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EU-Beitrittsbonus für die Türkei?

17. Oktober 2015

Die Türkei hat sich in eine gute Verhandlungsposition gebracht, indem sie zwei Millionen Flüchtlinge aufgenommen hat. Im Gegenzug will die EU die Gespräche über einen Beitritt des Landes rasch fortführen.

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Türkischer Präsident Recep Tayyip Erdogan neben EU-Banner (Foto: Reuters/F. Lenoir)
Bild: Reuters/F. Lenoir

Spätestens bis Jahresende sollen die Gespräche wieder aufgenommen werden. Das berichtet die Zeitung "Die Welt" unter Berufung auf hohe Diplomatenkreise. Erstmals seit zwei Jahren soll nach Informationen der Zeitung ein neues Verhandlungskapitel eröffnet werden: "Im Kreis der EU-Staaten herrscht jetzt Einigkeit, dass man in den Beitrittsgesprächen mit der Türkei möglichst schnell über das Kapitel 17, also über Wirtschafts- und Währungspolitik, verhandeln will", berichteten Diplomaten der Europäischen Union der Zeitung.

Ankara verhandelt seit Oktober 2005 mit der EU über einen möglichen Beitritt. Seit 2013 stocken die Gespräche. Von insgesamt 35 Verhandlungskapiteln, die jeweils konkrete Beitrittsvoraussetzungen nennen, wurde bislang lediglich das Kapitel 25 zu Wissenschaft und Forschung geschlossen. Viele Bereiche sind wegen des Zypern-Konflikts und Widerstandes von EU-Ländern wie Frankreich blockiert.

Merkel reist nach Ankara

Seine Schlüsselrolle in der Flüchtlingskrise könnte Ankara zu einer besseren Verhandlungsposition verhelfen: Zwischen der EU-Außengrenze und Syrien gelegen, hat die Türkei rund zwei Millionen Flüchtlinge aus dem Bürgerkriegsland aufgenommen. Im Gegenzug für schärfere Grenzkontrollen stellte die EU der türkischen Regierung eine Wiederaufnahme der Beitrittsverhandlungen, Visa-Erleichterungen und milliardenschwere Unterstützung in Aussicht.

Dieser Deal wurde am Freitag als sogenannter "Aktionsplan" veröffentlicht. Ankara spricht noch von einem "Entwurf". Bundeskanzlerin Angela Merkel reist am Sonntag in die Türkei, um mit Präsident Recep Tayyip Erdogan und Ministerpräsident Ahmet Davutoglu über die Flüchtlingskrise zu sprechen.

"Kein Rabatt" für die Türkei

EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) warnte davor, der Türkei für die Kooperation in der Flüchtlingskrise zu große Zugeständnisse zu machen. "Es darf keinen Rabatt bei unseren Grundüberzeugungen geben", sagte er dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel".

Cem Özdemir (Grüne) kritisierte, dass Merkel ausgerechnet kurz vor den Parlamentswahlen am 1. November zu Erdogan reist. Auf einem Parteitag der bayerischen Grünen in Bad Windsheim sagte er: "Ich will keine deutsche Bundeskanzlerin, die Wahlkampf macht für einen autoritären Herrscher."

Die Bundeskanzlerin verteidigt ihre gelante Türkeireise. "Europa kann seine Außengrenze nicht allein schützen, wenn wir nicht auch ein Abkommen mit der Türkei schließen", sagte Merkel auf einem Kreisparteitag der CDU in ihrem Wahlkreis in Grimmen.

nem/sti (afp, rtr, Die Welt)