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Filme aus dem Nahen Osten - in Deutschland

20. Juni 2011

"mec film" vertreibt Filme aus arabischen Ländern und Israel, die eine andere Sicht auf die Region zulassen. Gegründet wurde "mec film" von Irit Neidhardt, einer Deutschen mit hoher Affinität zum Nahen Osten.

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"Rana’s Wedding" von Hany Abu-Assad (Foto: mec film)
"Rana’s Wedding" von Hany Abu-AssadBild: mec film

Eine junge Frau rennt durch die Stadt auf der Suche nach ihrem Geliebten. Sie will ihn gegen den Willen des Vaters heiraten. Dass sich die Geschichte des Films "Rana’s Wedding" in den besetzten palästinensischen Gebieten abspielt, direkt am Checkpoint, spielt nur eine marginale Rolle. Dies ist auch der Anspruch, den "mec film" an seine Projekte hat. Der Verleih "mec film" vertreibt ausschließlich Arbeiten von Regisseuren aus dem Nahen Osten und steht für "middle eastern cinemas".

Alltagsgeschichten aus dem Nahen Osten

Die Filme beleuchten meist den Alltag und die Gefühle der Menschen vor Ort. Sie sollen das ganz normale Leben im Nahen Osten in die Kinos bringen - das ist das erklärte Ziel von Irit Neidhardt, Gründerin und Geschäftsführerin des Verleihs. Dass die Probleme in den Ländern des Nahen Ostens - Krieg, Selbstmordattentate, Frauenrechte - dabei nicht ganz ausgeblendet werden können, weiß Neidhardt auch: "Natürlich spielt in der arabischen Welt Krieg eine Rolle, wobei der Krieg seinen Platz in den Filmen nicht immer ganz offensichtlich und im Vordergrund einnimmt."

Irit Neidhardt (Foto: mec film)
Irit NeidhardtBild: mec film

Erfolgreich ist ein Film von "mec film" nicht nur dann, wenn er viel Geld einspielt. Wichtig ist es auch auf Festivals zu gelangen und so im Gespräch zu bleiben. Filme mit Nahost-Thematik aus der jüngeren Zeit wie die oscarnominierten "Waltz with Bashir" oder "Paradise Now" werden von einem breiteren Publikum zwar wahrgenommen. Im Gegensatz zu den Filmen, die "mec film" vertreibt, sind sie jedoch "sehr stark auf die Themen reduziert, die unseren Blick auf die Region bestätigen" - so Irit Neidhardt.

Gleichberechtigte Kinonationen

Ihr geht es darum, dass die Filme nicht in irgendwelche Sonderreihen auf Festivals oder Arthaus-Kinos abgedrängt werden. Sie sollen vielmehr eigenständige Filmnationen des Nahen Ostens bekanntmachen und etablieren und - im günstigsten Fall - gleichwertig neben dem europäischen oder US-amerikanischen Kino wahrgenommen werden. Finanziert wird "mec film" durch die Einnahmen des Verleihs sowie durch staatliche Filmförderungen. Reich wird man mit einem solchen Nischenprodukt natürlich nicht, betont Neidhardt, ihr gehe es vor allem um die Filmkunst.

Symbol von mec film (Foto: mec film)

"mec film" hat in den vergangenen Jahren schon einige international renommierte Werke herausgebracht. Filme wie "Rana´s Wedding" von Hany Abu-Assad ("Paradise Now") aus Palästina oder der israelisch-palästinensische Film "Atash" von Tawfik Abu Wael, Gewinner des internationalen Kritikerpreises 2004 in Cannes, wurden viel besprochen und diskutiert.

Rund 20 Filme umfasst der Katalog von "mec film", Spiel- Dokumentar- und Kurzfilme, unter anderem auch aus unbekannten Kinonationen wie Jordanien und Libanon. Vor allem interessiert sich Neidhardt aber für Filme aus Israel und Palästina, was auch daran liegen mag, dass sie als Kind eine Zeitlang in Israel gelebt hat. Ein bis zwei Filme jährlich bringt sie in die deutschen Programmkinos, andere Filme laufen noch auf Festivals.

Filmverleiherin per Zufall

Wie kam Iris Neidhardt auf die Idee einen Verleih für Werke aus dem Nahen Osten zu vertreiben? Der Zufall spielte dabei eine wichtige Rolle. Während ihrer Tätigkeit als Kuratorin für Werke aus dem Nahen Osten habe sie häufig Filme aus den besetzten palästinensischen Gebieten gezeigt: "Für Palästinenser ist es jedoch nicht möglich gewesen, auf palästinensischen Postämtern Sendungen von einem Gewicht von über 100 Gramm zu verschicken. Sie müssen dazu immer illegal über den Checkpoint, um das bei einer israelischen Post abzugeben." Deswegen wurde Neidhardt von den Regisseuren gebeten die Filme dauerhaft in Deutschland aufzubewahren. "Da hab ich mir gedacht, dass es ein internationales Interesse an den Filmen gibt. Dann hab ich das quasi auf professionelle Füße gestellt."

Filmszene aus dem Film The One Man Village (Foto: mec film)
"The One Man Village"Bild: mec film

Irit Neidhardt ist nicht nur Referentin, Autorin, Kuratorin und Geschäftsführerin im Bereich "Kino und Nahost", sondern seit einigen Jahren auch selbst an der Entstehung von Filmen beteiligt. Als Produzentin war sie für das erfolgreiche Projekt "The One Man Village" von Simon El-Habre aus dem Libanon mitverantwortlich. Der Film erzählt die Geschichte eines Mannes, der allein ein libanesisches Dorf bewohnt, das im Bürgerkrieg (1975-1999) zerstört wurde. Die ehemaligen Bewohner des Dorfes kehren nur noch zurück um ihre Ländereinen zu bewirtschaften. Vor Sonnenuntergang verlassen sie das Dorf wieder. Auch den neuen Film von Simon El-Habre wird Irit Neidhardt wieder mitproduzieren. So sieht sie ihre Zukunft auch künftig auf zwei Standbeinen: als Verleiherin und Produzentin.

Autorin: Julia Bayer

Redaktion: Jochen Kürten