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Flüchtlingsamt schleppt Altlasten mit in 2017

11. August 2016

Das BAMF hat die Latte gerissen: Die eigene Zielmarke war zu hoch. Behördenchef Frank-Jürgen Weise hat dafür eine einfache Erklärung - die aber neue Fragen aufwirft. Und er schwächt das nächste Versprechen ab.

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Flüchtlinge vor dem Landesamt für Gesundheit und Soziales (LaGeSo) in Berlin (Archivbild: dpa)
Lange Warteschlange: Flüchtlinge vor dem Landesamt für Gesundheit und Soziales in Berlin (Archivbild)Bild: picture-alliance/dpa/G. Fischer

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) wird sein selbst gestecktes Ziel verfehlen, noch in diesem Jahr alle offenen Asylfälle abzuarbeiten. Ursprünglich hatte Behördenchef Frank-Jürgen Weise angekündigt, bis zum Jahresende alle neuen sowie die noch nicht entschiedenen Verfahren abschließen zu können.

Nun geht er davon aus, dass etwa 200.000 Vorgänge erst 2015 vom Tisch kommen. Derzeit stapeln sich in Nürnberg rund eine halbe Million Anträge, über die noch nicht entschieden wurde. "Wenn wir weiterhin so gute Arbeit machen, müssen wir am Ende des Jahres 800.000 Entscheidungen getroffen haben, und darauf zielen wir", sagte Weise der Deutschen Presse-Agentur. "Dann wäre der größte Teil im Bestand abgearbeitet."

Weise: Altfälle zu komplex

Dass das frühere Versprechen nicht gehalten wird, liegt laut Weise daran, dass die Altfälle zu komplex seien: Pässe fehlten, Unterlagen müssten aus anderen Regionen angefordert werden oder vorgeschriebene Anhörungen seien noch nicht erfolgt. "Das haben wir so nicht erwartet", gab der BAMF-Chef zu.

Offen bleibt, warum dieser Aufwand nicht vorhersehbar war. Im Ergebnis ist die Zahl der unerledigten Anträge gestiegen, obwohl die Zahl der Flüchtlinge stark zurückging. Mit 526.276 Verfahren, die Ende Juli anhängig waren, hat sich deren Summe im Vergleich zur Jahresmitte 2015 verdoppelt. Zugleich hat das BAMF in den vergangenen Monaten deutlich mehr Personal bekommen, um den hohen Berg abzutragen.

Doppelt so viele Anträge

Eine Erklärung für den Stau ist, dass zwar deutlich weniger Flüchtlinge neu in Deutschland eintreffen, doch von denen, die bereits hier sind, mehr Anträge gestellt werden. Im ersten Halbjahr, so das Bundesamt, seien rund 400.000 Gesuche entgegengenommen worden - mehr als doppelt so viele wie im Vorjahreszeitraum.

BAMF-Chef Frank-Jürgen Weise (Archivbild: dpa)
"So nicht erwartet": BAMF-Chef Frank-Jürgen Weise (Archivbild)Bild: picture-alliance/dpa/B. von Jutrczenka

Erst im Herbst werden laut Weise alle Flüchtlinge registriert sein. "Bis Ende September werden wir allen geflüchteten Menschen die Möglichkeit gegeben haben, ihren Antrag zu stellen", sagte Weise der "Wirschaftswoche". "Dann wissen wir, wer im Land ist, und gleichzeitig auch, welchen Status er hat."

Zahl der Klagen schnellt in die Höhe

Derweil sind immer mehr Flüchtlinge mit der langsamen Bearbeitung ihrer Asylverfahren unzufrieden und ziehen deshalb vor Gericht. Ende Mai waren bundesweit rund 5800 sogenannte Untätigkeitsklagen gegen das BAMF anhängig - ihre Zahl hat sich innerhalb eines halben Jahres mehr als verdoppelt. Dabei werden überhaupt nur Klagen im laufenden Verfahren gezählt. Wer auf Aufnahme eines Verfahrens klagt, wird statistisch nicht erfasst - weil diese Menschen noch kein Aktenzeichen hätten, wie eine BAMF-Sprecherin sagte.

Ihr Chef relavierte auch schon das neue Versprechen, dass bis Mitte 2017 alle Altfälle abgeschlossen seien. Auch diese - bereits nach hinten geschobene - Ziellinie gelte nur, "wenn - ich betone: wenn die Zahl neuer Flüchtlinge auf dem aktuellen Niveau bleibt", so Weise.

jj/uh (dpa, afp, kna)