Fleisch bedeutet mehr als Essen - Berliner Ausstellung zeigt eine Kulturgeschichte des Fleisches
Wie kann man Fleisch außerhalb einer Metzgerei präsentieren? Die Antwort gibt es im Alten Museum Berlin. Die Ausstellung "Fleisch" zeigt das Verhältnis des Menschen zum Fleisch mit ungewöhnlichen Exponaten.
Die Fleischlieferanten
Das Verhältnis der Menschen zum Fleisch ist ambivalent. Der eine denkt an saftige Schweinesteaks, der andere an blutige Schlachthöfe und Massentierhaltung. Fleisch als Opfergabe, Fleisch als Symbol für Leben und Tod, aber auch das Fleisch des eigenen Körpers: In der Ausstellung "Fleisch" der staatlichen Museen zu Berlin geht es um mehr als nur ums Essen. Zu sehen bis zum 31. August 2018.
Tödliches Begehren: Der Tod und das Mädchen (um 1520)
Der Tod macht weder vor der Schönheit, noch vor der Jugend halt, wie diese Holzschnitzerei von Hans Schwarz zeigt. Begehrlich ergreift der Tod den Arm der nackten Schönheit und hält sie umschlungen. Ihr abgewandter Blick und ihre zum Gebet verschränkten Hände stehen für die Abscheu gegenüber der eigenen Vergänglichkeit.
Muskelfleisch: Muskelmann von Jean-Antoine Houdon (Ende 18. Jahrhundert)
Den idealen Körper, gesund und muskulös, wie ihn schon die alten Griechen propagierten, hat Jean-Antoine Houdon in dieser vergoldeten Bronzestatue versinnbildlicht. Der Mensch und die Betrachtung des eigenes Fleisches: Die Ausstellung thematisiert auch die Verbindung zwischen wissenschaftlichem Erkenntnisdrang und ästhetischer Ausdruckskraft.
Fleischeslust: Performance in der Neuen Nationalgalerie
100 Frauen hatte die Künstlerin Vanessa Beecroft im April 2005 für ihre Performance in die Nationalgalerie geholt. Drei Stunden lang waren sie nur mit Feinstrumpfhosen bekleidet und gaben sich den Blicken des Publikums hin. Sie wurden wie Material behandelt, durften nicht lächeln oder mit jemandem Kontakt aufnehmen. Sie stellten bloß ihre Körper, ihr Fleisch zur Schau.
Reichsfleischkarte des deutschen Königreichs, 1915
Im Zuge der Lebensmittelblockade im Deutschen Reich wurde Fleisch ab 1915 nur noch mit Reichsfleischkarten ausgegeben. Die Karte soll in der Ausstellung daran erinnern, dass Fleisch besonders zu Kriegszeiten in Deutschland als Nahrungsmittel eine Kostbarkeit und ein Luxusgut war. Es wurde streng rationalisiert, um so den Mangel an Konsumgütern besser verwalten zu können.
Hundefleisch-Delikatesse aus Michoacán (Mexiko)
Diese im vorspanischen Mesoamerika heimischen Hunde der Rasse "Xoloitzcuintle" wurden als Fleischlieferanten gemästet, denn ihr Fleisch galt als besonders schmackhaft. Die Repräsentation dickbäuchiger Hunde gehört zu den häufigsten Darstellungen in der westmexikanischen Keramikkunst und sie erinnert daran, dass die Abgrenzung zwischen Nahrung und Weggefährte vom Menschen gemacht ist.
Christlicher Kannibalismus: Das Abendmahl von Adam Zegadlo
Jesus brachte das letzte notwendige Opfer: Durch seinen Tod konnten alle Sünden der Menschheit überwunden werden. Ein symbolischer Akt der Anthropophagie, eine Art Einverleibung durch Verzehr, lässt alle gläubigen Christen teilhaben: "Das ist mein Blut", "das ist mein Leib" - mit diesen Worten kommt dem Fleisch in der christlichen Kirche eine herausragende Bedeutung zu.
Schwein gehabt!
In Deutschland liegt der Pro-Kopf-Verbrauch von Schweinefleisch bei rund 50 Kilo und ist damit die meistverzehrte Fleischart. Schweine gelten in vielen Ländern als Zeichen der Fruchtbarkeit. Je nach Kultur haben Schweine auch eine symbolische Bedeutung. In Europa kann es ein Glücksschwein sein, ein Sparschwein (hier von Hedwig Bollhagen, 1996), aber auch ein Symbol für Sünder und Verfressene.