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Forderungen nach Wulffs Rücktritt werden lauter

Martin Muno17. Februar 2012

Kurz vor der geplanten Erklärung von Bundespräsident Wulff werden die Rücktrittsforderungen immer lauter. Nicht nur Politiker der Opposition fordert ihn auf, sein Amt zur Verfügung zu stehen.

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Bundespraesident Christian Wulff im Schloss Bellevue (Foto: dapd)
Wulff / Bundespräsident / Schloss BellevueBild: dapd

Während die SPD den Bundespräsidenten für nicht mehr tragbar hält, erwarten die Grünen, dass er sein Amt umgehend ruhen lässt. Unions-Fraktionsvize Michael Meister erwartet, dass der Bundestag die Immunität Wulffs aufheben wird. Wulff selbst und Bundeskanzlerin Merkel wollen am Morgen eine Erklärung abgeben.

SPD erwartet Rücktritt Wulffs

Die Sozialdemokraten pochen auf den Rücktritt des Bundespräsidenten und werben für einen überparteilichen Nachfolge-Kandidaten. "Das Amt - so beschädigt wie es jetzt ist - braucht so eine Geste", sagte SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles am Freitagmorgen in der ARD. "Das heißt aus meiner Sicht, dass Christian Wulff heute in der Pflicht ist, diesen Schritt zu gehen", sagte sie und betonte, es sei unbedingt erforderlich, einen Kandidaten zu finden, der die Unterstützung aller demokratischen Parteien habe.

Ähnlich äußerte sich der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Thomas Oppermann, im Deutschlandfunk. "Wulff hat sich inzwischen politisch völlig untragbar gemacht als Bundespräsident." An der Spitze des Staates müsse jemand stehen, der sich an Recht und Gesetz halte und so agiere, dass nicht ständig Zweifel auftreten, ob er die Grenzen überschritten hat.

Grüne: Wulff soll Amt ruhen lassen

Die Grünen-Parteichefs Claudia Roth und Cem Özdemir forderten Wulff auf, sein Amt umgehend ruhen zu lassen. "Es ist das Mindeste, dass Christian Wulff jetzt sein Amt ruhen lässt", sagte Özdemir der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Roth sprach sich im ARD-Morgenmagazin auch dafür aus, "dass der Immunitätsausschuss sehr schnell die Immunität von Christian Wulff aufhebt, damit die Staatsanwaltschaft das tun kann, was passieren muss: aufklären und ermitteln".

Wulff droht Verlust der Immunität

Linkenchefin Gesine Lötzsch warb auch für einen überparteilichen Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten. Es wäre eine gute Lösung, "wenn wir diesmal einen von allen oder den meisten Fraktionen getragenen Bundespräsidenten oder Bundespräsidentin finden würden". Bei der Wahl von Christian Wulff hatte die Linke noch eine eigene Kandidatin ins Rennen geschickt.

Gemischte Reaktionen in der Union

Zurückhaltend äußerte sich dagegen der Unionsfraktions-Vize Michael Meister im Deutschlandfunk. Nur Wulff selbst wisse, in wie weit der Verdacht der Staatsanwaltschaft Substanz habe. Zur Frage, ob er Wulff noch für handlungsfähig halte, sagte Meister: "Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ja." Er erwarte aber auch, dass der Bundestag die Immunität von Wulff aufheben wird. Immunität sei nicht dazu da, um Einzelpersonen vor Strafverfolgung zu bewahren, sondern die Funktionsfähigkeit der demokratischen Instanzen zu wahren, sagte der CDU-Politiker. Für Wulff gelte aber immer noch die Unschuldsvermutung.

Doch in Wullfs politischer Heimat, der CDU in Niedersachen, wird ein Rücktritt nicht mehr ausgeschlossen. Der Vorsitzende der CDU-Landesgruppe Niedersachsen im Bundestag, Michael Grosse-Brömer, sagte der "Mitteldeutschen Zeitung": "Der Bundespräsident muss jetzt seine Schlüsse ziehen" und fügte hinzu: "Kein anderer kann ihm diese Entscheidung abnehmen."

"Ich glaube das war's"

Nach Informationen der Zeitung "Die Welt" wird in der Führung der FDP mit einem baldigen Rücktritt Wulffs gerechnet. "Ich glaube, das war's", zitiert die Tageszeitung ein Mitglied der FDP-Führung. Die Liberalen setzen darauf, zusammen mit der CDU/CSU ein neues Staatsoberhaupt zu wählen. Die meisten Mitglieder der FDP könnten sich "ein monatelanges Ermittlungsverfahren gegen den Bundespräsidenten nicht vorstellen".

Die Staatsanwaltschaft Hannover hatte in einem beispiellosen Schritt beim Bundestagspräsidenten die Aufhebung von Wulffs Immunität beantragt, um Ermittlungen gegen ihn einleiten zu können. Gegen Wulff und den Filmunternehmer David Groenewold bestehe der Anfangsverdacht der Vorteilsannahme beziehungsweise Vorteilsgewährung, hatte die Staatsanwaltschaft am Donnerstagabend erklärt.

Seit mehr als zwei Monaten steht Wulff im Kreuzfeuer der Kritik. Praktisch jeden Tag kamen neue Einzelheiten an den Tag, angefangen von der Inanspruchnahme eines günstigen Privatkredits für sein Haus bis hin zu kostenlosen Urlauben bei Unternehmern, mit denen er auch geschäftlich in seiner Zeit als Ministerpräsident von Niedersachsen zu tun hatte.

Bei der Bundespräsidentenwahl 2010 hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) den damaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten Wulff als Kandidaten durchgesetzt. SPD und Grüne hatten dagegen damals für den früheren Chef der Stasi-Unterlagenbehörde, Joachim Gauck, als überparteilichen Kandidaten geworben.

GD/mm (afp, dpa, dapd, reuters)