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KZ-Wachmann stirbt vor Verhandlung

7. April 2016

Der Vorwurf lautet "Beihilfe zum Mord in mindestens 1075 Fällen", doch zu einem Urteilsspruch wird es nicht mehr kommen. Wenige Tage vor Beginn der Hauptverhandlung stirbt der 93-jährige Angeklagte.

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Ein Archivbild zeigt jüdische Familien bei ihrer Ankunft in Auschwitz-Birkenau im Mai 1944 (Foto: ap)
Jüdische Familien bei ihrer Ankunft in Auschwitz-Birkenau im Mai 1944Bild: Yad Vashem Photo Archives

Ernst Tremmel soll zwischen November 1942 und Juni 1943 als Mitglied des SS-Totenkopfsturmbanns in Auschwitz Wachdienst verrichtet haben. Gleichzeitig wurde ihm vorgeworfen, an der organisatorischen Abwicklung von drei Transporten mitgewirkt zu haben. Konkret geht es um Züge mit Menschen aus Berlin, Drancy in Frankreich und dem niederländischen Westerbork. Von ihnen sollen mindestens 1074 unmittelbar nach der Ankunft in Auschwitz in den Gaskammern getötet worden sein.

Am Mittwoch kommender Woche hätte am Landgericht Hanau die Hauptverhandlung gegen Tremmel beginnen sollen. Dazu wird es nun nicht mehr kommen. Der Angeklagt sei am Donnerstag in seiner Wohnung in Langenselbold (Main-Kinzig-Kreis) gefunden worden. Er habe leblos in einem Zimmer gelegen. Nach Polizeiangaben starb der 93-Jährige bereits vor etwa zwei Tagen eines natürlich Todes. Dennoch wurde eine Obduktion angeordnet.

Zwei weitere Auschwitz-Prozesse

Der von seiner SS-Vergangenheit eingeholte Angeklagte lebte nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa bereits seit vielen Jahren allein und in einfachen Verhältnissen. Öffentliche Angaben zu den gegen ihn erhobenen Vorwüfen hat er nie gemacht. Deutschlands oberster Nazi-Jäger Jens Rommel bedauerte das Platzen des Prozesses. Der Leitende Oberstaatsanwalt und Leiter der Zentralen Stelle zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen in Ludwigsburg sagte: "Es ist schade, dass es nicht mehr zu einer juristischen Klärung kommt - sehr misslich so kurz vor der Hauptverhandlung."

Zurzeit laufen in Deutschland noch zwei Prozesse gegen ehemalige Auschwitz-Mitarbeiter. Die Verfahren gegen den 96-jährigen Hubert Zafke und den 94-jährigen Reinhold Hanning finden an den Landgerichten Neubrandenburg und Detmold statt. Zafke, der als Sanitäter in Auschwitz arbeitete, soll im Sommer 1944 Beihilfe zum Mord an 3681 Menschen geleistet haben. Hanning wird Beihilfe zum Mord in 170.000 Fällen vorgeworfen. Er wurde in Auschwitz als Wachmann der SS eingesetzt.

djo/sc (dpa, epd, rtr, afp, APE)