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Flüchtlingsnotstand auf Lesbos

Nick Barnets (kk)12. Juli 2015

Auf der Insel Lesbos kommen täglich rund 1000 neue Flüchtlinge an. Der in eine tiefe Rezession gerutschte griechische Staat vermag ihnen nicht zu helfen. So sind die Neuankömmlinge auf private Unterstützung angewiesen.

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Reste eines Migranten-Schlauchbootes auf Lesbos (Foto: DW/N. Barnets)
Bild: DW/N. Barnets

Zu Tausenden strömen Flüchtlinge dieser Tage auf die Inseln der östlichen Ägäis. Die meisten von ihnen stammen aus dem bürgerkriegsgeplagten Syrien. Allein auf der Insel Lesbos kamen in der vergangenen Woche 9000 Migranten an.

Der Großteil von ihnen erreicht die Insel über die nördliche Küste. Dort ist die Meerenge zur Türkei mit nicht einmal zehn Kilometern am schmalsten. Täglich kommen dort Flüchtlinge an, in der Regel kurz vor Tagesanbruch. Ihre Schlauchboote, mit bis zu 30 Personen besetzt, lassen sich meist schon auf hoher See ausmachen.

Einige Boote sind nur bedingt seetüchtig und schaffen es nicht bis ans rettende Ufer. Manche werden von der Küstenwache aufgegriffen. Sie hat erhebliche Probleme, mit der immer größeren Flüchtlingszahl zurechtzukommen. Die meisten Insassen der Schlauchboote schaffen es aber bis an den Strand und machen sich auf den Weg nach Molyvos, einem Ort von gerade einmal 2000 Einwohnern, der als touristische Hauptstadt von Lesbos gilt.

Afghanische Flüchtlinge auf Lesbos (Foto: AFP / Getty Images)
Flüchtlinge auf LesbosBild: Getty Images/AFP/L. Gouliamaki

Private Unterstützergruppen

Melinda McRostie ist Eigentümerin des Restaurants "The Captain´s Table" im Hafen von Molyvos. Sie engagiert sich in der lokalen Flüchtlingshilfe. Zusammen mit anderen lässt sie den Ankömmlingen Nahrung, Kleidung und andere Bedarfsgegenstände zukommen - darunter so einfache Dinge wie Kopfbedeckungen, die vor der stechenden Sonne schützen.

Auch mehr und mehr Touristen wollen den Flüchtlingen helfen. "Tag für Tag kommen mehr hilfsbedürftige Menschen", sagt McRostie. "Zum Glück werden wir von den Touristen unterstützt." Über die #link:https://www.facebook.com/HelpForRefugeesInMolyvos:Facebook-Seite "Help For Refugees"# informieren McRostie und ihre Mit-Helfer über Möglichkeiten, die Initiative zu unterstützen. Die Liste erwünschter Sachspenden reicht von Schuhen, Windeln, Babypuder über Kleider und Milch bis hin zu anderen nicht-verderblichen Lebensmitteln.

Karte: Flüchtlinge auf griechischen Inseln (Grafik: DW)
Die griechischen Inseln nahe der türkischen Küste sind Ziel vieler Migranten

Eric Kempson, ein britischer Auswanderer, der mit Frau und Tochter seit 15 Jahren in Molyvos lebt, betreibt seit einigen Monaten einen #link:https://www.youtube.com/channel/UCnPYqWbPl4OOCa7RHfSjhxw/videos:YouTube-Kanal#, der regelmäßig über das aktuelle Geschehen informiert. Dort berichtete er über die Arbeit der Unterstützergruppe, aber auch über Einschüchterungsversuche von Gegnern der Flüchtlingshilfe.

Nächtliche Wanderungen

"Wir hören immer wieder, es würde sich etwas ändern", sagt Kempson. "Tatsächlich passiert aber nichts." Weder die Regierung noch die Flüchtlingsagentur der Vereinten Nationen schritten in irgendeiner Weise ein.

Inzwischen kommen in Griechenland mehr Flüchtlinge als in Italien an. Innerhalb eines Jahres hat die Zahl der Migranten um mehr als die Hälfte zugenommen. Kempson schickt McRostie jeden Tag Informationen darüber, wie viele Flüchtlinge eintreffen. Sie kann dann die entsprechende Hilfe einleiten.

Das kleine Molyvos verfügt längst nicht über ausreichende Mittel, die Flüchtlinge unterzubringen. Viele der Ankömmlinge reisen darum weiter nach Mytilene, die Hauptstadt der Insel. Oft tun sie das in nächtlichen Wanderungen, da es tagsüber bei Temperaturen von bis zu 35 Grad einfach zu heiß ist. Busse und Taxis dürfen die Flüchtlinge nicht aufnehmen. Das ist auch Fahrern privater PKW verboten. Denn das griechische Gesetz wertet die Mitnahme von illegalen Einwanderern als Unterstützung von Menschenschmuggel.

Überwiegend syrische Kriegsflüchtlinge

Die Vereinten Nationen riefen die europäischen Staaten dazu auf, weitere Hilfsmaßnahmen einzuleiten, um eine humanitäre Katastrophe zu verhindern. Seit Beginn dieses Jahres sind mehr 77. 000 Menschen über den Seeweg nach Griechenland gekommen. Rund 60 Prozent sind syrische Kriegsflüchtlinge.

Reste eines Migranten-Schlauchbootes auf Lesbos (Foto: DW/N. Barnets)
Reste eines Migranten-Schlauchbootes auf LesbosBild: DW/N. Barnets

"Ein solcher Flüchtlingsandrang führt zu einem Notstand - und das in einer Zeit, da Griechenland finanziell dazu nicht in der Lage ist", sagt William Spindler, Sprecher des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR). Die griechische Wirtschaftskrise wie auch das Fehlen internationaler Hilfen haben dazu geführt, dass die Flüchtlinge überwiegend auf sich alleingestellt sind. Im Moment verlassen sie sich auf die Großzügigkeit der Bewohner und der Touristen. Das sind die einzigen, von denen Flüchtlinge derzeit Unterstützung erhalten.