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Handelsplatz Buchmesse

Silke Bartlick14. Oktober 2015

Das Verlagswesen ist eine ganz eigene Branche, sein Produkt ist geistiger Natur. Gleichzeitig aber ist jedes Buch eine Ware, die während der Frankfurter Buchmesse international gehandelt wird.

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Stände auf der Frankfurter Buchmesse
Bild: DW/S. Bartlick

Zhao Shuai hat während der letzten Frankfurter Buchmesse weltweit 73 Kooperationen ausgehandelt. Er hofft, dass es dieses Jahr noch mehr werden. Die Chancen stehen nicht schlecht, der Verlag "Beijing Culture and Language University Press", für den Zhao Shuai arbeitet, ist spezialisiert auf Lehrbücher für Menschen, die Chinesisch als Zweitsprache lernen. Und von denen gibt es weltweit immer mehr.
Südostasiatische Länder seien sehr interessiert, sagt der junge Mann. Gerade hat er die Lizenzen für 33 Lehrbücher an einen vietnamesischen Verleger verkauft. Aber auch Europa werde als Markt immer interessanter. Nicht nur für den Absatz eigener Lehrmittel - gedruckt oder digitalisiert -, sondern auch, um Lizenzen zu erwerben. Infolge der enger werdenden wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und China wollen immer mehr junge Chinesen Deutsch lernen, erzählt Zhao Shuai: "Die Nachfragen von Universitäten nach deutschen Lehrbüchern hätten deshalb deutlich zugenommen." Und für jene, die an Englisch interessiert sind, will er morgen über entsprechende Lizenzen mit einem britischen Verlag verhandeln.

Jeder handelt mit jedem

Rund 7.200 Verlage aus 104 Ländern präsentieren ihre Neuerscheinungen während dieser Frankfurter Buchmesse. Es wäre ein Irrtum anzunehmen, dass sie das vor allem für die Besucher der Messe tun. Vielmehr geht es bei diesem weltgrößten Branchentreff hauptsächlich ums Geschäft. Die Messe sei der wichtigste Umschlagplatz für den internationalen Rechtehandel, sagt Petra Hardt, Leiterin der Abteilung Rechte und Lizenzen beim schöngeistigen Suhrkamp Verlag. "Wir haben mittlerweile die Situation, dass jeder mit jedem handelt. Also der chinesische Verleger mit dem amerikanischen, der amerikanische mit dem norwegischen, der norwegische mit dem deutschen und so weiter. Man kann die Liste beliebig fortsetzen."

Gehandelt werden in aller Regel Übersetzungsrechte und zwar für alles: vom Sach- und Fachbuch über den Bildband bis hin zum literarischen Roman. Suhrkamp, der Verlag großer deutscher Autoren, hat weltweit mittlerweile über 100.000 Lizenzen laufen. Und kauft natürlich selbst ein, was ins Programm passt. Verhandelt wird, sobald neue Bücher erscheinen, die auch für andere Sprachräume interessant sein könnten.

Vorzugsweise passiert das in Frankfurt, auf der Messe, im Viertelstundentakt. Oder in den Tagen vor Messebeginn in großen Hotels der Stadt. Aber was ist für wen interessant? Das herauszufinden ist zumeist die Aufgabe von international agierenden Agenten und Scouts vor Ort.

Der thailändische Stand auf der Frankfurter Buchmesse
Die Nachfrage nach thailändischen Büchern hält sich (noch) in GrenzenBild: DW/S. Bartlick

"Der Rechtehandel floriert", sagt Petra Hardt, "weil alle ihre Programme mit umsatzstarken Autoren bestücken wollen." Alle: Das meint mittlerweile wirklich große Teile der Welt. "In jenen Ländern, in denen infolge der wirtschaftlichen Entwicklung ein Bildungsbürgertum entsteht, sagt die Expertin vom Suhrkamp Verlag, etabliert sich jetzt eine Lesetradition, die in Europa schon lange selbstverständlich ist." Bücher hätten dort bereits in den Schulen Aufklärungscharakter. Und man habe erkannt, wie wichtig das Lesen für den Aufbau demokratischer Staaten sei.

Dazu passt, dass das deutsche Kinder- und Jugendbuch das begehrteste Lizenzobjekt im fremdsprachigen Ausland ist. 2013 stellte es laut Börsenverein des Deutschen Buchhandels 36, 5 Prozent der Lizenzen. "Das Sams" von Paul Maar etwa oder das "Rennschwein Rudi Rüssel" von Uwe Timm sind also längst nicht mehr nur in deutschen Kinderzimmern zuhause, sondern begeistern kleine Leser rund um den Globus. Einer der größten Abnehmer für Kinderbücher ist übrigens China.

Es gibt noch viel zu tun

Prabda Yoon sitzt an einem schönen großen Gemeinschaftsstand thailändischer Verlage. Er ist Vizepräsident der Verleger- und Buchhändler-Vereinigung Thailands und selbst Verleger und Autor. "Wir kaufen hier vor allem ein", sagt er, "insbesondere Belletristik und Ratgeber." Aus Thailand in die Welt werden nicht so viele Lizenzen verkauft und wenn, dann vor allem Graphic Novels. Das habe mehrere Gründe, mutmaßt Prabda Yoon. Die Sprachbarriere könnte einer sein, ebenso fehlende Übersetzer. "Außerdem ist die zeitgenössische Literatur zu stark von der Weltliteratur beeinflusst und deshalb nicht interessant für andere Länder", so Yoon. Autoren müssten eine eigene Handschrift ausprägen, vielleicht wären sie dann auch für den europäischen Markt und für Deutschland interessant.