1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Flut von Anträgen auf Strom-Rabatte

12. Juli 2013

Immer mehr Betriebe streben Nachlässe bei der Ökostrom-Umlage an. Je mehr Firmen jedoch von der Ökostrom-Förderung befreit werden, umso mehr werden im Gegenzug Privathaushalte belastet.

https://p.dw.com/p/196kK
[35673124] Sonnenuntergang im Ruhrgebiet Die Sonne geht am 08.12.2012 in Herne (Nordrhein-Westfalen) hinter Industrieschornsteinen unter. Foto: Caroline Seidel/dpa
Sonnenuntergang im RuhrgebietBild: picture-alliance/dpa

Knapp 2370 deutsche Unternehmen haben nach Informationen der Süddeutschen Zeitung für das kommende Jahr Strompreis-Rabatte beim zuständigen Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) beantragt - so viele wie noch nie seit der Einführung der Umlage durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Dies geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Grünen hervor. Die meisten Anträge kommen laut Bafa-Daten von Unternehmen der Ernährungsbranche, der Kunststoff- und Chemieindustrie - vor allem aus Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Bayern.

Die Zahl der Antragssteller könnte sogar noch deutlich höher sein. Postalisch eingegangene Ausnahmeanträge zum Stichtag 1. Juli seien in der Statistik noch nicht erfasst, hieß es. Im vergangenen Jahr lag die Zahl der Anträge zum Stichtag bei rund 2050. Allerdings wurde jedes fünfte Gesuch als unbegründet abgelehnt. Dennoch hat sich die Zahl der Befreiungen von 2011 bis 2012 fast verdreifacht.

Das Bafa selbst droht in der Antragsflut unterzugehen. Wirtschaftsminister Philip Rösler (FDP) will daher 50 neue Stellen schaffen, um der Menge an Anträge auf Befreiung Herr werden zu können.

Ursprüngliches Ziel der Förderung

Mit der Ausnahmeregelung bei der Ökostrom-Umlage sollen die Unternehmen im internationalen Wettbewerb geschützt und ihre wachsenden Energiekosten reduziert werden. Die Vergünstigungen beträfen eine Menge von 199.300 Gigawattstunden und insgesamt fünf Milliarden Euro, die der Staat dann auf private Haushalte und Gewerbetreibende verteilen müsste.

Energie- und Klimaexperte vom Öko-Institut, Felix Matthes (Foto:Öko-Institut)
Felix Matthes ist Energie- und Klimaexperte am Öko-InstitutBild: Öko-Institut

Die Umlage des Erneuerbaren-Energie-Gesetzes, kurz EEG, ist ein zentrales Instrument zur Förderung des grünen Stroms in Deutschland. Danach sollen Betreibern von Wind- und Solaranlagen feste Abnahmepreise garantiert werden. Die Differenz zwischen Fest- und Marktpreis zahlen die Verbraucher per Umlage. Im nächsten Jahr müssten die Lasten dieser Umlage durch die fehlenden Beiträge der Unternehmen vor allem von den privaten Haushalten ausgeglichen werden. Deren Strompreis dürfte also deutlich ansteigen.

EEG-Gesetz in der Kritik

Nicht nur private Haushalte sind über diese Entwicklung verärgert. Felix Matthes, Experte für Energie und Klimaschutz beim Öko-Institut, findet deutliche Worte. "Diese Form der Privilegierung ist nicht vertretbar". Auch der energiepolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Hans-Josef Fell, kritisierte das Gesetz. Die Regierung habe bislang nichts dafür getan, die "ausufernden Privilegien für die Industrie" zurückzufahren. Sie weite sie sogar noch aus. Viele Unternehmen unterlägen nicht einmal der internationalen Konkurrenz, was einen Antrag auf Befreiung rechtfertigen würde. Von dieser Ökostromförderung würden auch Betriebe profitieren, die eben nicht dem internationalen Wettbewerb ausgesetzt seien. Schlachthöfe, Geflügelmaster und Straßenbahnbetriebe müssten aber aus dem Raster herausfallen.

Brüssel könnte das System allerdings bald kippen. Die Beihilfe für energieintensive Betriebe sei unzulässig, ließ die EU-Kommission vorab verlauten. Beschwerde über die Ausnahmeregelung für Unternehmen war bereits von Seiten der Konkurrenten und Nachbarstaaten bei der EU eingegangen. Im schlimmsten Fall könnte Brüssel eine Rückzahlung fordern oder die Rabatte ganz verbieten. Für die privaten Haushalte wäre das wohl die bessere Lösung.

da/sti (dpa, afp,rtr, Süddeutsche Zeitung)