1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Insolvenzen

7. Februar 2012

Die prekäre Lage in Südeuropa spiegelt sich auch in der Zahl der Firmenpleiten wider. Länder wie Griechenland und Spanien verzeichnen 2011 die höchsten Zuwächse. In Deutschland hingegen sank die Zahl der Pleiten.

https://p.dw.com/p/13yWj
Ein Mann kehrt seine leeren Hosentaschen nach außen (Foto: Fotolia)
Symbolbild Pleite SchuldenBild: Fotolia

Einmal im Jahr veröffentlichen die Wirtschaftsforscher der Unternehmensgruppe Creditreform in Neuss ihren Insolvenzreport, in dem 15 Länder der Europäischen Union sowie Norwegen und die Schweiz erfasst werden. "Im historischen Vergleich befindet sich die Zahl der Insolvenzfälle seit dem Beginn der Finanzkrise auf einem hohen Niveau", schreiben die Wirtschaftsforscher in ihrem neuesten Report. Genau 174 917 Firmenpleiten registrierten die Wirtschaftsforscher im vergangenen Jahr - das sind fast 500 Pleiten mehr als ein Jahr zuvor.

Mit einer Zunahme von 27 Prozent auf 452 Fälle bildet Griechenland den traurigen Spitzenreiter, in Spanien nahm die Zahl der insolventen Firmen um 19 Prozent auf 5 752 zu. Auch Italien und Portugal mussten zweistellige Steigerungsraten verzeichnen. Nur der vergleichsweise guten Entwicklung in den zentraleuropäischen Ländern wie Deutschland (minus 5,8 Prozent auf 30.200 Fälle), Frankreich (minus 3,0 Prozent auf 49.506 Fälle), Österreich (minus 7,0 Prozent auf 6.194 Fälle) und den Niederlanden (minus 2,9 Prozent auf 7.000 Fälle) sei es zu verdanken, "dass die Insolvenzsituation in diesem Jahr kein dramatischeres Ausmaß angenommen hat", heißt es in der Studie.

Aktionäre des solarthermischen Kraftwerkbauers Solar Millennium AG nehmen am 18.05.2011 in Erlangen (Mittelfranken) an der Hauptversammlung des Unternehmens teil. Der wirtschaftlich angeschlagene Solarkraftwerk-Hersteller Solar Millennium hat Insolvenz beantragt. (Foto: dpa)
Eine von vielen Insolvenzen: Solar MillenniumBild: picture alliance / dpa

Mit der steigenden Zahl der Firmenpleiten registrieren die Wirtschaftsforscher aus Neuss auch eine Zunahme der insolvenzbedingten Arbeitslosigkeit: So ist die Zahl der Arbeitsplatzverluste im Jahr 2011 um 7,1 Prozent auf 1,5 Millionen gestiegen. Mit knapp 37 Prozent führt nach wie vor die Dienstleistungsbranche die Insolvenzstatistik in Westeuropa an - gefolgt vom Handel und Gastgewerbe mit 31 und dem Baugewerbe mit rund 21 Prozent.

Weniger Privatinsolvenzen

Touristen am Poseidon-Tempel (Foto: dapd)
Griechenland verzeichnet die höchsten PleitenzuwächseBild: dapd

Entspannt hat sich dagegen die Situation bei den Privatinsolvenzen. 2011 wurden in Westeuropa insgesamt 373.284 zahlungsunfähige Personen erfasst. Damit wurden rund 5.800 Personen weniger gezählt als im Vorjahr - ein Rückgang um 1,5 Prozent. Vor allem in Deutschland (minus 5,8 Prozent) und in Großbritannien (minus 8,8 Prozent) ging die Zahl der Privatinsolvenzen deutlich zurück. Einen deutlichen Zuwachs an Privatinsolvenzen verzeichneten dagegen Frankreich mit 26,4 Prozent, die Niederlande mit 26 und Finnland mit knapp 20 Prozent.

"Das wirtschaftliche Umfeld in den osteuropäischen Staaten wurde zu einem großen Teil durch die Schuldenkrise und den daraus entstehenden Konsequenzen in den Ländern Westeuropas bestimmt", schreiben die Neusser Wirtschaftsforscher. Insgesamt bezeichnet die Unternehmensgruppe Creditreform die Situation angesichts der sich abzeichnenden schwierigen Kreditsituation für Unternehmen als "angespannt". So hat die die Zahl der Firmenzusammenbrüche in Osteuropa um 6,1 Prozent auf über 39 000 Insolvenzfälle zugenommen. Die größten Zuwächse sind in Bulgarien mit 114 Prozent und Slowenien mit 32 Prozent zu verzeichnen.

Schlechte Zahlungsmoral

Wie schwierig es um die Liquidität der südeuropäischen Unternehmen bestellt ist, zeigen die schlechten Zahlungserfahrungen exportorientierter deutscher Unternehmen. So musste jedes vierte deutsche Unternehmen einen Zahlungsverzug von über einen Monat hinnehmen, wenn es Waren nach Italien ausführte. Ebenso schlechte Schuldner waren spanische und portugiesische Unternehmen. 23,4 Prozent der deutschen Exportunternehmen klagten über Kunden aus Spanien und Portugal, die das vereinbarte Zahlungsziel über 30 Tage verstreichen ließen. Geschäftliche Beziehungen nach Osteuropa waren mit ähnlichen Problemen behaftet. Nur jeder zehnte deutsche Exporteur hatte keinen Zahlungsverzug zu beanstanden, wenn er Waren in Länder wie Rumänien, Kroatien, Tschechien oder Ungarn ausführte.

Autor: Rolf Wenkel
Redaktion: Henrik Böhme