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Öffentlicher Dienst

3. Februar 2010

Verhandlungen, Warnsteiks, Schlichtung, Ergebnis: Die Tarifverhandlungen im Öffentlichen Dienst laufen nach altbekanntem Muster ab. Für Karl Zawadzky ist das eine Flucht aus der Verantwortung:

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Karl Zawadzky, Leiter DW-Wirtschaftsredaktion
Karl Zawadzky, Leiter DW-WirtschaftsredaktionBild: DW

Noch ist die Schnee- und Eisplage nicht vorbei, da kommt als nächstes Ungemach ein Arbeitskampf im öffentlichen Dienst dazu. Recht hat Bundesinnenminister Thomas de Maiziere: "Fünf Prozent Rezession und fünf Prozent mehr für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst, das passt nicht zusammen." Die Kassen sind leer, die Steuereinnahmen sind rückläufig, der Schuldenberg drückt auf die öffentlichen Haushalte. Doch auch dem Verhandlungsführer auf der Arbeitgeberseite dürfte klar sein, dass die diesjährige Tarifrunde für die 1,2 Millionen Arbeiter und Angestellten des Bundes sowie der Städte und Gemeinden nicht mit einer Null enden wird. Aus Angst vor der Verantwortung wollen sich Arbeitgeber und Gewerkschaften in die Schlichtung retten.

Leidtragende sind die Bürger

In den bisher zwei Verhandlungsrunden hat sich nicht viel getan. Die Vertreter der Gewerkschaft Verdi und des Beamtenbundes haben ihre Forderung von fünf Prozent nicht aufgeschlüsselt, die Vertreter der Arbeitgeber haben nichts angeboten. In den Tagen bis zur dritten Verhandlungsrunde am Mittwoch kommender Woche wollen die Gewerkschaften einen Gang zulegen und quer durchs Land Warnstreiks abhalten.

Leidtragende der Streiks sind vor allem Bürger, die von den Tarifverhandlungen direkt nicht betroffen sind. Kindergärten bleiben geschlossen, Busse und Bahnen bleiben in den Depots, in kommunalen Krankenhäusern wird Dienst nach Vorschrift gemacht, der Müll bleibt liegen. Immerhin sollen die Streudienste noch ausrücken, falls noch genügend Streusalz vorhanden ist; in einer Reihe von Kommunen ist das nicht mehr der Fall.

Gewohnte Rituale

Ein Streik nervt, zumal in diesen Tagen ein schlichtes Ritual abläuft. Die Kampfmaßnahmen werden noch an Heftigkeit zunehmen, bevor beide Seiten in der dritten Verhandlungsrunde das Scheitern der Verhandlungen feststellen und die Schlichtung anrufen werden. Die beiden Schlichter sind schon benannt: der frühere sächsische Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) und Herbert Schmalstieg (SPD), der frühere Oberbürgermeister von Hannover. Sie sollen ein Paket schnüren, das aus einer Einkommenssteigerung knapp oberhalb der Preissteigerungsrate sowie aus Verbesserungen der Altersteilzeit, beschäftigungssichernden Maßnahmen und einer Einstellungsgarantie für Auszubildende besteht.

Schlichter sollen es richten

Erkennbar geht es beiden Seiten um Gesichtswahrung. Die Gewerkschaften wissen, dass angesichts der schwierigen Haushaltslage an Einkommensverbesserung nicht viel möglich ist und streben Zusagen bei den Nebenthemen an, während die Arbeitgeber sich bei dieser Gelegenheit bei den Steuerzahlern als Sparkommissare empfehlen wollen. Die Schlichter sollen es beiden Tarifparteien ermöglichen, unter großem Gestöhne einem Kompromiss zuzustimmen, der viele Wünsche offen lassen wird. So ist die Flucht in die Schlichtung nichts anderes als eine Flucht aus der Verantwortung. Aber immerhin wissen beide Seiten, dass ein richtiger Streik zur gegenwärtigen Wirtschaftslage passen würde wie die Faust aufs Auge.

Autor: Karl Zawadzky

Redaktion: Henrik Böhme