe der Mann den Sprengstoff zur Explosion gebracht. Der Polizist vermutet laut "Wall Street Journal", dass der Angreifer den Sprengstoff im Stadion zünden wollte. Ziel sei vermutlich eine Massenpanik bei den Zuschauern gewesen, hieß es.

Hollande: Kriegsakt

Der französische Präsident François Hollande nannte die Anschlagsserie einen "Kriegsakt" der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS). Hollande, der sich noch in der Nacht an den verschiedenen Tatorten informiert hatte, sagte, die sechs Attentate seien jenseits der französischen Grenzen geplant und mit Helfern in Frankreich ausgeführt worden.

"Konfrontiert mit Krieg muss die Nation angemessene Maßnahmen ergreifen", betonte Hollande in einer Ansprache. Frankreich gehört zu den Gründungsmitgliedern der US-geführten Koalition gegen den IS und hat sich von Anfang an Luftangriffen gegen die radikalislamischen Milizen in Syrien beteiligt.

IS bekennt sich

Die Terrormiliz selbst bekannte sich zu den Angriffen. Die Anschläge seien eine Lektion für Frankreich und alle anderen Teilnehmer des "Kreuzzugs", teilte die Gruppe mit. In einem am Wochenende veröffentlichten Video drohte ein Kämpfer: "Solange ihr uns bombardiert, werdet ihr nicht in Frieden leben. Ihr werdet sogar Angst haben, auf den Markt zu gehen."

Höchste Sicherheitsstufe in Frankreich

Die französische Regierung hat nach den Anschlägen den Ausnahmezustand ausgerufen. "Alle Sicherheitskräfte seien mobilisiert", sagte Innenminister Bernard Cazeneuve. Insgesamt 3000 zusätzliche Soldaten sollen in den kommenden drei Tagen zum Einsatz kommen. Alle Bahnhöfe werden überwacht, ebenso die Häfen und wichtige Straßen wie etwa Autobahnen. Auch die Grenzkontrollen wurden verschärft. Frankreich hat die europäischen Partner gebeten, Zug- und Flugreisende auf dem Weg ins Land stärker zu kontrollieren.

Polizisten vor dem Eiffelturm in Paris (Foto: Reuters)
Polizisten vor dem Eiffelturm in ParisBild: Reuters/Y. Hermann

Die neuen Kräfte werden zusätzlich zu 30.000 Polizisten, Gendarmen und Soldaten abgestellt, die bereits seit Monaten zum Schutz sensibler Einrichtungen im Einsatz sind, wie Cazeneuve erklärte. Behörden können zudem Ausgangssperren verhängen und Versammlungsorte und Gaststätten vorübergehend schließen und Kundgebungen verbieten. Das öffentliche Leben in Paris kam wegen der scharfen Sicherheitsmaßnahmen nahezu zum Erliegen.

Attentäter als Flüchtling getarnt?

Nach Angaben aus Griechenland gehört der an einem der Anschlagsorte in Paris gefundene syrische Pass einem Flüchtling. Der Mann sei am 3. Oktober über die griechische Insel Leros in die EU gekommen und registriert worden, sagte der Minister für Zivilschutz, Nikos Toskas, in Athen. Das Ministerium wisse nicht, durch welche andere Länder der Inhaber des Passes weitergereist sei, hieß es.

wl/fab (dpa,afp, rtr)