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EU-Beitrittsgespräche

Mareike Aden25. Juni 2007

Die Beitrittsgespräche mit der Türkei und Kroatien gehen in die nächste Runde. Anders als geplant, bleibt für die Türkei die Währungspolitik außen vor - auf Wunsch von Nicolas Sarkozy, der den Beitritt stoppen will.

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Nicolas Sarkozy Foto: dpa
Skeptisch: Nicolas SarkozyBild: picture alliance/dpa

Der mühsam herbei gestrittene Gipfel-Kompromiss zum neuen EU-Vertragswerk ist erst wenige Tage alt, schon stehen in Brüssel die nächsten zähen Verhandlungen an: In den Beitrittsgesprächen mit der Türkei und Kroatien, die am Dienstag (26.6) in die nächste Runde gehen, wollte Außenminister Frank-Walter Steinmeier als Vertreter der scheidenden deutschen EU-Ratspräsidentschaft, für die Türkei eigentlich drei der insgesamt 35 Kapitel eröffnen.

Doch nun werden lediglich die Bereiche Statistik und Finanzkontrolle diskutiert werden, die viel wichtigeren Fragen zur Wirtschafts- und Währungsunion bleiben außen vor. Dabei hatte der EU-Währungskommissar Joaquín Almunia noch Mitte Juni erklärt, er sehe keinen Grund, die Beitrittsverhandlungen in diesem Bereich auf Eis zu legen.

Das Kapitel Währung bleibt geschlossen

Doch genau dafür hat der neue französische Präsident Nicolas Sarkozy gesorgt. Diplomaten zufolge würden Verhandlungen über die Währungsunion aus französischer Sicht zu stark in Richtung einer vollwertigen türkischen EU-Mitgliedschaft weisen. Während Sarkozys Amtsvorgänger Jaques Chirac zunächst einer der konsequentesten Befürworter eines EU-Beitritts der Türkei war, sprach Sarkozy sich schon als Präsidentschaftskandidat immer wieder und mit scharfen Worten dagegen aus. Die Türkei sei zu muslimisch geprägt und habe "keinen Platz in Europa", sagte er zum Beispiel in einem Interview mit der Pariser Zeitung "Le Figaro". Er strebe eine so genannte strategische Partnerschaft an. Die Chance, sein lautes "Non" nach Wahlkampfende diplomatisch abzuschwächen, nahm Sarkozy nicht wahr.

Joao Cravinho, Frank-Walter Steinmeier, Abdullah Gul, Olli Rehn und Ali Babacan Foto: AP
Vertreter der EU und der Türkei bei früheren BeitrittsgesprächenBild: AP

"Sarkozy verhält sich strategisch falsch", sagt Cornelius Ochmann, Experte für EU-Erweiterungsfragen bei der Bertelsmann Stiftung. "Sarkozy würde die Verhandlungen am liebsten ganz abbrechen, doch das würde bedeuten, dass die EU keinen positiven Einfluss mehr auf die Türkei nehmen kann und sie isoliert werden würde." Die Gespräche müssten wie versprochen ergebnisoffen zuende geführt werden, so Ochmann. Derzeit sind die in 35 Kapitel gegliederten Beitrittsverhandlungen auf zehn bis 15 Jahre angelegt. Im Anschluss daran wird nicht nur geprüft, ob die Türkei alle Beitrittskriterien erfüllt hat, sondern auch, ob die EU die Aufnahme der Türkei wirtschaftlich und politisch verkraftet. "Die Hürden für den Beitritt der EU sind damit so hoch wie für keinen anderen Kandidaten", sagt Ochmann.

"Eine kleine Absage"

Die Tatsache, dass das fest eingeplante Währungskapitel zunächst geschlossen bleibt, wertet Ochmann als "ein negatives Signal, fast eine kleine Absage" an die Türkei. Zudem habe das Verhalten Polens auf dem Gipfel zukünftigen Erweiterungen geschadet. Ochmann ist sicher, dass sich einige Staatschefs hinter Sarkozys rigoroser Ablehnung verstecken, sie insgeheim aber teilen. "Sogar einstige Erweiterungs-Befürworter werden sich nun fragen: 'Wenn schon Polen sich so unreif verhält und der EU große Schwierigkeiten macht - wie soll das dann erst mit der Türkei klappen?'"

"Der EU-Gipfel war für die EU-Erweiterungskandidaten langfristig gesehen ein unglaublicher Schritt nach vorn", sagt dagegen Gerald Knaus, Mitbegründer des Forschungs- und Beratungsinstituts Europäische Stabilitätsinitiative (ESI) und Experte für Südosteuropa-Politik. Nun da geklärt sei, wie die EU ihre Institutionen reformieren werde, sei ein wesentliches Argument, mit dem potenziellen Beitragskandidaten stets vertröstet worden seien, vom Tisch. Zwar sei der Ton, mit dem Frankreich gegen den Türkei-Beitritt argumentiere, ungewohnt, aber "die Substanz ist lange bekannt, keiner gibt sich Illusionen hin, dass es leicht wird mit der EU und der Türkei".

Das kroatische Außenministeriums-Gebäude Foto: Andelko Subic
Das Außenministerium Kroatiens: Hoffen auf baldigen EU-BeitrittBild: DW / Subic

"Die Beitrittsmaschine läuft"

In der Tat hat die EU erst im Dezember 2006 nach einem sehr negativ ausgefallenen Fortschrittsbericht beschlossen, die Verhandlungen über acht Kapitel auszusetzen. "Die Zypern-Frage wird über dem ganzen Verhandlungsprozess wie ein Damokles-Schwert hängen", sagt Knaus in Bezug auf die Weigerung der Türkei, Zypern anzuerkennen. "Wenn die Beitrittverhandlungen scheitern, dann weil die Türkei die von der EU aufgestellten Kopenhagener Kriterien nicht erfüllen wird - zum Beispiel wegen eines innenpolitischen Stimmungswechsel", so Knaus. Die EU werde die Beitrittsverhandlungen nicht abbrechen. "Es gibt Vorbehalte, aber die EU-Maschine läuft - und über zwei Kapitel zu verhandeln ist besser, als über gar keines."

In jeder Hinsicht leichter als die Türkei wird es Kroatien bei den Beitrittsgesprächen haben - da sind sich die Experten einig. Kroatien will 2009 beitreten und es sieht gut aus, denn am Dienstag werden für Kroatien sechs weitere Kapitel geöffnet. Das Land verhandelt dann insgesamt bereits in elf Bereichen mit der EU. Von einer solchen Geschwindigkeit kann der türkische EU-Chefunterhändler Ali Babacan in naher und ferner Zukunft wohl nur träumen.