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Politik

Forscher: Chloroquin wirkt nicht gegen COVID-19

22. Mai 2020

Das von den Präsidenten Trump und Bolsonaro als Wundermittel gegen Corona-Infektionen angepriesene Malariamittel taugt nicht zur Behandlung. Im Gegenteil: Forscher erwarten, dass Chloroquin das Sterberisiko sogar erhöht.

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Coronavirus im Elektronenmikroskop
Elektronenmikroskopische Aufnahme des Virus SARS-CoV-2Bild: picture-alliance/dpa/AP/NIAID-RML

Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel vom 22. Mai 2020 ist mittlerweile inhaltlich überholt. Mehr dazu hier: Verwirrende Debatte um Hydroxychloroquin

Eine umfassende Datenanalyse bestätigt laut einem Bericht im Wissenschaftsjournal "The Lancet" die Ergebnisse kleinerer Studien, nach denen sich die Malaria-Arzneien Chloroquin und Hydroxychloroquin wahrscheinlich nicht zur Behandlung von COVID-19 eignen. Im Gegenteil, die Wirkstoffe erhöhen womöglich die Todesrate und führen zu mehr Herzrhythmusstörungen, berichten Forscher aus den USA und der Schweiz im Journal "The Lancet". Sie werteten Daten von gut 96.000 Patienten aus, von denen fast 15.000 eines der Mittel allein oder in Kombination mit einem Antibiotikum bekommen hatten.

Kritische Wirkung vor allem in Kombination mit Antibiotika

Die Autoren sprechen sich dafür aus, die Mittel nur im Rahmen von klinischen Studien einzusetzen und den Nutzen sorgfältig zu prüfen. Derzeit laufen zahlreiche klinische Studien, in denen die Wirksamkeit genauer geprüft wird. Die Ergebnisse des Teams um Mandeep Mehra von der Harvard Medical School weisen nicht auf einen Nutzen der Mittel hin. Die Patientendaten der Studie stammten von 671 Krankenhäusern auf sechs Kontinenten. Alle vier Behandlungsarten - die beiden Mittel jeweils allein oder mit Antibiotikum - erhöhten das Sterberisiko im Krankenhaus. Vor allem Hydroxychloroquin zusammen mit einem Antibiotikum erwies sich als schlecht: Einer von vier der so behandelten Patienten starb, laut der Studie. In der Kontrollgruppe war es nur einer von elf Patienten. Auch bestimmte Herzrhythmusstörungen traten gehäuft auf: Bei 8 Prozent im Vergleich zu 0,3 Prozent der Kontrollgruppe.

Forscher halten weitere Studien für dringend geboten

Das Team hatte zahlreiche mögliche Einflussfaktoren berücksichtigt, wie das Alter der Patienten oder Vorerkrankungen wie Diabetes und Herzkrankheiten. Es kann dennoch nicht sicher ausschließen, dass es andere, nicht berücksichtigte Faktoren gibt, die die Unterschiede zwischen den Gruppen verursachen.

Eben aus diesem Grund seien kontrollierte klinische Studien zu den Mitteln dringend nötig, sagt Mitautor Frank Ruschitzka vom Universitätsspital Zürich. "Wir wissen von unserer Studie, dass die Chance, dass diese Mittel den Verlauf von COVID-19 verbessern, ziemlich gering ist." Zu ähnlichen Ergebnissen waren zuvor schon kleinere Studien gekommen.

Selbsternannte Experten auf dem Holzweg

US-Präsident Donald Trump hatte Hydroxychloroquin wiederholt als Wundermittel bezeichnet. Es pries das Medikament als "Geschenk Gottes". Er selbst habe es in den vergangenen zwei Wochen prophylaktisch eingenommen, um sich vor dem Coronavirus zu schützen.

In Brasilien wird es auf Geheiß von Präsident Jair Bolsonaro nun ganz offiziell zur Behandlung von COVID-19 empfohlen. Das Gesundheitsministerium teilte in einem aktualisierten Leitfaden für Mediziner mit, das Mittel könnte auch Menschen mit nur leichten Symptomen verabreicht werden. Patienten müssten aber eine Erklärung unterschreiben, dass sie über mögliche Nebenwirkungen informiert wurden.

Insbesondere Chloroquin hat zahlreiche Nebenwirkungen wie zum Beispiel Übelkeit, Erbrechen, Hautausschläge, aber auch neurologische, kardiologische und Sehstörungen. Das ähnliche Hydroxychloroquin ist besser verträglich und wird auch als Mittel gegen rheumatische Erkrankungen, Hauttuberkulose und die Autoimmunerkrankung Lupus eingesetzt.

qu/rb (dpa, afp)