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Film

Halbzeit bei den Filmfestspielen in Venedig

Scott Roxborough
7. September 2020

Bei den Filmfestspielen in Venedig waren Vanessa Kirby und Greta Thunberg die unangefochtenen Stars auf der Leinwand. Pedro Almodóvar machte der Branche Mut.

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Vanessa kirby in rotem Kleid
Vanessa Kirby überzeugte in dem Film "Pieces of a Woman", der in Venedig Premiere feierteBild: LaBiennale di Venezia/ASAC/Jacopo Salvi

Tja, es ist wirklich nicht sehr spaßig, Filme mit einem Mund-Nasen-Schutz anzugucken. Oder in einem Kinosaal zu sitzen, in dem es mehr nach Desinfektionsmittel als nach Popcorn riecht. Aber für hunderte Filmkritiker, Journalisten und sonstige Hauptberufler aus dem Filmgeschäft, die sich in diesem Jahr zu den Festspielen nach Venedig - das erste größere Festival seit dem Lockdown - aufgemacht haben, sind all diese Hygienemaßnahmen ein geringer Preis dafür, dass sie endlich wieder ins Kino gehen können.

In Venedig ist man ein großes Risiko eingegangen, die Filmfestspiele überhaupt stattfinden zu lassen. Andere große Filmfestivals, wie in Cannes oder Telluride, wurden abgesagt. Und das Toronto Filmfestival, das am 10. September startet, wird 2020 wohl eine sehr lokale Veranstaltung werden. Aufgrund der Reisebeschränkungen und der Quarantänebestimmungen vor Ort werden nur wenige Nicht-Kanadier erwartet. So bleibt es also an Venedig hängen, die Fahne der internationalen Filmindustrie hochzuhalten.

Alle Hoffnungen ruhen auf Venedig

"Venedig steht für alle. Venedig ist Karlovy Vary, ist Cannes, ist Berlin. Venedig ist im Moment alles", sagte der ungarische Regisseur Kornél Mundruczó, dessen englischsprachiger Debütfilm "Pieces of a Woman" mit Vanessa Kirby und Shia LaBeouf in den Hauptrollen am vergangenen Samstag (5.9.) in Venedig Premiere feierte. "Ich glaube, jeder empfindet das so wie ich. Ich spreche wohl im Namen aller Filmemacher. Wir hoffen alle, dass die Filmfestspiele in Venedig ein Zeichen dafür sind, dass wir wieder zurück in der Spur sind."

Überall auf der Welt werden Kinos, die monatelang wegen des Lockdowns geschlossen waren, nach und nach wieder geöffnet. Jeder, der in diesem Jahr nach Venedig gekommen ist, zählt darauf, dass das Festival die Leute elektrisiert und wieder in die Säle zurückbringt.

Vanessa Kirby und Regina King im Rampenlicht

Betrachtet man die Besucherzahlen zur Halbzeit des Festivals, kriegt Venedig das gut hin. Vanessa Kirby, bekannt durch ihre Rolle als Prinzessin Margaret in der Netflix-Serie "The Crown",  begeisterte das Publikum  in "Pieces of a Woman" durch ihre authentische Darstellung als trauernde Mutter, die mit dem Verlust ihres Kindes umzugehen lernt. Ebenso überzeugte sie in Mona Fastvolds "The World to Come" als charmante und verführerische Pionierin im Amerika des 19. Jahrhunderts, die eine leidenschaftliche Affäre mit ihrer Nachbarin (dargestellt von Katherine Waterston) hat.

Die US-amerikanische Schauspielerin Regina King, die für ihre Leistung in "If Beale Street Could Talk" bereits einen Oscar in der Kategorie "Beste Nebendarstellerin" im Regal stehen hat, könnte für ihr Debüt als Regisseurin des Dramas "One Night in Miami" durchaus noch ein paar weitere Preise einheimsen.

Die Geschichte eines realen Treffens zwischen Box-Legende Muhammad Ali, dem Bürgerrechtler Malcolm X, Soulsänger Sam Cooke und dem Football-Star Jim Brown wurde vom Publikum in Venedig begeistert aufgenommen und ist jetzt schon ein heißer Favorit für eine Trophäe bei der Oscarverleihung 2021.

Auch außerhalb des offiziellen Wettbewerbs gibt es einige filmische Highlights in Venedig. Darunter die unterhaltsame  schräge griechische Fabel "Apples" von Christos Nikou, in der eine Pandemie dazu führt, dass die Menschen ihr Gedächtnis verlieren. Oder "Mainstream" von Gia Coppola (der Nichte von Sofia und der Enkelin von Francis Coppola), eine spritzige Satire über eine Social- Media-Berühmtheit mit Andrew Garfield in der Hauptrolle.

Greta lobt "I am Greta"  

Neben Vanessa Kirby stand 2020 in Venedig noch eine weitere Person im Fokus: die Klimaaktivistin Greta Thunberg. Sie reiste zwar nicht persönlich an, schaltete sich aber per Video zu, um über den Dokumentarfilm zu sprechen, der ihr Leben beschreibt: "I Am Greta". Die Ikone der Fridays for Future-Generation sagte, der Film von Nathan Grossmann zeige die echte Greta: "Nicht die Person,  die von den Medien in eine Schublade gesteckt wurde, das ärgerliche, naive Kind, das bei der Generalversammlung der Vereinten Nationen die führenden Köpfe dieser Welt anbrüllt. Denn das bin ich nicht", betonte Greta."Er (Nathan Grossmann) hat mich definitiv als schüchterne und nerdige Persönlichkeit dargestellt - und genau so bin ich."

Pedro Almodóvar hat eine Botschaft

Aber die eigentliche Botschaft der diesjährigen Filmfestspiele in Venedig brachte der spanische Regisseur Pedro Almodóvar, der mit seinem Kurzfilm "The Human Voice" (in der Hauptrolle: Tilda Swinton) vertreten war, auf den Punkt: "Das Kino durchlebt im Moment nicht gerade seine beste Zeit - und genau deswegen müssen wir die Menschen jetzt einladen, ins Kino zu gehen", sagte er. "Das Kino ist das wahre Gegenmittel gegen die Pandemie." Und weiter: "Die Menschen sollten nicht in ihrem Zuhause sitzen müssen als wäre es ein Gefängnis. Ins Kino zu gehen bedeutet, Abenteuer zu erleben." Adaption: Suzanne Cords