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Politik

Paris will Demonstrationsrecht verschärfen

6. Februar 2019

Seit November wird Frankreich an den Wochenenden von den Gelbwesten lahmgelegt. Dabei kommt es immer wieder zu Ausschreitungen. Die Regierung reagiert mit einem "Anti-Randalierer-Gesetz". Kritiker sind entsetzt.

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Frankreich Streik | Protest & Demonstration in Marseille
Bild: Getty Images/AFP/G. Julien

Die Pariser Nationalversammlung billigte das so genannte "Anti-Randalierer-Gesetz" in erster Lesung mit 387 gegen 92 Stimmen. Rund 50 Abgeordnete der Partei La République en Marche (Die Republik in Bewegung) von Präsident Emmanuel Macron enthielten sich. Sie sehen darin eine massive Einschränkung der Bürgerrechte.

Nach der Novelle können Präfekten ohne richterliche Grundlage erstmals Demonstrationsverbote gegen Menschen aussprechen, "die eine besonders schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung" darstellen. Bei Zuwiderhandlung drohen den Demonstranten sechs Monate Haft und eine Geldstrafe von 7500 Euro.

Das "Anti-Randalierer-Gesetz" sieht zudem ein Vermummungsverbot vor: Wer sein Gesicht teilweise oder ganz verhüllt, muss mit einem Jahr Haft und 15.000 Euro Geldstrafe rechnen.

Innerparteiliche Kritik

Der Entwurf stößt vor allem beim linken Flügel von Macrons Partei auf scharfe Kritik. Gegner warnen vor Demonstrationsverboten gegen Regierungskritiker und massivem Missbrauch, sollten eines Tages Rechtspopulisten an die Macht kommen. Auch Macron-nahe Rechtsexperten und eine Polizeigewerkschaft sind gegen die Pläne.

Der von Konservativen beherrschte Senat, von dem die Gesetzesverschärfung ursprünglich ausging, hatte bereits im Oktober in erster Lesung zugestimmt. Im März ist dort die zweite Lesung geplant.

Hintergrund sind die gewalttätigen Proteste, die seit Monaten die französische Innenpolitik beschäftigen. Regelmäßig kam es bei Gelbwesten-Kundgebungen zu massiven Ausschreitungen.

Derweil sind in Frankreich erneut zehntausende Menschen auf die Straße gegangen. Sie folgten einem Aufruf der Gewerkschaft CGT zu einem Aktionstag gegen "soziale Not". Die CGT sprach am Abend von 300.000 Teilnehmern an den landesweiten Protesten. Gesamtzahlen der Polizei liegen nicht vor.

Seltsame Kooperation

Den Protesten der Gewerkschafter mit ihren roten Westen und Flaggen schlossen sich in Paris und anderen Städten erstmals auch Vertreter der "Gelbwesten" an, die den Gewerkschaften bisher skeptisch gegenüberstanden. CGT-Chef Philippe Martinez sprach von einem Erfolg. "Hier sind viele 'Gelbwesten', und das ist gut so", betonte er. "Bis auf die Farbe der Westen sehe ich nicht viele Unterschiede."

Frankreich Streik | Protest & Demonstration in Paris | Philippe Martinez, Gewerkschafter CGT
Freut sich über die unerwartete Unterstützung durch die "Gelbwesten": CGT-Chef Philippe MartinezBild: Reuters/C. Platiau

Die Demonstranten forderten höhere Löhne und Gehälter und eine Wiedereinführung der Vermögensteuer, die unter Präsident Emmanuel Macron weitgehend abgeschafft worden war. Der Eiffelturm blieb für Touristen geschlossen, da sich Mitarbeiter an der Kundgebung beteiligten.

In Marseille im Süden des Landes zählte die Präfektur rund 5200 Demonstranten, in Lyon in Ostfrankreich beteiligten sich 4300 Menschen. Auch in Straßburg, Caen, Le Havre, Clermont-Ferrand, Tours und anderen Städten gab es größere Kundgebungen.

Rückendeckung aus Italien

Unterdessen wurde bekannt, dass sich Italiens Vize-Regierungschef Luigi Di Maio in Frankreich mit Vertretern der "Gelbwesten" getroffen hat. An dem Treffen sollen der Sprecher der französischen Protestbewegung, Christophe Chalençon, sowie mehrere Kandidaten der "Gelbwesten" für die Europawahl Ende Mai teilgenommen haben, erklärte das Büro des Politikers der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung (M5S). Mit den Kandidaten soll es in den "kommenden Wochen" ein weiteres Treffen in Rom geben.

Italien Abgeordnete billigen Haushaltsplan der Regierung | Luigi Di Maio
Trotz massiver Inlandsprobleme ist Italiens Vize-Regierungschef Luigi di Maio besonders im Ausland aktiv bei der Unterstützung von OppositionsgruppenBild: Getty Images/AFP/A. Pizzoli

Zwischen den "Gelbwesten" und der Fünf-Sterne-Bewegung bestünden viele "gemeinsame Punkte", erklärte Di Maios Büro. Dies betreffe etwa die Themen soziale Gerechtigkeit, direkte Demokratie und Umwelt. "Der Wind des Wandels hat die Alpen überquert", erklärte Di Maio nach dem Treffen im Kurzbotschaftendienst Twitter.

Macron im Visier

Die Regierung Italiens aus Fünf-Sterne-Bewegung und rechtsradikaler Lega-Partei hatte sich bereits im vergangenen Monat hinter die "Gelbwesten" gestellt. "Gelbwesten - bleibt standhaft!", erklärte Di Maio damals. Der italienische Vize-Regierungschef und Innenminister Matteo Salvini hatte erklärt, er unterstütze "ehrenhafte Bürger" in einem Protest gegen Präsident Emmanuel Macron, der "gegen sein Volk" regiere. Die italienische Regierung liegt bereits seit längerem mit Macron im Clinch - unter anderem wegen ihrer restriktiven Einwanderungspolitik.

cgn/rb (afp, dpa, rtr)