1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Französische Regierung greift durch

20. Oktober 2010

Nach den tagelangen Massenprotesten gegen die Rentenreform wird der Ton der Regierung schärfer. Präsident Sarkozy ordnete an, alle Blockaden vor Raffinerien und Benzindepots auflösen zu lassen.

https://p.dw.com/p/PicA
Öltanker verlässt unter Polizeischutz das Treibstoffdepot in Bassens bei Bordeaux (Foto: AP)
Die Polizei sichert jetzt die TreibstoffdepotsBild: AP

"Er habe der Polizei den Befehl gegeben, entsprechend zu handeln", sagte Nicolas Sarkozy vor dem Ministerrat in Paris. Im Land müssten so schnell wie möglich wieder normale Verhältnisse herrschen. Bereits in der Nacht zum Mittwoch (20.10.2010) ließen Sicherheitskräfte die Blockaden vor drei Benzindepots räumen. Demonstranten hatten die Zufahrtsstraßen aus Protest gegen die umstrittene Rentenreform der Regierung vor Tagen abgeriegelt. Es ging um die Treibstofflager von La Rochelle, Mans und Donges im Westen des Landes. Wenige Stunden später errichteten aufgebrachte Franzosen Straßensperren vor dem Depot von Port-de-Bouc im Süden des Landes.

Jede dritte Tankstelle ohne Sprit

Insgesamt haben nach Regierungsangaben etwa 4000 der 12.500 Tankstellen im Land keinen Treibstoff mehr. Besonders betroffen sind Paris und der Westen. Autofahrer im östlichen Grenzgebiet weichen zum Tanken auf das benachbarte Deutschland aus.

Frankreichs Innenminister Hortefeux, Archiv (Foto: AP)
Frankreichs Innenminister HortefeuxBild: AP

Innenminister Brice Hortefeux wandte sich mit scharfen Worten an die Öffentlichkeit: "Jeder muss wissen, wir werden eine Blockade des Landes nicht zulassen. Es ist Zeit, die Blockaden der Treibstoffdepots zu beenden." Zugleich drohte der Innenminister mit einem harten Vorgehen gegen "Randalierer". "Wir werden die Ganoven nicht ungestraft davonkommen lassen", sagte er. In den vergangenen Tagen wurden nach seinen Angaben am Rande der landesweiten Streiks und Proteste mehr als 1400 Menschen vorübergehend festgenommen.

Wieder Ausschreitungen

In Nanterre bei Paris randalierten Jugendliche am Mittwoch den dritten Tag in Folge. Vermummte warfen Schaufesterscheiben ein und schleuderten Steine auf Polizisten. Gestern waren dort mehrere Menschen bei gewaltsamen Zusammenstößen verletzt worden. Auch in anderen Städten lieferten sich jugendliche Randalierer Straßenschlachten mit der Polizei.

Sicherheitskräfte schleppen einen festgenommenen Jugendlichen von der Straße (Foto: AP)
Krawalle und Straßenschlachten gab es gestern auch in LyonBild: AP

Streiks gehen weiter

Die Gewerkschaften und die größten Studenten- und Schülervertretungen riefen zu "friedlichem Widerstand" auf und kündigten an, Streiks, Demonstrationen und Proteste gingen unvermindert weiter. Insbesondere beim Schienen- und Flugverkehr wird wieder mit zahlreichen Ausfällen und Verspätungen gerechnet. Am Dienstag hatten sich laut Gewerkschaften landesweit etwa 3,5 Millionen Menschen an Aktionen beteiligt. Das Innenministerium sprach von 1,1 Millionen Demonstranten.

Noch in dieser Woche soll der Senat endgültig die Reform billigen, die eine Anhebung des Renteneinstiegalters von 60 auf 62 Jahre vorsieht. Die volle Rente würden die Franzosen dann erst mit 67 Jahren statt wie bisher mit 65 beziehen.

Autorin: Susanne Eickenfonder (mit afp, dapd, dpa)
Redaktion: Marion Linnenbrink

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen

Mehr zum Thema

Weitere Beiträge anzeigen